Jahresgutachten 2000/01 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...
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Drucksache 14/4792 – 132 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode<br />
tensiven Bereichen waren zum Beispiel das Rechnungswesen<br />
und die Lagerkontrolle erste Einsatzbereiche von Informationstechnologien.<br />
Gleichzeitig ersetzten die neuen Netzwerke<br />
vielfach die aufwendige Dateneingabe. All dies führte zu Kostenersparnissen.<br />
Mit zunehmendem Einsatz von Informationstechnologien<br />
in den Unternehmen wurden die Arbeitsvorgänge<br />
gleichzeitig immer komplexer und technisch<br />
anspruchsvoller. Dies hatte die Erhöhung der Nachfrage<br />
nach technisch ausgebildeten, hoch qualifizierten Beschäftigten<br />
<strong>zur</strong> Folge, die nicht durch die Informationstechnologien<br />
substituiert werden konnten. Für die Vereinigten Staaten<br />
ließ sich zwischen dem Beginn der Siebzigerjahre und dem<br />
Jahre 1988 eine kontinuierliche Zunahme der beschäftigten<br />
Computerprogrammierer und Systemadministratoren sowie<br />
der mit einfachen Computeranwendungen Beschäftigten feststellen.<br />
Während die Beschäftigung letzterer seitdem sinkt,<br />
hält der Anstieg bei den ersteren bis heute an.<br />
205. Über folgende Wirkungskanäle können die<br />
neuen Technologien einen Anstieg der Produktivität<br />
bewirken:<br />
Die Preissenkungen bei den neuen Technologien<br />
führen zu direkten Kostensenkungen, daneben verändert<br />
ihr Einsatz den Produktionsprozess, was ebenfalls<br />
die Kosten reduzieren kann. Beispielhaft kann hier die<br />
Automatisierung im Logistikbereich genannt werden,<br />
die die kostenintensive Lagerhaltung reduziert. In den<br />
Vereinigten Staaten kann bislang, auf die Gesamtwirtschaft<br />
bezogen, nur ein sehr leichter Rückgang des Verhältnisses<br />
zwischen Lägern und Verkäufen (um etwa<br />
0,3 vH pro Jahr in den Neunzigerjahren) verzeichnet<br />
werden, der teilweise konjunkturell bedingt sein<br />
dürfte; allerdings verringerte sich diese Größe für die<br />
technologieintensiveren Bereiche deutlicher. Als ein<br />
weiteres Beispiel kann angeführt werden, dass digitale<br />
Güter zu vernachlässigbar niedrigen Grenzkosten hergestellt<br />
und verteilt werden können: So werden der kostenaufwendige<br />
Druck und die Verteilung von Katalogen<br />
durch die Erstellung von Internetseiten ersetzt.<br />
Weiterhin sind die Kosten für zusätzliche oder auf den<br />
persönlichen Bedarf angepasste Informationen sehr gering.<br />
Die Informationen und digitalen Produkte können<br />
meist ohne Zeitverzögerung bezogen werden. Schließlich<br />
sind die veränderten Vertriebsformen zu nennen;<br />
der Prozess der Disintermediation besteht darin, dass<br />
traditionelle Zwischenhandelsstufen entbehrlich werden,<br />
da das Internet eine unmittelbare Produzenten-<br />
Konsumenten-Beziehung ermöglicht.<br />
Zu den beschriebenen Kosteneinsparmöglichkeiten<br />
kommen positive Zweitrundeneffekte. Denn unter den<br />
Nutzern der neuen Technologien sind relativ viele Produzenten<br />
von Vorleistungen. Die Preise dieser Vorleistungsgüter<br />
dürften sich angesichts des hohen Wettbewerbsdrucks<br />
tendenziell verringern, sodass auch für<br />
Unternehmen, die diese Vorleistungen beziehen, die<br />
Produktionskosten sinken.<br />
Die neuen Technologien ermöglichen einen besseren<br />
Informationsfluss innerhalb eines Unternehmens, zwischen<br />
Unternehmen sowie zwischen einem Unternehmen<br />
und seinen Kunden, nicht zuletzt deshalb, weil die<br />
Informationskosten gesunken sind. Dies führt insbesondere<br />
dazu, dass Angebot und Nachfrage besser in<br />
Einklang gebracht werden können. Der Markt erweitert<br />
sich, denn mehr Nachfrager stehen mehr Anbietern gegenüber;<br />
im Internet kann eine größere Anzahl von Produkten<br />
zentral angeboten werden. All dies dürfte effizienzsteigernd<br />
wirken. Die Informationsüberfrachtung<br />
der Nutzer, die mit steigenden Suchkosten verbunden<br />
ist, schafft Bedarf für neue Intermediäre, die beim Auffinden<br />
von preiswerten und den Wünschen der Abnehmer<br />
angepassten Produkten behilflich sind (Suchmaschinen<br />
und Shopbots) und ebenfalls die Effizienz<br />
erhöhen können. Der bessere Informationsfluss führt<br />
schließlich zu mehr Preistransparenz, sowohl für die<br />
Kunden als auch für die konkurrierenden Unternehmen;<br />
bei Internetnutzern wurde eine höhere Preiselastizität<br />
als bei Verbrauchern, die das Medium Internet nicht<br />
verwenden, festgestellt, auch weil die Suchkosten sowie<br />
die Kosten eines Wechsels zu anderen Anbietern für<br />
die Konsumenten bei der Nutzung des Internets geringer<br />
sind. Dies führt zu einem verstärkten Preiswettbewerb<br />
und tendenziell zu niedrigeren Preisen.<br />
Schließlich erlauben die IuK-Technologien die Realisierung<br />
von Netzwerkeffekten; dies bedeutet, dass Wirtschaftssubjekte<br />
umso größere Vorteile aus der Nutzung<br />
der Informationstechnologien ziehen, je mehr diese<br />
auch von anderen angewendet werden, und dass die Anzahl<br />
der Nutzer sprunghaft ansteigt, wenn eine kritische<br />
Masse erreicht ist. Aus diesem Grund entsteht ein verstärkter<br />
Wettbewerb um die frühzeitige Einführung der<br />
neuen Technologien (Exkurs I: Netzwerkeffekte und<br />
Wettbewerb in der Softwareindustrie, Ziffer 223). Die<br />
Vereinigten Staaten sind diesbezüglich weltweit<br />
führend, sie weisen den höchsten Anteil der Bevölkerung<br />
mit Internetzugang aus, bei gleichzeitig relativ<br />
niedrigen Kosten der Internetnutzung (Schaubild 37).<br />
206. Ob es sich bei der Neuen Ökonomie um ein dauerhaftes<br />
oder nur um ein temporäres Phänomen handelt,<br />
lässt sich derzeit nicht mit Sicherheit sagen. Der<br />
Konjunkturzyklus in den Vereinigten Staaten ist noch<br />
nicht abgeschlossen. Die Diffusion der neueren Technologien<br />
erfordert, wie bei vorangegangenen technologischen<br />
Revolutionen, Zeit; die Herstellung von Computern<br />
begann bereits vor mehr als 40 Jahren, schlug<br />
sich aber erst in jüngster Zeit im gesamtwirtschaftlichen<br />
Produktivitätsfortschritt sichtbar nieder. Die Realisierung<br />
bedeutsamer Netzwerkeffekte wurde erst<br />
durch das Internet möglich – besonders dem Bereich<br />
des elektronischen Handels werden für die Zukunft<br />
bedeutende Wachstumspotentiale eingeräumt.<br />
Rückstand in Deutschland<br />
207. In Deutschland hat es den Anschein, dass sich<br />
die Neue Ökonomie in der Breite noch nicht durchgesetzt<br />
hat. Das Produktionspotential wuchs, nach Angaben<br />
der OECD, deutlich langsamer als in den Vereinig-