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Jahresgutachten 2000/01 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 153 – Drucksache 14/4792<br />

dung der Inlandswährung an den Euro – die normale<br />

Bandbreite um den Leitkurs beträgt ± 15 vH – erfordert.<br />

Soweit diese Länder aufgrund interner Entscheidungen<br />

und Anpassungserfordernissen auf den Wechselkursvorbehalt<br />

nicht verzichten können, sollte ihnen<br />

dieser Status sehr gelegen sein.<br />

Wirtschaftspolitische Problembereiche in den<br />

Beitrittsverhandlungen<br />

255. Besondere Probleme in den gegenwärtigen Beitrittsverhandlungen<br />

bereiten die Kapitel Agrarpolitik,<br />

Umweltschutz, Struktur- und Regionalpolitik und<br />

freier Personenverkehr.<br />

256. Zur Agrarpolitik: Die wirtschaftliche Bedeutung<br />

des Agrarsektors liegt in den Beitrittsländern weit<br />

über dem Durchschnitt der Europäischen Union. Etwa<br />

ein Fünftel der Erwerbstätigen ist im landwirtschaftlichen<br />

Bereich tätig und erwirtschaftet etwa 7,7 vH der<br />

Bruttowertschöpfung; in der Europäischen Union hingegen<br />

sind es lediglich 5 vH der Erwerbstätigen; und<br />

der Beitrag <strong>zur</strong> Bruttowertschöpfung liegt bei 1,6 vH.<br />

Die Produktivität in der Landwirtschaft ist in den Beitrittsländern<br />

derzeit niedrig, hier wirken auch noch<br />

Probleme des Transformationsprozesses nach, als in<br />

diesem Sektor in der Industrie freigesetzte Arbeitskräfte<br />

absorbiert wurden. In der Zukunft ist mit einem<br />

deutlichen Anstieg der Agrarproduktion zu rechnen, da<br />

die Größe der Betriebe, insbesondere in der Slowakei,<br />

in Tschechien und in Ungarn, Skalenerträge erwarten<br />

lässt. Eine Übertragung des derzeitigen europäischen<br />

Stützpreissystems auf diese Länder würde zu Produktionssteigerungen<br />

führen, die die Europäische Union<br />

erneut vor das Problem stellen würde, wie sie mit den<br />

Agrarüberschüssen dann fertig wird.<br />

Wenn die Beitrittsländer ihr hohes agrarisches Potential<br />

voll ausschöpfen, ist die gemeinsame Agrarpolitik<br />

nach den bisherigen Regeln nicht mehr finanzierbar.<br />

Mit der Liberalisierung des Handels und der<br />

Preise ging in den Beitrittsländern ein Abbau des<br />

Schutzes im Bereich der Landwirtschaft einher, sodass<br />

im Jahre 1997, rechnet man den Schutz für die<br />

Landwirtschaft in Subventionen um (Producer Subsidy<br />

Equivalent), die Förderung in keinem der Länder<br />

– mit Ausnahme Sloweniens – das Niveau der Europäischen<br />

Union erreichte. (Daten für Rumänien und<br />

Bulgarien liegen nicht vor.) Auch bezogen auf die Interventionspreise<br />

in den verschiedenen EU-Agrarmarktordnungen<br />

(vor allem Getreide, Milch, Rindfleisch,<br />

Ölsaaten) lagen die Beitrittsländer im Jahre<br />

1997 im Allgemeinen unter dem Durchschnitt der Europäischen<br />

Union, bei anderen Produkten (Zucker,<br />

Schweinefleisch, Geflügelfleisch, Eiern) wiesen sie<br />

hingegen ein höheres Schutzniveau auf; insgesamt ergab<br />

sich nach wie vor ein Protektionsgrad unter dem<br />

der Europäischen Union. Mit der Umsetzung der Berliner<br />

Beschlüsse aus dem Jahre 1999 (JG 99 Ziffern<br />

86 f.), die eine Absenkung der Interventionspreise auf<br />

den Agrarmärkten vorsehen, wird die Tendenz <strong>zur</strong><br />

Annäherung der Preise im Sektor Landwirtschaft verstärkt.<br />

Trotz dieser agrarpolitischen Reformen sind die im<br />

Rahmen der Finanziellen Vorausschau bis zum Jahre<br />

2006 veranschlagten Mittel <strong>zur</strong> Finanzierung der<br />

erweiterungsbedingten Ausgaben im Bereich der<br />

Landwirtschaft un<strong>zur</strong>eichend. In der Finanziellen Vorausschau<br />

berücksichtigt der Europäische Rat die Erweiterung<br />

der Europäischen Union um sieben Länder<br />

– Estland, Polen, Slowenien, Tschechien und Ungarn,<br />

sowie Malta und Zypern – ab dem Jahre 2002. Die für<br />

die Erweiterung veranschlagten Agrarausgaben – einschließlich<br />

Hilfen <strong>zur</strong> Vorbereitung auf den Beitritt –<br />

steigen von 2,1 Mrd Euro im Jahre 2002 auf 3,9 Mrd<br />

Euro im Jahre 2006. Demgegenüber beziffert eine Studie<br />

des Instituts für Agrarentwicklung in Mittel- und<br />

Osteuropa, Halle, die Zusatzbelastung in diesem Bereich<br />

auf 4,3 Mrd Euro, treten diese fünf mittel- und<br />

osteuropäischen Länder im Jahre 2007 der Union bei<br />

und werden diesen – entgegen der Planung in der Finanziellen<br />

Vorausschau – Direktbeihilfen gewährt.<br />

Diese machen den Hauptteil der Zusatzbelastungen<br />

aus, man wird sie den Beitrittsländern aber nicht verwehren<br />

können. Treten zusätzliche Beitrittskandidaten<br />

bei, verschärfen sich die Finanzierungsprobleme der<br />

Gemeinsamen Agrarpolitik weiter; bei einem Beitritt<br />

aller zehn Länder im Jahre 2007 steigt die Kostenbelastung<br />

auf 7,5 Mrd Euro. Um die Finanzierung der Agrarpolitik<br />

langfristig sicherzustellen, müsste sich die Europäische<br />

Union abverlangen, durch weitere Reformen<br />

eine Angleichung an die Bedingungen des Weltmarktes<br />

anzugehen. Aus allokationstheoretischen Gründen ist<br />

dies ohnehin geboten (JG 97 Ziffern 428 ff.).<br />

257. Die finanziellen Belastungen für die Europäische<br />

Union bei Übertragung der gemeinschaftlichen<br />

Regionalpolitik auf die Beitrittsländer sind beträchtlich.<br />

Deren Bruttoinlandsprodukt je Einwohner liegt in<br />

allen Ländern im nationalen Mittel deutlich unter dem<br />

für die Regionalförderung entscheidenden Schwellenwert<br />

von 75 vH des EU-Durchschnitts. Lediglich in<br />

den Regionen Prag und Bratislava wurde dieser<br />

Schwellenwert deutlich mit 120 vH beziehungsweise<br />

97 vH im Jahre 1997 überschritten. Ein ähnliches Bild<br />

dürfte sich auch zum Zeitpunkt des Beitritts ergeben,<br />

wenngleich die Beitrittsländer ihre wirtschaftliche Leistungskraft<br />

kontinuierlich erhöhen und durch den Beitritt<br />

das unionsweite Pro-Kopf-Einkommen sinken<br />

wird, so dass einige weitere Regionen der Beitrittsländer<br />

keinen Anspruch auf Regionalförderung nach dem<br />

75 vH-Kriterium mehr haben könnten.<br />

Im vergangenen Jahr verabschiedete die Europäische<br />

Union Reformen der Regionalpolitik, mit dem Ziel, die<br />

Ausgaben zu begrenzen. Danach kann ein Land Strukturfondsmittel<br />

nur noch in Höhe von höchstens 4 vH<br />

seines nominalen Bruttoinlandsprodukts in Anspruch<br />

nehmen (JG 99 Ziffern 84 f.). Das begrenzt die strukturpolitischen<br />

Ausgaben für die Beitrittsländer. Dennoch<br />

sind die erwarteten zusätzlichen strukturpoliti-

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