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Jahresgutachten 2000/01 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 253 – Drucksache 14/4792<br />

erzeugt werden soll, basiert die Vergütung im ambulanten<br />

Bereich unverändert auf der Einzelleistungshonorierung.<br />

Da bei diesem Honorierungssystem eine<br />

Einkommenssteigerung der Praxisinhaber insbesondere<br />

über Leistungsausweitungen möglich ist, konfligiert<br />

es mit dem Ziel einer wirksamen kostenminimierenden<br />

Behandlung der Patienten. Weit kompatibler<br />

mit dem Effizienzziel wäre – analog zum Krankenhausbereich<br />

– eine Regelung, von der Anreize zu einer<br />

schnellen kostengünstigen Therapierung ausgehen und<br />

eben nicht zu einer Maximierung zwar möglicher, aber<br />

unter Umständen medizinisch nicht notwendiger Einzelleistungen.<br />

In den Vereinigten Staaten hat man gute<br />

Erfahrungen gemacht, die Hausärzte auf der Basis von<br />

Kopfpauschalen, ergänzt um einen geringen Anteil an<br />

Einzelleistungshonorierung für Leistungen im Übergangsbereich<br />

<strong>zur</strong> fachärztlichen Versorgung, zu honorieren<br />

und die Fachärzte auf der Basis von Fallpauschalen,<br />

ebenfalls ergänzt um einen geringen Anteil an<br />

Einzelleistungshonoraren für besonderen Aufwand.<br />

Ausbau der integrierten Versorgung<br />

487. Zurzeit stehen sektorale Budgets, unterschiedliche<br />

Abrechnungsmodalitäten und Organisationsstrukturen<br />

einer effizienten Einkaufspolitik der Krankenkassen<br />

gegenüber den Leistungserbringern, und damit<br />

einer effizienten Mittelallokation, entgegen mit der<br />

Folge eines durch un<strong>zur</strong>eichende Kooperation und Integration<br />

der medizinischen Versorgungsbereiche unausgeschöpften<br />

Einsparpotentials; vor einigen Jahren<br />

wurde dieses auf bis zu 25 Mrd DM pro Jahr geschätzt.<br />

Angesichts dieses Befundes ist es als ein Fortschritt<br />

zu werten, dass mit den neuen Bestimmungen des<br />

§ 140a ff. SGB V den Kassen verbesserte Möglichkeiten<br />

eröffnet werden, die Fehlanreize der sektoralen<br />

Budgetierung durch integrierte Versorgungssysteme<br />

zu überwinden. Die neu geschaffenen gesetzlichen<br />

Grundlagen erscheinen uns als eine notwendige Bedingung,<br />

um zu Budgetgrenzen überschreitenden sowohl<br />

kostengünstigeren wie medizinisch effizienteren integrierten<br />

Versorgungsnetzen zu kommen.<br />

Hinreichend sind diese gesetzlichen Grundlagen aber<br />

solange nicht, als von den Krankenkassen für ihre Versicherten<br />

keinerlei ökonomische Anreize gesetzt werden<br />

– zum Beispiel über Hausarzt- oder Netzarzttarife<br />

–, auf das Recht der freien Arztwahl zu verzichten<br />

und sich von einem „Lotsenarzt“, dem Gatekeeper eines<br />

integrierten Versorgungsnetzes, durch die die sektoralen<br />

Budgets übergreifende Behandlungskette<br />

führen lassen. Eine zweite Bedingung ist, dass den in<br />

den Versorgungsnetzen tätigen Leistungserbringern ein<br />

Teil der von den Kassen erwarteten Effizienzgewinne<br />

zukommt, denn das Geld muss den besseren Leistungen<br />

folgen. Schließlich und endlich muss verhindert<br />

werden, dass in den erforderlichen Rahmenabkommen<br />

zwischen Kassen(verbänden) und Kassenärztlichen<br />

Vereinigungen diesen ein Beitrittsrecht zu diesen Netzen<br />

eingeräumt wird. Denn die Idee des Gesetzgebers<br />

besteht darin, die Kassenärztlichen Vereinigungen aus<br />

der integrierten Versorgung herauszuhalten. Wenn die<br />

Krankenkassen den Kassenärztlichen Vereinigungen in<br />

Rahmenvereinbarungen ein Vetorecht oder eine Beitrittsrechtsmöglichkeit<br />

einräumen würden, bliebe der<br />

gesetzliche Rahmen eine gut gemeinte, aber nicht<br />

wirksame Rechtsgrundlage.<br />

Weiterentwicklung des Risikostrukturausgleichs<br />

488. So notwendig und unverzichtbar ein Risikostrukturausgleich<br />

ist, um einen gesamtwirtschaftlich<br />

effizienten Wettbewerb zwischen den Kassen zu ermöglichen,<br />

so ernüchternd sind die Erfahrungen seit<br />

dem Jahre 1994 (Ziffer 474).<br />

Trotz dieses Ausgleichs haben die Kassen immer noch<br />

nur ein geringes Interesse an kostensenkenden Innovationen<br />

zum Beispiel in der Betreuung chronisch Kranker;<br />

sie sind nach wie vor weit stärker daran interessiert,<br />

möglichst viele „gute Risiken“ – wie gesunde<br />

Alte – zu versichern. Der Grund dafür ist, dass bei der<br />

Ermittlung des Beitragsbedarfs einer Kasse von den<br />

tatsächlichen Durchschnittskosten zum Beispiel der<br />

versicherten Alten oder Invaliden ausgegangen wird<br />

und <strong>zur</strong> Feststellung dieses Bedarfs nicht die tatsächlichen<br />

Morbiditätsrisiken zugrunde gelegt werden. Darauf<br />

wurde auch jüngst in einem im Auftrage des Bundesministeriums<br />

für Gesundheit erstellten Gutachten<br />

hingewiesen. Dem Sachverständigenrat erscheint es<br />

daher geboten, den gegenwärtig auf einer indirekten<br />

Morbiditätsmessung anhand der groben Merkmale Invalidität,<br />

Geschlecht und Alter basierenden Risikostrukturausgleich<br />

durch einen auf direkten Morbiditätsrisiken<br />

basierenden Ausgleich zu ersetzen. Dies<br />

erscheint uns als der konzeptionell richtige Weg.<br />

Will man diesen Weg, der keineswegs zu einer Ausdehnung<br />

des Ausgleichsvolumens führen muss, wegen<br />

des damit verbundenen höheren Verwaltungsaufwands<br />

und einer höheren Manipulationsanfälligkeit nicht gehen,<br />

sollte ein verpflichtender, von den Kassen zu finanzierender<br />

Hochrisikopool eingerichtet werden, in<br />

dem die besonders kostenintensiven Fälle aller beteiligten<br />

Kassen zusammengefasst werden. Die Finanzierung<br />

übernehmen die Kassen. Eine Erhöhung des gesamten<br />

Ausgleichsvolumens sollte auch damit nicht<br />

verbunden sein. Wohl aber würden die Anreize zu einer<br />

auf eine Risikoselektion ausgerichteten Politik der<br />

Kassen deutlich reduziert. Wenn die Kassen – wie es in<br />

den Niederlanden erwogen wird – die Hochrisikofälle<br />

nicht nach tatsächlichen, sondern prospektivisch, nach<br />

dem Erwartungswert der Ausgaben bestimmen würden,<br />

könnte mit einer weiteren Verringerung falscher<br />

Selektionsanreize gerechnet werden. Je weniger attraktiv<br />

eine Risikoselektion hinsichtlich möglicher damit<br />

verbundener Beitragssenkungen ist, desto größer ist<br />

die Wahrscheinlichkeit, dass es beispielsweise über

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