Jahresgutachten 2000/01 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...
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Drucksache 14/4792 – 88 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode<br />
Tabelle 27<br />
Lohn und Produktivität<br />
Veränderung gegenüber dem Vorjahr in vH<br />
1997 1998 1999 <strong>2000</strong> 1)<br />
Tarifverdienste je<br />
Stunde 2) ..................... + 1,5 + 2,0 + 2,8 + 2,2<br />
Effektivverdienste je<br />
Stunde 2) ..................... + 1,2 + 1,3 + 1,9 + 2,8<br />
Stundenproduktivität 3) . + 1,9 + 0,9 + 0,9 + 3,0<br />
Erwerbstätigenproduktivität<br />
....................... + 1,6 + 1,1 + 0,5 + 1,4<br />
Reale Arbeitskosten 5) ... + 0,3 – 0,2 + 0,6 + 3,0<br />
Reale Nettoverdienste 6) – 2,8 – 0,1 + 1,1 + 1,6<br />
1) Eigene Schätzung. – 2) Quelle: DIW. – 3) Bruttoinlandsprodukt in<br />
Preisen von 1995 je geleistete Erwerbstätigenstunde. – 4) Bruttoinlandsprodukt<br />
in Preisen von 1995 je Erwerbstätigen. – 5) Arbeitsentgelt<br />
plus kalkulatorischer Unternehmerlohn (dabei wird unterstellt,<br />
dass jeder Selbständige/mithelfende Familienangehörige das durchschnittliche<br />
Arbeitsentgelt eines Arbeitnehmers erhält) je geleistete<br />
Erwerbstätigenstunde, preisbereinigt mit dem Deflator des Bruttoinlandsprodukts.<br />
– 6) Nettoarbeitsentgelt plus kalkulatorischer Unternehmerlohn<br />
(Berechnung siehe Fußnote 5) je geleistete Erwerbstätigenstunde,<br />
preisbereinigt mit dem Preisindex für die Lebenshaltung<br />
aller privaten Haushalte.<br />
141. Der Pilotabschluss in der diesjährigen Tarifrunde<br />
war der Tarifvertrag der Chemischen Industrie Westdeutschlands.<br />
Dort setzten die Tarifvertragsparteien<br />
durch moderate Lohnerhöhungen mit längeren als sonst<br />
üblichen Laufzeiten ein wichtiges Signal. Nachfolgend<br />
wurden auch in einer Reihe anderer Wirtschaftszweige<br />
maßvolle Tarifabschlüsse mit einer mehr als einjährigen<br />
Laufzeit getätigt (Tabelle 28, Seiten 89 ff.). Den Verhandlungspartnern<br />
der Kautschukindustrie kam die<br />
Führerschaft bei den Regelungen zum gleitenden Übergang<br />
in den vorgezogenen Ruhestand zu. Im Vorfeld <strong>zur</strong><br />
Tarifrunde hatte es hierzu eine lebhafte Diskussion gegeben.<br />
Insbesondere die Industriegewerkschaft Metall<br />
hatte für ihr Konzept einer „Rente mit 60“ geworben;<br />
dabei sollten aus einem Tariffonds, gespeist aus Einzahlungen<br />
der Arbeitgeber und Arbeitnehmer, kompensierende<br />
Zahlungen an Frühverrentete geleistet werden<br />
(JG 99 Ziffer 381). Zum vorherrschenden Instrument<br />
entwickelte sich dann aber eine erweiterte Altersteilzeit.<br />
Hierbei fördert die Bundesanstalt für Arbeit für längstens<br />
sechs Jahre die Teilzeitarbeit älterer Arbeitnehmer<br />
durch Aufstockungsbeträge, wenn die Unternehmen<br />
den frei gewordenen Arbeitsplatz mit einem versicherungspflichtig<br />
beschäftigten Arbeitnehmer – dies kann<br />
ein Arbeitsloser, ein Arbeitnehmer, der seine Ausbildung<br />
beendet hat, oder bei Kleinunternehmen ein Auszubildender<br />
sein – wiederbesetzen. Die meisten Branchen<br />
sehen in den auf die Altersteilzeit angepassten<br />
Tarifverträgen keine Regelung zum Ausgleich von<br />
Einkommenseinbußen bei einem vorzeitigen Ausscheiden<br />
eines Arbeitnehmers vor. Einige Branchen,<br />
so die Textil- und Bekleidungsindustrie, die Metallund<br />
Elektroindustrie, die Chemische Industrie und die<br />
Eisen- und Stahlindustrie, vereinbarten dagegen Abfindungsregelungen.<br />
Das Bundeskabinett verabschiedete am 15. März <strong>2000</strong> eine<br />
Gesetzesnovelle zum Altersteilzeitgesetz, die Mitte des Jahres<br />
in Kraft trat. An diese Regelungen passte der Abschluss der<br />
Chemischen Industrie den bereits zuvor für diesen Wirtschaftszweig<br />
bestehenden Tarifvertrag <strong>zur</strong> Altersteilzeit an<br />
und verlängerte seine Laufzeit bis zum Ende des Jahres 2009.<br />
In Altersteilzeit beschäftigten Arbeitnehmern in der Chemischen<br />
Industrie wird nunmehr bei einem vorzeitigen Ausscheiden<br />
aus dem Erwerbsleben für versicherungsmathematische<br />
Rentenabschläge eine Abfindung gewährt, die für<br />
maximal 48 Monate gezahlt wird. Die Berechnung dieser Abfindung<br />
ist gestaffelt. Tagschicht-Arbeitnehmer erhalten für<br />
jeden Monat bis zum 65. Lebensjahr 450 DM, Arbeitnehmer<br />
im Zwei-Schicht-System oder in teilkontinuierlicher Schichtarbeit<br />
550 DM und solche im vollkontinuierlichen Schichtsystem<br />
750 DM. Die Beträge für Teilzeit-Beschäftigte werden<br />
anteilig ermittelt. Zusätzlich wird durch den Tarifvertrag die<br />
Altersvorsorge um 264 DM pro Jahr aufgestockt. Dieser bietet<br />
auf freiwilliger Basis die Möglichkeit, vermögenswirksame<br />
Leistungen zum Aufbau einer zusätzlichen betrieblichen<br />
Altersvorsorge zu nutzen. Statt wie zuvor 936 DM<br />
beziehen die Arbeitnehmer nunmehr 1 200 DM. Für Arbeitnehmer,<br />
die dieses Angebot nicht in Anspruch nehmen, wird<br />
das Urlaubsgeld um 264 DM erhöht.<br />
In der Metall- und Elektroindustrie wurde zum gleitenden<br />
Übergang in den vorgezogenen Ruhestand das Konzept der<br />
„Beschäftigungsbrücke“ entworfen. Im Tarifbezirk Nordrhein-Westfalen<br />
kam es <strong>zur</strong> ersten Einigung. Die hier getroffenen<br />
Regelungen wurden in den übrigen Bezirken ohne wesentliche<br />
Änderungen übernommen. Auch in der Metall- und<br />
Elektroindustrie wurden im Vorgriff auf die Gesetzesnovelle<br />
der Bundesregierung die Regelungen <strong>zur</strong> Altersteilzeit verändert;<br />
darüber hinaus wurden sie bis zum 30. April 2003<br />
verlängert. Gemäß dem eigenständigen Tarifvertrag <strong>zur</strong><br />
„Beschäftigungsbrücke“ haben Arbeitnehmer ab dem 57.<br />
Lebensjahr einen Anspruch auf bis zu sechs Jahren verblockter<br />
Altersteilzeit, bei der Beschäftigung und Freistellung<br />
in zusammenhängenden Zeitblöcken genommen werden.<br />
Eine Freistellung muss spätestens mit der Vollendung des 60.<br />
Lebensjahres beginnen. Wenn ein Arbeitsverhältnis vor dem<br />
65. Lebensjahr des Arbeitnehmers endet, erhält dieser wie im<br />
Falle der Chemischen Industrie eine Abfindung, deren Berechnung<br />
hier aber nicht gestaffelt ist. Für jeden Monat, der<br />
einem Arbeitnehmer zum Anspruch auf eine ungeminderte<br />
Altersrente fehlt, werden 450 DM gezahlt, höchstens jedoch<br />
für 48 Monate. Zum Zwecke eines Überforderungsschutzes<br />
kann die Altersteilzeit im Sinne der „Beschäftigungsbrücke“<br />
unter bestimmten Voraussetzungen verweigert werden. Dies<br />
ist insbesondere dann möglich, wenn insgesamt 4 vH oder<br />
mehr – ab dem 1. Mai 2002 dann insgesamt 5 vH – der Arbeitnehmer<br />
eines Betriebs hiervon Gebrauch machen. Bei<br />
Arbeitnehmern mit – aus der Sicht eines Arbeitgebers –<br />
Schlüsselqualifikationen kann dieser den Beginn der Altersteilzeit<br />
um bis zu sechs Monate verschieben oder den Anspruch<br />
auf unverblockte Altersteilzeit beschränken. Der Tarifvertrag<br />
<strong>zur</strong> „Beschäftigungsbrücke“ gilt seit dem 1. Mai<br />
<strong>2000</strong> und kann erstmals zum 30. April 2003 gekündigt werden.<br />
142. In Ostdeutschland stiegen die Tarifverdienste,<br />
gewichtet mit der Anzahl der betroffenen Arbeitnehmer<br />
und auf Stundenbasis berechnet, im Ganzen um<br />
durchschnittlich 2,3 vH an. Wieder gab es in verschiedenen<br />
Bereichen Vereinbarungen über eine weitere<br />
Angleichung der Ostverdienste an das jeweilige Westniveau,<br />
so im Kfz-Gewerbe Ost-Berlins und Branden-