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Jahresgutachten 2000/01 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

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Drucksache 14/4792 – 186 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode<br />

Grundlagenwissen über naturwissenschaftliche und<br />

wirtschaftliche Zusammenhänge sowie in Fremdsprachen<br />

erwerben und zu methodischem Denken und kritischer<br />

Urteilskraft in der Lage sind; seit geraumer Zeit<br />

mehren sich Klagen der Wirtschaft über einen schlechten<br />

Ausbildungsstand vieler Schulabgänger und daraus<br />

resultierende Schwierigkeiten, Ausbildungsstellen<br />

qualifiziert zu besetzen. Die Qualifikationsprofile, die<br />

in der dualen Berufsausbildung und an Fachschulen angeboten<br />

werden, widerspiegeln oft die Aktivitäten in<br />

der traditionellen Wirtschaft und die typischen Erwerbsbiographien.<br />

Fehlsteuerungen im staatlich regulierten<br />

Hochschulbereich verschlimmern die Lage<br />

noch. Bei der Green-Card-Diskussion ist offenkundig<br />

geworden, dass Deutschland gerade im Informationssektor,<br />

der für die Neue Ökonomie zentral ist, einen<br />

Fachkräftemangel verzeichnet und nun erst einmal darauf<br />

angewiesen ist, Computer-Experten, Programmierer<br />

und Datenbankspezialisten aus dem Ausland anzuwerben.<br />

Solche Engpässe sind ein ernst zu nehmendes<br />

Hemmnis bei der Verwertung von Chancen in der<br />

Neuen Ökonomie. Das kann so nicht bleiben. Der Staat<br />

wird im Interesse des Gemeinwohls eine wahre Bildungsoffensive<br />

in Gang bringen müssen, damit die<br />

Qualität der Ausbildung nachhaltig steigt. Den jungen<br />

Menschen muss bewusst werden, dass es in erster Linie<br />

auf sie selbst ankommt, jene Qualifikationen und<br />

jenes Wissen zu erwerben, mit denen sie den Anforderungen<br />

und den Chancen der Informationsgesellschaft<br />

gerecht werden, und dass sie darauf vorbereitet sein<br />

müssen, im künftigen Berufsleben die Tätigkeitsbereiche<br />

mehrfach zu wechseln.<br />

IV.Flankierung durch eine moderne<br />

Einwanderungspolitik<br />

331. Unabhängig von den erwünschten positiven<br />

Wirkungen der Bildungspolitik auf die adäquate Ausstattung<br />

der deutschen Volkswirtschaft mit Humankapital<br />

stellt sich mit zunehmender Dringlichkeit die<br />

Frage, inwieweit größere Spielräume als die bislang<br />

vorhandenen geschaffen werden sollten, um Fachkräfte<br />

aus dem Ausland, von außerhalb der Europäischen<br />

Union zu attrahieren. Hinter dieser Frage liegt<br />

der Befund, dass am deutschen Arbeitsmarkt nebeneinander<br />

eine hohe Arbeitslosigkeit und ein deutlicher<br />

Arbeitskräftemangel in manchen Bereichen bestehen.<br />

Von der Arbeitslosigkeit sind vor allem ungelernte und<br />

wenig qualifizierte Personen betroffen, der Arbeitskräftemangel<br />

zeigt sich im Dienstleistungssektor und<br />

insbesondere im Bereich der hohen Qualifikationen.<br />

Dieses Nebeneinander wird durch die Bedingungen der<br />

Neuen Ökonomie insofern akzentuiert, als die Arbeitsnachfrage<br />

sich nachhaltig in Richtung spezifischer<br />

Anforderungsprofile verschiebt und das inländische<br />

Arbeitsangebot hinterherhinkt. Die Green-Card-Regelung<br />

ist eine Sofortmaßnahme, um den im Informations-<br />

und Kommunikationssektor konstatierten Mangel<br />

an Computerspezialisten möglichst rasch zu beheben;<br />

sie ist zeitlich begrenzt und auf eine bestimmte Gruppe<br />

von Fachkräften zugeschnitten. Engpasssituationen<br />

gibt es aber in zahlreichen Berufen und nicht nur bei<br />

Spitzenqualifikationen. Früher oder später kann sich<br />

dies negativ auf das wirtschaftliche Wachstum auswirken.<br />

Von daher könnte eine Zuwanderung von Arbeitskräften<br />

aus anderen Ländern das Problem abmildern.<br />

332. Sich Einwanderer zu wünschen, kann nicht<br />

heißen, den Zuwanderungsstrom nicht zu lenken. Absolute<br />

Freizügigkeit bei der Arbeitsmigration gibt es in<br />

keinem Land, wohl aber innerhalb der Europäischen<br />

Union als Element des gemeinsamen Binnenmarkts.<br />

Eine Zuwanderung wird im Allgemeinen damit gerechtfertigt,<br />

dass Zuwanderer in dem aufnehmenden<br />

Land das Arbeitskräftepotential vergrößern, die gesamtwirtschaftliche<br />

Produktion angebotsseitig und<br />

nachfrageseitig erhöhen, die Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt<br />

ausweiten, die öffentlichen Haushalte mit<br />

Steuermehreinnahmen stärken und umlagefinanzierte<br />

Systeme der sozialen Sicherung stabilisieren helfen.<br />

Argumentiert wird aber auch, dass die Zuwanderer<br />

Ausbildungseinrichtungen in Anspruch nehmen, mit<br />

angemessenem Wohnraum versorgt werden müssen,<br />

auf dem Arbeitsmarkt Verdrängungsprozesse auslösen<br />

können und notfalls auf staatliche Transferleistungen<br />

angewiesen sind. Ungeachtet positiver Nettoeffekte<br />

können in der Bevölkerung die Wirkungen so wahrgenommen<br />

werden, dass sich Widerstand gegen Zuwanderungen<br />

bildet.<br />

Deshalb muss ein Einwanderungsland ein angemessenes<br />

Einwanderungs- und Integrationskonzept entwickeln<br />

und damit entscheiden, wie viele Bürger aus<br />

dem Ausland unter welchen Bedingungen einreisen und<br />

hier erwerbstätig sein dürfen; unberührt davon bleiben<br />

Zuwanderungen aus politischen und humanitären Gründen.<br />

Derzeit wird die Steuerung der Zuwanderung auf<br />

der Grundlage des geltenden Ausländerrechts vorgenommen,<br />

wonach Ausländer aus Nicht-EU-Staaten eine<br />

Erwerbstätigkeit nur aufnehmen können, wenn ihnen<br />

die zuständigen deutschen Behörden eine Arbeitsgenehmigung<br />

erteilt haben, wobei dies wiederum eine<br />

Aufenthaltsgenehmigung voraussetzt. Die Entscheidungskriterien<br />

sind nicht klar, zudem gibt es vielfältige<br />

Ausnahmeregelungen. Die Einwanderungspolitik muss<br />

transparent und verlässlich gestaltet werden. Dazu bedarf<br />

es eines Einwanderungsgesetzes, so wie es andere<br />

Industrieländer, allemal die klassischen Einwanderungsländer<br />

(Vereinigte Staaten, Kanada, Australien<br />

beispielsweise) haben (Tabelle 54).<br />

Bei einem solchen Gesetz geht es darum, hinsichtlich<br />

Höhe und Zusammensetzung die aus nationalen oder<br />

europäischen Interessen heraus als wünschenswert angesehene<br />

Einwanderung zu steuern, nicht dagegen um<br />

eine Regulierung der aus politischen und humanitären<br />

Gründen stattfindenden Zuwanderungen. In dem Einwanderungsgesetz<br />

sind die Kriterien, nach denen die<br />

Zuwanderung gesteuert werden soll, festzulegen (zum<br />

Beispiel Sprachkenntnisse, Qualifikation, Alter, Ausbildung,<br />

Herkunftsland). Es versteht sich von selbst,<br />

dass die jeweiligen Gewichte der Kriterien den sich ändernden<br />

Verhältnissen anzupassen sind. Den nach diesen<br />

Kriterien ausgewählten Einwanderern sollte die

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