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Jahresgutachten 2000/01 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

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Drucksache 14/4792 – 228 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode<br />

449. Vom nächsten Jahr an sollen sich die Renten<br />

nicht mehr wie seit dem Jahre 1992 im Gleichschritt<br />

mit den Nettolöhnen entwickeln (im Jahre <strong>2000</strong><br />

wurde die Formel ausgesetzt). Maßgeblich für die<br />

zukünftigen Rentenanpassungen soll die Entwicklung<br />

des durchschnittlichen Bruttolohns sein, modifiziert<br />

um die Veränderungen des Beitragssatzes <strong>zur</strong><br />

Rentenversicherung. Somit handelt es sich bei der<br />

neuen Anpassung vom Prinzip her um eine modifizierte<br />

Bruttoanpassung, die irreführend als „modifizierte<br />

Nettoanpassung“ bezeichnet wird. Etwaige<br />

Veränderungen bei der Lohnsteuer und bei den<br />

Beiträgen zu den anderen Sozialversicherungen werden<br />

sich dann nicht mehr auf den aktuellen Rentenwert<br />

auswirken. Die Bruttolohnanbindung hat den<br />

Vorteil, dass die laufenden Rentenanpassungen nicht<br />

mehr von der jeweiligen Steuerpolitik beeinflusst<br />

werden. Neben den Veränderungen des Beitragssatzes<br />

<strong>zur</strong> Gesetzlichen Rentenversicherung soll ferner<br />

bei der Berechnung der jährlichen Rentenanpassungen<br />

der jeweils geltende „Sonderausgabenhöchstsatz“<br />

<strong>zur</strong> zusätzlichen Altersvorsorge berücksichtigt<br />

werden. Diese spezifische Sparquote soll beginnend<br />

mit 0,5 vH der Bruttolöhne bis <strong>zur</strong> Beitragsbemessungsgrenze<br />

im Jahre 20<strong>01</strong> schrittweise bis 4 vH im<br />

Jahre 2008 ansteigen. Die Berücksichtigung dieses<br />

Altersvorsorgesparens in Form eines Abzugs von<br />

dem die Rentenanpassung bestimmenden durchschnittlichen<br />

Bruttolöhnen führt dazu, dass die Rentenanpassungen<br />

bis zum Jahre 2009 um etwa 5 vH<br />

niedriger ausfallen. Von der vom gesamten Rentenpaket<br />

im Jahre 2030 erwarteten Verringerung des<br />

Beitragssatzes – im Vergleich zum Status-quo-Szenario<br />

– in Höhe von 1,7 Beitragspunkten entfallen auf<br />

die – nach amtlicher Sprachregelung so bezeichnete –<br />

modifizierte Nettoanpassung 1,4 Prozentpunkte. Über<br />

den Ausgleichsfaktor sollen 0,3 Beitragspunkte gespart<br />

werden.<br />

Am 7. November teilten das Bundesministerium für Arbeitund<br />

Sozialordnung und das Bundesministerium der Finanzen<br />

mit, dass geplant sei, den Beginn der staatlich geförderten<br />

privaten Altersvorsorge um ein Jahr auf das Jahr 2002 zu<br />

verschieben. Ferner soll diese Förderung mit einem Prozentpunkt<br />

des Bruttoeinkommens beginnen und in drei weiteren<br />

Stufen (2004, 2006, 2008) auf eine Höhe steigen, die vier Prozent<br />

des Bruttoeinkommens der Geförderten entspricht. Da<br />

aber die „modifizierte Nettoanpassung“ bereits ab dem<br />

Jahre 20<strong>01</strong> gelten soll, bedingt diese Verschiebung, dass es<br />

erstmalig im Jahre 2003 – als Folge der Herausnahme von<br />

0,5 vH aus den Bruttolöhnen des Jahres 2002 – zu einer<br />

Dämpfung der Rentenanpassung kommt. Da der Anpassungssatz<br />

des Jahres 2002 dann mit 1,85 vH um 0,62 vH über<br />

der Anpassung von 1,23 vH liegt, zu der es bei dem<br />

ursprünglich geplanten Beginn des Altersvorsorgesparens<br />

im Jahre 20<strong>01</strong> gekommen wäre – dies entspricht etwa<br />

2,1 Mrd DM – liegen aufgrund dieser Verschiebung die<br />

Beitragssätze bis zum Jahre 2<strong>01</strong>0 um 0,1 bis 0,2 Prozentpunkte<br />

höher. Ab dem Jahre 2<strong>01</strong>0 wird die längerfristige<br />

Beitragsentwicklung nicht mehr davon berührt. Die Auswirkungen<br />

auf die Kapitalrentenansprüche und das mischfinanzierte<br />

Gesamtversorgungsniveau dürften ebenfalls zu vernachlässigen<br />

sein. Begründet wird die Verschiebung um ein<br />

Jahr mit den auf die Länder zukommenden Belastungen aufgrund<br />

der staatlichen Förderzusagen, die diese wegen der<br />

Steuerausfälle im Zusammenhang mit der Steuerreform erst<br />

im Jahre 2002 verkraften könnten. Die Heraufsetzung der<br />

Förderstufen auf 1 vH wird mit den stärkeren Anreizen einer<br />

dann höheren Förderung begründet. Beide Argumente sind<br />

plausibel, und wenn durch diese Verschiebung des Förderbeginns<br />

die Zustimmung des Bundesrates zu dieser Reform gewährleistet<br />

würde, wäre sie hinnehmbar. Gleichwohl ist es<br />

eine List des Zufalls, dass auf diese Weise die erste Anpassungsdämpfung<br />

in das Jahr nach der Bundestagswahl verschoben<br />

wird.<br />

450. Eine Fortschreibung des geltenden Rechts<br />

(ohne den ausgesetzten Demographiefaktor aber unter<br />

Berücksichtigung des Gesetzes <strong>zur</strong> Reform der Renten<br />

wegen verminderter Erwerbstätigkeit), also ein Verzicht<br />

auf die Reform, würde in dem Zieljahr 2030 zu<br />

einem aktuellen Rentenwert von 111,35 DM und damit<br />

zu einer monatlichen Brutto/Netto-Standardrente<br />

von 5<strong>01</strong>0,75/ 4597,36 DM führen (Tabelle 59). Ein<br />

Vergleich dieser Werte mit den von der Bundesregierung<br />

prognostizierten Werten nach der Reform zeigt,<br />

dass die Reform für den Rentenzugang des Jahres<br />

2030 mit einer Leistungsrücknahme bei der umlagefinanzierten<br />

Sozialrente von 10,8 vH verbunden ist.<br />

Würde man das gegenwärtige Sozialhilfeniveau entsprechend<br />

der Lohnentwicklung dynamisieren – in<br />

der Vergangenheit war dies nicht der Fall –, so würden<br />

nach dieser Reform im Jahre 2030 etwa<br />

29 Entgeltpunkte erforderlich sein, um einen Rentenanspruch<br />

in Höhe des Sozialhilfeniveaus zu erwerben;<br />

derzeit sind es etwa 26 Entgeltpunkte. Dann würden<br />

sich die Rentenzahlbeträge auch für langjährig<br />

Versicherte mit unterdurchschnittlichem Einkommen<br />

den vorleistungsunabhängigen Sozialhilfeansprüchen<br />

annähern. Damit muss keine wachsende Altersarmut<br />

verbunden sein, wohl aber dürften weitere spürbare<br />

Leistungsrücknahmen die Legitimation des durch<br />

(Pflicht-) Beiträge finanzierten Systems infrage stellen.<br />

Zudem muss man bedenken, dass es zu Fehlanreizen<br />

bei der individuellen Altersvorsorge kommen<br />

kann, wenn die beitragserworbenen Ansprüche eines<br />

langjährig Versicherten unter der oder in der Nähe der<br />

Sozialhilfe liegen.<br />

Das gelegentlich geforderte Einfrieren des Beitragssatzes<br />

bei 19 (20) vH würde nach Lage der Dinge im<br />

Jahre 2030 zu einer Standardrente von etwa 3 700<br />

(3 800) DM führen und im Vergleich zum Status quo<br />

eine Leistungsrücknahme von etwa 20 (17,5) vH bedingen.

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