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Jahresgutachten 2000/01 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 1<strong>01</strong> – Drucksache 14/4792<br />

Kasten 4<br />

Neuordnung des Schuldenmanagements des Bundes<br />

Das fiskalische Schuldenmanagement verfolgt das Ziel, die Zinslast für den Staatshaushalt zu minimieren und insbesondere<br />

starke Schwankungen in der laufenden Zinsbelastung zu vermeiden. Außerdem soll die Liquidität der<br />

ausgegebenen Staatstitel gesichert und dabei eine ständige Kurspflege betrieben werden. Ferner wird durch die<br />

Wahl der Instrumente und Laufzeiten versucht, eine ausgeglichene Gläubigerstruktur zu erreichen.<br />

Deutschland hält im Markt für öffentliche Anleihen seit langem in einigen Laufzeitbereichen die Benchmarkfunktion;<br />

dies bedeutet, dass deutsche Staatsanleihen gegenüber den Anleihen anderer Länder eine geringere Risikoprämie und<br />

Liquiditätsprämie aufweisen. Dies räumt dem Bund Vorteile bei den Refinanzierungskosten ein, welche sich aus dem<br />

Status der Bundesanleihen als hochliquides, also jederzeit wiederverkäufliches, und sicheres Finanzinstrument ergeben.<br />

Da sich eine hohe Liquidität nur über ein hohes Umlaufsvolumen erreichen lässt, ist in vielen Ländern der weitaus<br />

größte Anteil am Volumen der öffentlichen Anleihen auf wenige und überwiegend langfristige Laufzeitsegmente<br />

verteilt, die dafür regelmäßig bedient werden. Nur für einen geringeren Teil der Schuld geht der Staat kurzfristige Refinanzierungsverbindlichkeiten<br />

ein.<br />

Die Planungen des Bundesministeriums der Finanzen sehen vor, die Begebung, Vermarktung und Verwaltung der<br />

Bundesschulden auf eine neu zu gründende unabhängige bundeseigene Agentur in der Rechtsform einer GmbH zu<br />

verlagern und im Ministerium ein Referat <strong>zur</strong> Steuerung und Kontrolle dieses Unternehmens anzusiedeln. Die<br />

Umwandlung in eine GmbH soll gewährleisten, dass Mitarbeiter mit einer den Anforderungen der globalen Finanzmärkte<br />

entsprechenden Qualifikation <strong>zur</strong> Verfügung stehen. Durch einen höheren Professionalisierungsgrad<br />

des Schuldenmanagements und eine Flexibilisierung der Laufzeitenstruktur der Bundesschuld sollen Zinsersparnisse<br />

realisiert werden.<br />

In diesem Zusammenhang sollen die Zuständigkeiten im Schuldenmanagement, die derzeit zwischen Bundesfinanzministerium,<br />

Deutscher Bundesbank und Bundesschuldenverwaltung aufgeteilt sind, gebündelt werden.<br />

Ob in der Summe Zinseinsparungen erzielt werden können was letztlich eine kostenaufwendige Reorganisation<br />

ökonomisch allein rechtfertigen kann , ohne den Benchmark-Status zu gefährden, ist nicht sicher. Da die Einstellung<br />

der Mitarbeiter zu Marktgehältern zunächst zu einer Erhöhung der Kosten des Schuldenmanagements führt,<br />

müssen die eigentlichen Einsparpotentiale sich weniger aus der neuen Organisationsform als vielmehr aus einem<br />

veränderten geschäftspolitischen Auftrag ergeben, der sich in einer Änderung der Portfoliostruktur der Bundesschuld<br />

sowie der Nutzung bislang vernachlässigter Finanzinstrumente niederschlagen könnte.<br />

Solange eine steile Zinsstrukturkurve gegeben ist, lassen sich Zinseinsparungen beispielsweise durch eine Umschichtung<br />

eines größeren Teils der Bundesschuld in den Geldmarktbereich Laufzeiten bis zu einem Jahr erzielen.<br />

In Zeiten steigender Zinssätze sind die Einsparpotentiale durch eine kürzerfristige Ausrichtung des Schuldenportfolios<br />

eher unsicher, da die notwendige Anschlussfinanzierung dann unter Umständen zu schlechteren Zinskonditionen<br />

eingegangen werden muss. Wird die Zinsstruktur invers, stellt sich die kurzfristige Refinanzierung<br />

sogar als ungünstiger dar. Verlässliche finanzielle Vorteile aus der Instrumentalisierung der Zinsstrukturkurve verlangen<br />

daher eine mit einem möglichst geringen Fehler behaftete Prognose der Entwicklung der Zinsstrukturkurve.<br />

Dies ist ein schwieriges Unterfangen.<br />

Vor dem Hintergrund des marktprägenden Gewichts der Finanzmarktaktivitäten insbesondere großer Länder und<br />

der Exklusivität als Anbieter risikofreier Anlageformen, ist es zweifelhaft, ob die öffentliche Hand als Marktteilnehmer<br />

wie alle anderen gelten kann. Im Zusammenhang mit dieser Marktmacht ist der Einsatz derivativer Finanzinstrumente<br />

insbesondere von Zinsderivaten, die eine Wette auf den zukünftigen Zinsverlauf darstellen ordnungspolitisch<br />

bedenklich. Insgesamt bietet die Veränderung der Laufzeitenstruktur und die Nutzung derivativer<br />

Instrumente für das öffentliche Schuldenmanagement zwar eine Chance, aber keine Gewähr für nachhaltige Zinseinsparungen<br />

im Staatshaushalt.

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