Jahresgutachten 2000/01 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 111 – Drucksache 14/4792<br />
Internalisierung wird man auf die Fälle konzentrieren<br />
müssen, in denen externe Effekte nennenswert zu Buche<br />
schlagen. Der Versuch, jedweden Spill-over-Effekt<br />
über Zahlungen des Bundes internalisieren zu wollen,<br />
würde mit dem föderalen Aufbau der Bundesrepublik<br />
kollidieren.<br />
Durch zweckgebundene Zuweisungen des Bundes<br />
kann zudem Disparitäten im öffentlichen Leistungsangebot<br />
entgegengewirkt werden, wobei dieses Argument<br />
allerdings bei der Zugrundelegung eines konkurrierenden<br />
Föderalismus weniger stichhaltig ist, da ja<br />
gerade diese Disparitäten konstitutive Merkmale des<br />
Wettbewerbs sind. In diesem Zusammenhang spricht<br />
jedoch die Sondersituation der neuen Bundesländer für<br />
eine Beibehaltung der Gemeinschaftsaufgaben, da diese<br />
Mittel intensiv für den dortigen Aufbau der Infrastruktur<br />
genutzt werden. Auch in den alten Bundesländern<br />
trug die Mischfinanzierung in der Vergangenheit<br />
zu einer gewissen Angleichung bei der Infrastrukturausstattung<br />
bei. Ein eher technischer Grund für die gegenwärtige<br />
Form der Mischfinanzierung bestimmter<br />
Aufgaben ist die verfassungsrechtliche Regelung des<br />
Verfahrens, welches das vor dem Jahre 1969 praktizierte<br />
intransparente und verfassungsrechtlich bedenkliche<br />
Verfahren ablöste, bei dem der Bund zu bestimmten<br />
Aufgaben der Länder Finanzierungsbeiträge<br />
leistete (Dotationssystem).<br />
Gegen die Beibehaltung von Mischfinanzierungstatbeständen<br />
spricht, dass sie gegen das Verfassungsprinzip<br />
der Konnexität (Artikel 104a Absatz 1 GG) verstoßen,<br />
nach dem jede Gebietskörperschaft die Ausgaben zu<br />
tragen hat, die sich aus ihren Aufgaben ergeben. Außerdem<br />
wird gegen das Subsidiaritätsprinzip verstoßen,<br />
wenn originäre Länderaufgaben durch den Bund mitfinanziert<br />
werden. Wenngleich gegenüber dem früher<br />
vorherrschenden Dotationssystem bei den Mischfinanzierungen<br />
die Transparenz zugenommen hat, ist dennoch<br />
das System der Mittelzuweisung über Verwaltungsvereinbarungen<br />
und Rahmenpläne noch immer<br />
undurchsichtig. Insbesondere erreichen, wie gesagt, die<br />
Mischfinanzierungen Größenordnungen, die sie zu einem<br />
„Nebenfinanzausgleich“ haben werden lassen. Das<br />
lässt die Finanzautonomie der Länder, insbesondere das<br />
parlamentarische Budgetrecht, nicht unberührt, da die<br />
Länder aus ihrem eigenen Etat Mittel aufbringen müssen,<br />
wollen sie die Zuweisungen des Bundes nicht verlieren.<br />
Ein weiteres Problemfeld stellen unsichere Folgekosten<br />
der Investitionen dar, die bei der Planung der<br />
Vorhaben ungenügend beachtet werden.<br />
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass eine<br />
Mischfinanzierung nur für solche staatlich finanzierten<br />
Tatbestände in Frage kommen sollte, deren positive<br />
externe Effekte über die Landesgrenzen hinaus ausstrahlen,<br />
bei denen – ohne Ausgleich – eine Unterversorgung<br />
droht und die auf anderem Wege nicht internalisiert<br />
werden können. Gemessen daran dürfte für die<br />
meisten infragestehenden Tatbestände diese Finanzierungsform<br />
nicht in Betracht kommen. Lediglich im<br />
Rahmen der Gemeinschaftsaufgaben wären Mischfinanzierungen<br />
ökonomisch begründbar. Demgegenüber<br />
dürften insbesondere die Finanzhilfen des Bundes, die<br />
an dem unbestimmten Rechtsbegriff „besonders bedeutsame<br />
Investitionen“ anknüpfen, kritisch zu bewerten<br />
sein, da hierunter nahezu alle Investitionen subsumiert<br />
werden können. Auch den Leistungen des<br />
Bundes im Rahmen von Geldleistungsgesetzen steht<br />
der Sachverständigenrat eher skeptisch gegenüber.<br />
Haushaltsentwicklung in der Sozialversicherung<br />
172. Der Überschuss der Sozialversicherung – in<br />
Abgrenzung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen<br />
– ging im Jahre <strong>2000</strong> auf 7,6 Mrd DM <strong>zur</strong>ück.<br />
Die Ausgaben stiegen mit 2 vH etwas langsamer an als<br />
im Vorjahr, die Einnahmen erhöhten sich mit 1,5 vH.<br />
173. Bei der Gesetzlichen Rentenversicherung lag<br />
der kassenmäßige Überschuss im Jahre <strong>2000</strong> bei<br />
1,9 Mrd DM. Überstiegen in der Rentenversicherung<br />
der Arbeiter und Angestellten die Ausgaben in den ersten<br />
neun Monaten die Einnahmen noch um 4,6 Mrd<br />
DM, setzte danach eine Ausgabenentlastung ein, vor<br />
allem bedingt durch die Rentenanpassung in Höhe nur<br />
des Preisniveauanstiegs des Vorjahres von 0,6 vH. Entlastend<br />
wirkten darüber hinaus vor allem die Überweisungen<br />
aus dem Aufkommen der Ökosteuer in Höhe<br />
von 2,6 Mrd DM sowie die im Juli des vergangenen<br />
Jahres erstmals geleisteten Beitragszahlungen des<br />
Bundes für Kindererziehungszeiten in Höhe von 13,6<br />
Mrd DM. Im Jahre 20<strong>01</strong> wird der der Rentenversicherung<br />
zufließende Betrag aus der Ökosteuer auf 8,6 Mrd<br />
DM anwachsen. Belastend für die Finanzentwicklung<br />
wirkten sich in diesem Jahr vor allem die verringerten<br />
Beitragszahlungen für Bezieher von Arbeitslosenhilfe,<br />
die formelmäßige Absenkung des allgemeinen Bundeszuschusses<br />
in Höhe von 2,45 Mrd DM und die<br />
Verringerung des zusätzlichen Bundeszuschusses<br />
(Umsatzsteuerpunkt) um 1,1 Mrd DM aus. Die Mindestschwankungsreserve<br />
in Höhe von einer Monatsausgabe,<br />
die im Jahre 1999 erstmals seit dem Jahre<br />
1994 wieder ihre gesetzlich vorgeschriebene Höhe von<br />
einer Monatsausgabe erreichte, wurde in diesem Jahr<br />
nur geringfügig unterschritten. Für das Jahr 20<strong>01</strong> ist<br />
aufgrund der höheren Zuweisung aus dem Aufkommen<br />
der Ökosteuer sowie aufgrund der verbesserten Beschäftigungsaussichten<br />
trotz der geplanten Rückkehr<br />
zu einer Nettoanpassung eine Reduzierung des Beitragssatzes<br />
von gegenwärtig 19,3 vH auf 19,1 vH vorgesehen.<br />
Ohne die Mittel aus dem zusätzlichen Bundeszuschuss<br />
und dem Ökosteueraufkommen hätte der<br />
Beitragssatz in diesem Jahr 20,6 vH und 21 vH im<br />
Jahre 20<strong>01</strong> betragen.<br />
174. Die Gesetzliche Krankenversicherung hat im<br />
Jahre <strong>2000</strong> ein annähernd ausgeglichenes Ergebnis<br />
zu verzeichnen. Der durchschnittliche Beitragssatz<br />
aller Krankenkassen in Höhe von 13,6 vH konnte konstant<br />
gehalten werden. Noch nicht belastend in diesem<br />
Jahr wirkten auf der Ausgabenseite die erhöhten Zahlungen<br />
für Krankengeld aufgrund einer Entscheidung<br />
des Bundesverfassungsgerichtes vom 21. Juni dieses