Jahresgutachten 2000/01 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...
Jahresgutachten 2000/01 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...
Jahresgutachten 2000/01 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 233 – Drucksache 14/4792<br />
nur unwesentlich von Abweichungen bei der unterlegten<br />
Lohnentwicklung beeinträchtigt.<br />
454. Verändert sich die Anzahl der Beschäftigten um<br />
100 000, bedeutet dies im Falle einer Beschäftigungszunahme<br />
(entsprechend bei einer Beschäftigungsabnahme)<br />
eine Veränderung der Beitragseinnahmen in<br />
den alten Bundesländern von 1,0 Mrd DM und in den<br />
neuen Bundesländern von 0,7 Mrd DM. Dies gilt allerdings<br />
nur für den Fall, dass die Versicherten vor<br />
der Beschäftigung keine Leistungsempfänger der Bundesanstalt<br />
für Arbeit waren. Ferner muss man berücksichtigen,<br />
dass den Beitragsmehr-/-mindereinnahmen<br />
langfristig entsprechend erhöhte (verringerte) Rentenausgaben<br />
gegenüber stehen.<br />
Veränderungen bei den Arbeitslosen um 100 000 Personen<br />
führen – wenn diese Leistungsempfänger der<br />
Bundesanstalt für Arbeit waren – <strong>zur</strong> Zeit zu jährlichen<br />
Veränderungen der Beitragseinnahmen von 0,5 Mrd DM,<br />
unabhängig davon, ob von der Arbeitslosigkeit die<br />
neuen oder die alten Länder betroffen sind. Langfristig<br />
ergeben sich hier ebenfalls entsprechende Rentenmehr-/<br />
-minderausgaben.<br />
Bemerkenswert an der Arbeitsmarktentwicklung, die<br />
den Projektionen der Bundesregierung zugrunde liegt,<br />
ist, dass trotz des angenommenen Beschäftigungszuwachses<br />
bis zum Jahre 2<strong>01</strong>4 um gut 1,2 Millionen und<br />
einer Beschäftigungskonstanz bis zum Jahre 2025 die<br />
Anzahl der registrierten Arbeitslosen auch im Jahre<br />
2<strong>01</strong>5 (2020) noch etwa 3 Millionen (knapp 2,4 Millionen)<br />
betragen soll, während das Erwerbspersonenpotential<br />
im gleichen Zeitraum um 2,7 Millionen<br />
Personen <strong>zur</strong>ückgeht. Die angenommene Beschäftigungsentwicklung<br />
setzt somit eine deutliche Erhöhung<br />
der Erwerbsquote der Frauen, einen Anstieg des<br />
tatsächlichen Renteneintrittsalters und einen deutlichen<br />
Rückgang der stillen Reserve voraus. Für den finanziellen<br />
Status der Rentenversicherung haben die<br />
mit der Erwerbsquotensteigerung einhergehenden Beschäftigungszuwächse<br />
eine stark entlastende Wirkung.<br />
Denn für Arbeitslose werden von der Bundesanstalt für<br />
Arbeit (ermäßigte) Beiträge gezahlt mit der Folge, dass<br />
ein Beschäftigungszuwachs, der sich nicht aus den registrierten<br />
Arbeitslosen speist, zu deutlich höheren<br />
Beitragseinnahmen führt.<br />
455. Für die Beiträge <strong>zur</strong> Gesetzlichen Krankenversicherung<br />
wurde eine faktische Konstanz und für die <strong>zur</strong><br />
Gesetzlichen Pflegeversicherung eine Zunahme auf<br />
2,4 vH im Jahre 2030 unterstellt. Aufgrund der modifizierten<br />
Nettoanpassung haben Veränderungen der<br />
Beiträge <strong>zur</strong> Pflege- und Krankenversicherung zunächst<br />
keine Auswirkung auf die jährlichen Anpassungen.<br />
Die Rentner zahlen ihre Beitragsteile zu diesen<br />
Sozialversicherungen aus den Bruttorenten. Wohl aber<br />
wirkt sich eine Veränderung der Beitragssätze <strong>zur</strong><br />
Kranken- und Pflegeversicherung auf den dem Arbeitgeberanteil<br />
entsprechenden Zuschuss der Rentenversicherungsträger<br />
zu diesen Versicherungen aus. Steigen<br />
die Beitragssätze dieser Versicherung, dann sinken die<br />
Nettorenten und gleichzeitig erhöht sich der Zuschuss<br />
der Rentenversicherung an die Kranken- und Pflegeversicherung.<br />
Die Folge ist, dass ein Anstieg der Beitragssätze<br />
<strong>zur</strong> Kranken- und Pflegeversicherung um einen<br />
Prozentpunkt als Folge dieser erhöhten Zuschüsse<br />
zu einer Beitragssatzerhöhung bei der Rentenversicherung<br />
von etwa 0,1 Beitragspunkten führt.<br />
Die Beitragssatzprojektionen sowohl für das Statusquo-Szenario<br />
wie für das Reformkonzept sind somit<br />
aus diesem Aspekt heraus mit Risiken behaftet, die um<br />
so größer werden, je weniger konsequent die noch ausstehende<br />
Strukturreform der Gesetzlichen Krankenversicherung<br />
(Ziffern 467 ff.) oder auch die der Gesetzlichen<br />
Pflegeversicherung ausfällt.<br />
456. Die demographischen Annahmen entsprechen<br />
im Wesentlichen der mittleren Variante der 9. Koordinierten<br />
Bevölkerungsvorausschätzung des Statistischen<br />
Bundesamtes. Die Zunahme der Lebenserwartung<br />
basiert auf den neuesten Sterbetafeln 1995/96 und<br />
unterstellt bis zum Jahre 2030 einen geringfügig über<br />
den jüngsten Berechnungen des Statistischen Bundesamtes<br />
liegenden Anstieg der ferneren Lebenserwartung<br />
der 65jährigen. Diese ist für die Beitragsentwicklung<br />
besonders relevant. Aufgrund des bei der Ermittlung<br />
dieser Lebenserwartungswerte angewandten Verfahrens<br />
(auf der Basis von Periodentafeln) wird oft eine<br />
Unterschätzung der Zunahme durch die amtliche Statistik<br />
kritisiert. Trägt man dieser Kritik Rechnung und<br />
unterstellt man, entsprechend der Auffassung führender<br />
Bevölkerungswissenschaftler, für den Zeitraum bis<br />
zum Jahre 2030 eine um ein Jahr stärker ansteigende<br />
fernere Lebenserwartung und damit eine entsprechende<br />
Veränderung der Rentenbezugsdauer, hätte dies<br />
für sich alleine einen Anstieg des Beitragssatzes in der<br />
Rentenversicherung um 0,4 Prozentpunkte <strong>zur</strong> Folge.<br />
457. Da sowohl das Status-quo-Szenario wie die prognostizierten<br />
Reformwirkungen von den gleichen Annahmen<br />
ausgehen, erscheint uns im Referenzszenario,<br />
der Entwicklung ohne Reform, der Anstieg des Beitragssatzes<br />
bis zum Jahre 2030 in der Tendenz unterschätzt<br />
zu werden, zumal vor der Vorlage dieses Entwurfes<br />
unter anderem in den Konsensgesprächen mit<br />
den Oppositionsparteien von der Regierung regelmäßig<br />
höhere Werte als 23,6 vH genannt wurden.<br />
Sollte sich die Projektion als eine Unterschätzung erweisen,<br />
dann kann der angestrebte flachere Beitragspfad<br />
über die neue Anpassungsformel und den Ausgleichsfaktor<br />
alleine nicht realisiert werden, und die<br />
Verpflichtung zu den „geeigneten“ weiteren Maßnahmen<br />
müsste greifen (Ziffer 442).<br />
Ansätze für Verbesserungen<br />
458. Der Sachverständigenrat sieht, um es zu wiederholen,<br />
in diesem Reformentwurf einen wichtigen und