Jahresgutachten 2000/01 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...
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Drucksache 14/4792 – 236 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode<br />
den Jahren 20<strong>01</strong> bis 2008 <strong>zur</strong> ergänzenden Privatvorsorge<br />
gezahlt hat, dem Wert seiner Rentenansprüche aus Sozialrente<br />
und Kapitalrente gegenüber, so beträgt unter Berücksichtigung<br />
einer durchschnittlichen Laufzeit der eigenen<br />
Renten (Umlage- und Kapitalrente) von 16 Jahren und einer<br />
achtjährigen Hinterbliebenenrenten in Höhe von jeweils<br />
60 vH bei einem angenommenen Nominalzins von<br />
5,5 % (abzüglich 10 vH Verwaltungskosten) die Nominalrendite<br />
seiner gesamten Altersvorsorgeaufwendungen 3,7 vH.<br />
Macht man die gleiche Rechnung für einen heute 20jährigen<br />
auf, der im Jahre 2045 mit einem Abschlag von 6 vH in Rente<br />
geht, aber aufgrund seiner gestiegenen Lebenserwartung<br />
eine durchschnittliche Rentenbezugsdauer von 18 Jahren<br />
und 10 Jahren Hinterbliebenenrente erwarten kann, zeigt es<br />
sich, dass – sofern die Anreize zum Altersvorsorgesparen<br />
ausgenutzt werden – die Rendite seiner Altersvorsorgeaufwendungen<br />
nicht unter der des heute 55jährigen liegt. Bei<br />
noch Jüngeren steigt diese Gesamtrendite aufgrund des<br />
wachsenden Kapitalrentenanteils weiter an. Bei einem Verzicht<br />
auf die Reform und damit auf eine Fortschreibung des<br />
Status quo und mithin bei einer ungekürzten Sozialrente<br />
würde der heute 20jährige eine Beitragsrendite von etwas<br />
über 3 % erzielen.<br />
Akzeptiert man die interne Rendite als Maß für die<br />
„Generationengerechtigkeit“ einer Rentenreform, dann<br />
fällt, unter Berücksichtigung des kapitalgedeckten Ergänzungssystems,<br />
ein Urteil des vorliegenden Entwurfs<br />
nicht so negativ aus, wie es eine isolierte Betrachtung<br />
des Ausgleichsfaktors nahe legt.<br />
Unstrittig ist dennoch, dass die Vermittelbarkeit und<br />
damit die Akzeptanz dieser Reform unter den asymmetrischen<br />
Verteilungswirkungen des Ausgleichsfaktors<br />
leidet, zumal es für diesen Faktor, anders als für<br />
einen demographischen Faktor, keine systematischanalytische<br />
Begründung gibt, sondern nur eine fiskalische.<br />
Da aber die Privatvorsorge freiwillig ist, sieht der<br />
Sachverständigenrat in einer Modifikation der Rentenanpassungsformel<br />
eine bessere Antwort auf die unstrittigen<br />
Konsolidierungsprobleme.<br />
462. In einer Gesellschaft, in der soziale Risiken<br />
durch umlagefinanzierte Sozialversicherungen abgesichert<br />
werden, muss, wenn die Bevölkerung altert, der<br />
intergenerative Umverteilungsdruck zunehmen. Ein<br />
steigendes Umverteilungsvolumen kann umso leichter<br />
befriedigt werden, je höher das Wirtschaftswachstum<br />
ist. Verringert werden kann dieser Bedarf aber am ehesten<br />
durch eine Zunahme der Erwerbstätigkeit, da dies<br />
zu einem Ersatz von Transfereinkommen durch Erwerbseinkommen<br />
führt. Für den Bereich der Gesetzlichen<br />
Rentenversicherung legt dies eine Verlängerung<br />
der Lebensarbeitszeit nahe. Hinsichtlich der Wirkung<br />
auf den finanzwirtschaftlichen Status der Rentenversicherung<br />
ist ein Anheben des Renteneintrittsalters, sei<br />
es das gesetzliche, sei es das tatsächliche, einer Verkürzung<br />
der Ausbildungszeit deutlich überlegen. Bei<br />
unverändertem Renteneintrittsalter und verkürzten<br />
Ausbildungszeiten kommt es zu zusätzlichen Beitragseinnahmen<br />
aufgrund eines frühzeitigen Eintritts in das<br />
Berufsleben, auf die längere Frist aber auch zu einem<br />
kostensteigernden Anwachsen der Rentenansprüche<br />
und damit der Rentenausgaben durch die zusätzlichen<br />
Versicherungsjahre. Bei einer Anhebung des Renteneintrittsalters<br />
hätte man über die zusätzlichen Beitragseinnahmen<br />
durch die verlängerte Erwerbsphase und<br />
die verringerten Rentenausgaben aufgrund der verkürzten<br />
Rentenbezugsdauer einen höheren, da zweifachen<br />
Entlastungseffekt. Allerdings gilt auch hier, dass<br />
die Entlastungen infolge der steigenden Beitragseinnahmen<br />
vorübergehend sind, da diesen zeitversetzt<br />
höhere Rentenansprüche folgen. Es sei denn, es würde<br />
zugleich auch die gegenwärtige „Standardbiographie“<br />
von 45 Versicherungsjahren erhöht. Die Einsparungen<br />
aufgrund der Verkürzung der Rentenlaufzeiten sind dagegen<br />
dauerhaft.<br />
Derzeit liegt das gesetzliche Renteneintrittsalter bei<br />
65 Jahren. Würde man heute, ungeachtet der prekären<br />
Arbeitsmarktsituation für ältere Arbeitnehmer, diese<br />
Altersgrenze um ein Jahr anheben, ergäbe sich nach<br />
Berechnungen des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger<br />
(VDR) ein Rückgang des Beitragssatzes<br />
von 0,8 Prozentpunkten. Ausgeprägter wären die<br />
Entlastungseffekte, wenn es gelänge, durch ein Bündel<br />
von bildungspolitischen, arbeitsorganisatorischen, tarif-,<br />
renten- und steuerpolitischen Maßnahmen das effektive<br />
durchschnittliche Renteneintrittsalter zu erhöhen.<br />
Derzeit liegt dieses Alter für Renten wegen<br />
Alters in den alten (neuen) Bundesländern bei<br />
62,5 (60,7) Jahren und damit insgesamt bei 62,2 Jahren<br />
und für alle Versichertenrenten, das heißt einschließlich<br />
der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit,<br />
in den alten (neuen) Bundesländern bei 60,5 (58,4) Jahren<br />
und damit insgesamt bei 60,1 Jahren.<br />
Geht man von den vorliegenden Daten des Rentenzugangs<br />
1997 aus, würde derzeit nach Berechnungen des<br />
Bundesarbeitsministeriums ein Anheben des effektiven<br />
Renteneintrittsalters für alle Versichertenrenten<br />
(Altersrenten) um ein Jahr zu einer Entlastung von<br />
32,2 Mrd DM (24,4 Mrd DM) oder 1,76 (1,33) Beitragssatzpunkten<br />
führen. Diese Werte sind allerdings<br />
etwas überhöht und auch in der vollen Höhe nicht dauerhaft;<br />
denn ein Teil der Einsparungen wird durch längerfristige<br />
höhere Renten und geringere Abschläge wegen<br />
Frühverrentung kompensiert.<br />
Gleichwohl sind die Entlastungspotentiale beachtlich,<br />
die in einer Erhöhung insbesondere der Lebensarbeitszeit<br />
liegen. Aus diesem Grunde sieht es der Sachverständigenrat<br />
als Schwachstelle eines bis zum Jahre<br />
2030 projektierten Reformentwurfs an, wenn sich<br />
darin keinerlei Ansätze <strong>zur</strong> Erhöhung des Renteneintrittsalters<br />
finden.