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Jahresgutachten 2000/01 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

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Drucksache 14/4792 – 254 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode<br />

innovative Behandlungs- und Betreuungsverfahren<br />

oder integrierte Versorgungsnetze zu einem kostensenkenden<br />

effizienten Kassenwettbewerb kommt.<br />

Europatauglichkeit erhöhen<br />

489. Bei einer zukunftsorientierten Gestaltung der<br />

staatlichen Sicherungssysteme gilt es, auch den Bedingungen<br />

des europäischen Binnenmarktes Rechnung zu<br />

tragen. Eine Reform des staatlichen Gesundheitssystems<br />

kann sich zwar auf der einen Seite nach dem Subsidiaritätsprinzip<br />

auf das nationalstaatliche Recht seiner<br />

autonomen Gestaltung der sozialen Sicherung<br />

berufen, hat aber auf der anderen Seite den im EG-Vertrag<br />

kodifizierten Grundfreiheiten des freien Personenverkehrs,<br />

Warenverkehrs, Dienstleistungsverkehrs und<br />

Kapital- und Zahlungsverkehrs Rechnung zu tragen. In<br />

einer Reihe von Entscheidungen hat der Europäische<br />

Gerichtshof (EuGH) die einzelstaatliche Kompetenz<br />

im Bereich der Krankenversorgung und gesundheitlichen<br />

Betreuung der Bevölkerung bejaht, sie aber in<br />

Teilbereichen gleichzeitig der Wettbewerbsordnung<br />

der Gemeinschaft, vor allem den Grundfreiheiten, unterstellt.<br />

Der EuGH betrachtet die territorial begrenzten<br />

Gesundheitssysteme vom Prinzip her als eher hinderlich<br />

für die Entfaltung des Binnenmarktes, konzediert<br />

aber zugleich einen diesbezüglichen nationalstaatlichen<br />

Autonomieanspruch. Als Ausweg aus dieser Situation<br />

fordert der EuGH zwar nicht eine Sozialunion<br />

der Gemeinschaft durch eine Harmonisierung der einzelstaatlichen<br />

Systeme, wohl aber <strong>zur</strong> Wahrung der<br />

Waren- und Dienstleistungsfreiheit eine Öffnung der<br />

nationalen Gesundheitssysteme für die ambulante Versorgung<br />

und für Heilleistungen und Hilfsmittel. Die<br />

Folge einer solchen zumindest partiellen Entterritorialisierung<br />

der gesetzlichen Versorgungssysteme im Gesundheitswesen<br />

ist eine breitere Anspruchsgrundlage<br />

für die Versicherten, Gesundheitsgüter und Dienstleistungen<br />

in einem anderen Mitgliedsstaat zulasten ihres<br />

zuständigen nationalen Trägers in Anspruch zu nehmen.<br />

Das Mindeste ist, dass niemand, der in der Gesetzlichen<br />

Krankenversicherung abgesichert ist, den<br />

Krankenversicherungsschutz verliert, wenn er das<br />

Recht auf Freizügigkeit ausübt.<br />

Da nicht mehr von einer Unberührbarkeit des nationalen<br />

Sozialrechts durch das europäische Wettbewerbsrecht<br />

ausgegangen werden kann, bedeutet dies für eine<br />

evolutorische Reform des deutschen Gesundheitssystems,<br />

dass als erstes die in § 13 SGB V genannten Voraussetzungen<br />

eines Übergangs vom Sachleistungsprinzip<br />

zum Erstattungsprinzip in der Europäischen<br />

Union entgrenzt werden sollten. In den Fällen, in denen<br />

die Voraussetzung einer Kostenerstattung im Inland gegeben<br />

ist, muss dies auch – bis <strong>zur</strong> Höhe des Anspruchs<br />

in Deutschland – für alle im Ausland in Anspruch genommenen<br />

medizinischen Leistungen gelten. Mindestens<br />

genauso wichtig ist es allerdings, den Krankenkassen<br />

das Recht ein<strong>zur</strong>äumen, mit ausländischen<br />

Leistungserbringern Sachleistungsverträge abzuschließen,<br />

beispielsweise mit ausländischen Ärzten <strong>zur</strong> Behandlung<br />

deutscher Versicherter in bevorzugten Urlaubsländern<br />

oder mit ausländischen Ärzten oder<br />

Kliniken <strong>zur</strong> Einbindung in Versorgungsnetze. Sicher<br />

ist, dass im Zuge der fortschreitenden Integration Europas<br />

die nationalen Grenzen auch für die staatlichen<br />

Gesundheitssysteme an Bedeutung verlieren werden.

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