Jahresgutachten 2000/01 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 155 – Drucksache 14/4792<br />
aus Beitrittsländern kamen, davon 65 vH in Deutschland<br />
und 12 vH in Österreich. Dies sind in Deutschland<br />
0,7 vH und in Österreich 1,3 vH der Bevölkerung –<br />
Werte, die deutlich über dem Durchschnitt der Europäischen<br />
Union von 0,2 vH liegen. Eine Befragung potentieller<br />
Migranten aus Tschechien, der Slowakei, Polen<br />
und Ungarn ergab ebenfalls, dass Deutschland und<br />
Österreich die gefragtesten Einwanderungsländer sind.<br />
262. Die Wanderungen nach Deutschland stiegen zu<br />
Beginn des Transformationsprozesses Ende der Achtzigerjahre<br />
stark an, seit dem Jahre 1992 ist die Zuwanderung<br />
aber wieder gesunken (Schaubild 38). Hier<br />
dürfte die Verschärfung der Zuwanderungsbedingungen<br />
für Aussiedler eine wichtige Rolle gespielt haben.<br />
Seitdem liegt die jährliche Nettozuwanderung aus einigen<br />
Ländern, so beispielsweise Polen, unter dem<br />
Durchschnittswert der Achtzigerjahre. Bei der Interpretation<br />
der vorliegenden Daten ist indes Vorsicht geboten;<br />
die Dunkelziffer gilt als hoch.<br />
Für die Migrationsentscheidung und damit für das zu<br />
erwartende Migrationsvolumen im Falle der Freizügigkeit<br />
ist entscheidend, wie die potentiellen Migranten die<br />
zukünftige Entwicklung in ihrem Land einschätzen.<br />
Eine Befragung potentieller Migranten nach ihren Wanderungsmotiven<br />
ergab, dass ein höherer Verdienst und<br />
bessere Arbeitsbedingungen Hauptmotive einer Auswanderung<br />
sind. Bindungen an die Heimat und die Sicherheit<br />
des Arbeitsplatzes sind Hauptmotive für das<br />
Verbleiben im eigenen Land. Rechnen die potentiellen<br />
Migranten im Heimatland mit einer positiven wirtschaftlichen<br />
Entwicklung und damit mit einem Sinken<br />
der Arbeitslosigkeit, vermindern sich die erwarteten<br />
Vorteile, die sich durch Emigration nach Westeuropa erzielen<br />
lassen. Für Einwohner eines Landes, das zügig<br />
auf dem Transformationspfad voranschreitet, wird die<br />
Auswanderung weniger attraktiv sein. Da verlässliche<br />
Daten über die Erwartungen potentieller Migranten<br />
nicht vorliegen, ist eine Abschätzung des Migrationsvolumens<br />
notwendigerweise mit hohen Unsicherheiten<br />
behaftet. Tenor einschlägiger Studien ist, dass kurzfristig<br />
mit einem markanten Anstieg der Wanderungsbewegung<br />
zu rechnen sein wird, Massenwanderungen aber<br />
ausbleiben werden (Tabelle 48, Seite 156).<br />
263. Da ein Großteil der zu erwartenden Wanderungen<br />
Deutschland betreffen wird, sind die Wirkungen auf<br />
den deutschen Arbeitsmarkt in den Blick zu nehmen.<br />
Gegenwärtig bedarf die Arbeitsaufnahme von Osteuropäern<br />
in Deutschland einer besonderen Erlaubnis.<br />
Neben der Möglichkeit für Studierende, in den Semesterferien<br />
einer Arbeit nachzugehen, und besonderen Regelungen<br />
für Personen aus dem höheren Management gibt es auf der<br />
Basis von Länderverträgen derzeit folgende Kategorien einer<br />
legalen Beschäftigung:<br />
– Projektgebundene Arbeit, beispielsweise mittels der Entsendung<br />
durch ein ausländisches Unternehmen. Die Gesamtzahl<br />
der Beschäftigten dieser Kategorie ist begrenzt,<br />
die einzelnen Länder erhalten spezifische Kontingente.<br />
Diese Form der Beschäftigung ist vor allem im Bausektor<br />
und angrenzenden Bereichen anzutreffen.<br />
– Saisonarbeiter können bis zu drei Monate lang in<br />
Deutschland arbeiten, allerdings sind die Arbeitserlaubnisse<br />
auf die Bereiche Gastgewerbe und Landwirtschaft<br />
begrenzt. Mit rund 80 vH der gesamten Beschäftigung<br />
von Osteuropäern ist dies die quantitativ bedeutsamste<br />
Beschäftigungskategorie.<br />
– In den grenznahen Regionen, das sind Regionen mit einem<br />
Abstand von bis zu 50 km von der Grenze, gibt es besondere<br />
Vereinbarungen, wenn die Pendler weiterhin in<br />
ihrem Land wohnen bleiben und nicht mehr als zwei Tage<br />
in der Woche in Deutschland arbeiten.<br />
– Gastarbeiterabkommen sollen die Qualifikation mittels<br />
kurzzeitiger Aufenthalte von bis zu anderthalb Jahren<br />
verbessern. Bedingung ist, dass die Gastarbeiter zwischen<br />
18 und 40 Jahre alt sind, eine Ausbildung haben<br />
und grundlegende Kenntnisse der deutschen Sprache besitzen.<br />
Der Aufenthalt darf maximal 18 Monate betragen<br />
und differenziert nach Ländern werden jedes Jahr Kontingente<br />
festgelegt.<br />
– Ferner gibt es ein Programm für die Beschäftigung von<br />
Krankenschwestern.<br />
– Neuerdings können auch Osteuropäer zudem im Rahmen<br />
der so genannten Green-Card-Verordnung in Deutschland<br />
einer Beschäftigung nachgehen (Ziffern 235 ff.).<br />
Die Anzahl der Arbeitnehmer aus Osteuropa, die unter die<br />
ersten fünf Kategorien fallen, ist seit dem Jahr 1995<br />
annähernd konstant geblieben (Tabelle 49, Seite 157). Die<br />
Beschäftigung von Osteuropäern konzentriert sich insbesondere<br />
auf die Bereiche Bau, Hotels und Restaurants sowie<br />
private Haushalte; in diesen Bereichen liegt der Anteil<br />
der Beschäftigten aus Osteuropa markant über dem<br />
Tausend<br />
+400<br />
+350<br />
+300<br />
+250<br />
+200<br />
+150<br />
+100<br />
+50<br />
0<br />
-50<br />
SR <strong>2000</strong> - 12 - 0585<br />
Schaubild 38<br />
Migration aus Osteuropa nach Deutschland 1)<br />
Wanderungssaldo 2)<br />
Tausend<br />
+400<br />
+350<br />
+300<br />
+250<br />
+200<br />
+150<br />
+100<br />
-100<br />
-100<br />
1960 64 68 72 76 80 84 88 92 96 99<br />
1) Bis 1990 früheres Bundesgebiet. Länder: Bulgarien, Polen, Rumänien,<br />
bis 1992 Tschechoslowakei, ab 1993 Tschechien, ab 1993<br />
Slowakei, Ungarn.– 2) Zuzüge abzüglich Fortzüge (Deutsche und<br />
Ausländer).<br />
+50<br />
0<br />
-50