Jahresgutachten 2000/01 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...
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Drucksache 14/4792 – 164 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode<br />
Im Jahre 20<strong>01</strong> wird die Ausrichtung der Finanzpolitik<br />
insgesamt leicht expansiv sein. Dies ist vor allem auf<br />
umfangreiche Steuersenkungen in einigen wichtigen<br />
Ländern der Europäischen Union <strong>zur</strong>ückzuführen.<br />
Ob und in welchem Ausmaß in den Vereinigten Staaten<br />
Steuern gesenkt oder auch Ausgaben erhöht werden,<br />
lässt sich erst entscheiden, wenn die neue Administration<br />
im Amt ist. Spürbare Auswirkungen auf den<br />
Konjunkturverlauf im Jahre 20<strong>01</strong> werden daher nicht<br />
erwartet. In Japan dürfte mit dem neuen Konjunkturprogramm<br />
verhindert werden, dass dämpfende Effekte<br />
vom Staatshaushalt ausgehen.<br />
285. In den Schwellenländern wird sich der Wachstumskurs<br />
fortsetzen. Dabei ist unterstellt, dass sie ihre<br />
Struktur- und Schuldenprobleme in den Griff bekommen.<br />
III. Das weltwirtschaftliche Umfeld<br />
286. Unter diesen Annahmen über Geldpolitik und<br />
Finanzpolitik sowie Ölpreis und Wechselkurse wird<br />
sich das Tempo der Ausweitung der Produktion in der<br />
Weltwirtschaft im Jahre 20<strong>01</strong> zwar abschwächen, es<br />
wird aber immer noch beachtlich sein. Dank günstiger<br />
wirtschaftspolitischer Rahmenbedingungen wird aus<br />
der Ölpreissteigerung diesmal kein Verteilungskonflikt<br />
entstehen, der eine stärkere Dämpfung der Weltkonjunktur<br />
bewirken würde.<br />
Das zusammengefasste Bruttoinlandsprodukt aller hier<br />
betrachteten Volkswirtschaften wird um 4,0 vH und<br />
damit um 0,7 Prozentpunkte weniger zunehmen als in<br />
diesem Jahr. Der Anstieg der gesamtwirtschaftlichen<br />
Produktion in den Industrieländern schwächt sich von<br />
3,9 vH auf 3,0 vH ab. Etwa die Hälfte des Rückgangs<br />
geht auf das Konto des gestiegenen Ölpreises. Der<br />
Anstieg des Welthandels, der sich in diesem Jahr auf<br />
12 vH belief, wird sich abschwächen, aber mit einer<br />
Rate von 8 vH beachtlich bleiben.<br />
287. In den Vereinigten Staaten hat sich das Tempo<br />
der wirtschaftlichen Entwicklung im zweiten Halbjahr<br />
dieses Jahres verlangsamt. Dennoch expandierte die<br />
private inländische Nachfrage weiterhin recht kräftig.<br />
Die privaten Haushalte haben ihre Ausgaben real trotz<br />
der höheren Zinsen, des leichten Rückgangs der Aktienkurse<br />
und der Ölverteuerung zügig ausgeweitet.<br />
Aufgrund der weiter günstigen Beschäftigungsentwicklung<br />
werden die Privaten Konsumausgaben auch<br />
im Jahre 20<strong>01</strong> Konjunkturstütze sein. Etwas schwächer<br />
als im Vorjahr, aber immer noch kräftig, werden die<br />
Ausrüstungsinvestitionen angesichts weiterhin günstiger<br />
Gewinnaussichten zunehmen. Die Exportkonjunktur<br />
wird trotz des hohen Dollarkurses lebhaft bleiben,<br />
da die Exportmärkte in Europa, Lateinamerika und<br />
Asien weiter expandieren.<br />
Das Bruttoinlandsprodukt wird im Jahre 20<strong>01</strong> um 3,2 vH<br />
steigen, nach 5,2 vH in diesem Jahr. Damit wird es<br />
nicht zu einer harten Landung kommen. Der Produktionsanstieg<br />
wird etwa dem Wachstum des Produktionspotentials<br />
entsprechen; die Kapazitätsauslastung bleibt<br />
hoch. Bei weiterhin kräftigem Importsog wird das Defizit<br />
in der Leistungsbilanz sich wie im Vorjahr in der<br />
Größenordnung von 4 vH in Relation zum Bruttoinlandsprodukt<br />
bewegen. Der Anstieg der Verbraucherpreise,<br />
der sich in diesem Jahr wegen der Ölverteuerung<br />
auf 3,4 vH erhöhte, wird mit dem Abklingen der<br />
Ölpreiseffekte im Jahre 20<strong>01</strong> auf 2,8 vH <strong>zur</strong>ückgehen.<br />
288. In Japan wird die Wirtschaft in einem im Großen<br />
und Ganzen wenig veränderten und weiterhin mäßigen<br />
Tempo expandieren. Die Regierung hat erneut umfangreiche<br />
konjunkturstützende Maßnahmen verabschiedet,<br />
sie werden vor allem verhindern, dass die Finanzpolitik<br />
im Jahre 20<strong>01</strong> dämpfend wirkt. Trotz anhaltender struktureller<br />
Probleme der Finanzinstitutionen und Produktionsunternehmen,<br />
die in der stark gestiegenen Anzahl<br />
der Konkurse ihren Ausdruck findet, haben sich die Geschäftserwartungen<br />
der Unternehmen deutlich verbessert.<br />
Die Unternehmensinvestitionen werden im Jahre<br />
20<strong>01</strong> weiter steigen. Die Zunahme der Konsumausgaben<br />
der privaten Haushalte wird etwas höher ausfallen<br />
als in diesem Jahr. Da von den Nettoexporten im Jahre<br />
20<strong>01</strong> ein negativer Beitrag <strong>zur</strong> gesamtwirtschaftlichen<br />
Produktion zu erwarten ist, wird der Anstieg des Bruttoinlandsprodukts<br />
mit 1,8 vH nur geringfügig höher<br />
ausfallen als in diesem Jahr (1,4 vH).<br />
289. Der Produktionsanstieg in den Schwellenländern<br />
Lateinamerikas und Ostasiens wird den in den Industrieländern<br />
deutlich übertreffen. Nachdem die Expansion<br />
dort zunächst vor allem exportgetrieben war,<br />
hat nunmehr, nicht zuletzt aufgrund der eingeleiteten<br />
strukturellen Reformen, die Binnennachfrage an Kraft<br />
gewonnen. Dadurch werden die insgesamt dämpfenden<br />
Effekte der Ölpreissteigerung mehr als aufgewogen.<br />
Schließlich werden die Exporte in die Industrieländer<br />
weiter rege zunehmen, gleichsam als Reflex der<br />
anhaltenden Nachfrageexpansion dort.<br />
IV. Die Entwicklung in Europa<br />
290. Die Abwertung des Euro führte zu einem kräftigen<br />
Anstieg der Exporte aus dem Euro-Raum. Besonders<br />
Deutschland und Frankreich konnten ihre Marktanteile<br />
durch die Verbesserung der preislichen<br />
Wettbewerbsfähigkeit erhöhen. Doch während die exportfördernde<br />
Wirkung allmählich nachlässt, spüren<br />
die Verbraucher zunehmend die realeinkommensdämpfende<br />
Wirkung der Verteuerung des Rohöls und<br />
der Abwertung. Der Ölpreisanstieg – gemessen in US-<br />
Dollar – bewirkt für sich genommen einen Realeinkommenstransfer<br />
an die Ölförderländer in Höhe von<br />
0,7 vH des Bruttoinlandsprodukts des Euro-Raums,<br />
durch die Abwertung entsteht ein weiterer deutlicher<br />
Realeinkommensverlust. Insgesamt schlägt sich dies<br />
entweder über einen Anstieg des Preisniveaus in einer