Jahresgutachten 2000/01 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...
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Drucksache 14/4792 – 24 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode<br />
festgelegten Importquoten für Textilien werden weitgehend<br />
abgeschafft. Daneben werde insbesondere die<br />
Liberalisierung im Dienstleistungssektor zu einer markanten<br />
Erhöhung der ausländischen Direktinvestitionen<br />
nach China führen, vor allem in den Bereichen<br />
Telekommunikation, Versicherung, Banken und Einzelhandel.<br />
49. In Russland wird in diesem Jahr ein Anstieg des<br />
Bruttoinlandsprodukts in der Größenordnung von<br />
5,0 vH ausgewiesen (Tabelle 9). Insbesondere die Produktion<br />
von exportorientierten und importsubstituierenden<br />
Branchen wurde durch den niedrigen Kurs<br />
des Rubel begünstigt. Im Verbund mit gestiegenen<br />
Preisen für das bedeutsame Exportprodukt Erdöl trug<br />
die außenwirtschaftliche Entwicklung zu einer Erhöhung<br />
des Leistungsbilanzüberschusses bei. Im ersten<br />
Halbjahr dieses Jahres nahm die industrielle Produktion<br />
um etwa 10 vH im Vergleich zum Vorjahr zu. Die<br />
im gleichen Zeitraum gestiegenen Einzelhandelsumsätze<br />
und die beschleunigte Investitionstätigkeit lassen<br />
Tabelle 9<br />
Wirtschaftsdaten für Russland<br />
vH 1)<br />
1997 1998 1999 <strong>2000</strong> 2)<br />
Bruttoinlandsprodukt<br />
in Preisen<br />
von 1995.................... 0,9 – 4,9 3,2 5,0<br />
Verbraucherpreise ..... 14,7 27,7 85,7 25,0<br />
Finanzierungssaldo<br />
des Staates 3) ............... – 6,1 – 4,7 – 1,2 – 0,3<br />
Leistungsbilanzsaldo<br />
3) ........................ 0,6 0,4 13,5 27,0<br />
Arbeitslosenquote 4) .... 9,0 11,8 11,7 11,5<br />
Deutsche Direktinvestitionen<br />
5)<br />
(Mio DM) .................. 437 683 483 211 a)<br />
Nachrichtlich:<br />
Deutsche Exporte 6) .... 1,8 1,5 1,0 ...<br />
Bruttoinlandsprodukt<br />
pro Kopf (US-Dollar) 2 953 1 881 1 240 ...<br />
1) Soweit nicht anders definiert: Veränderung gegenüber dem Vorjahr.<br />
2) Eigene Schätzung aufgrund von Angaben internationaler und nationaler<br />
Institutionen.<br />
3) In Relation zum nominalen Bruttoinlandsprodukt in vH.<br />
4) Anteil der Arbeitslosen (gemäß Definition der ILO) an den gesamten<br />
Erwerbspersonen in vH.<br />
5) Saldo von Neuanlagen und Liquidationen. Ohne reinvestierte Gewinne.<br />
6) Anteil an der Gesamtausfuhr Deutschlands (Spezialhandel) in vH;<br />
für 1999: vorläufiges Ergebnis.<br />
a) 1. Halbjahr <strong>2000</strong>.<br />
Quellen: EU, IWF und nationale Veröffentlichungen<br />
zudem darauf schließen, dass der diesjährige Anstieg<br />
der gesamtwirtschaftlichen Produktion auch auf eine<br />
Belebung der Binnenwirtschaft <strong>zur</strong>ückzuführen war.<br />
Die hohen Weltmarktpreise für Rohöl erwiesen sich für<br />
den Staatshaushalt als Glücksfall und trugen zusammen<br />
mit gestiegenen Umsatzsteuereinnahmen dazu<br />
bei, das Finanzierungsdefizit des Staates zu vermindern.<br />
Bei der Interpretation der <strong>zur</strong> Verfügung stehenden Daten<br />
zum Bruttoinlandsprodukt ist indes Vorsicht angebracht.<br />
In der russischen Wirtschaft hat Schattenwirtschaft<br />
ein hohes Ausmaß angenommen. Die offizielle<br />
Statistik berücksichtigt die Schattenwirtschaft aber nur<br />
mit rund 25 vH des Bruttoinlandsprodukts, während<br />
nach Ansicht von Fachleuten 40 vH bis 50 vH angemessen<br />
wären.<br />
Die ausgewiesene wirtschaftliche Entwicklung in Russland<br />
ist nach wie vor nicht als nachhaltig einzustufen.<br />
Belastend für den Übergang auf einen stabilen Wachstumspfad<br />
wirken insbesondere das Fehlen einer Bodenreform,<br />
die mangelnde Regelung der Verteilung des<br />
Steueraufkommens zwischen den Regionen und dem<br />
Zentralstaat und Defizite bei der rechtsstaatlichen Ordnung.<br />
So besteht eine geringe Vertragstreue; die Aussichten,<br />
Gläubigeransprüche vor Gericht erfolgreich<br />
durchsetzen zu können, sind klein; es gibt Klagen, dass<br />
es bei unteren juristischen Instanzen häufig ein beachtliches<br />
Maß an Willkür gibt. Angespannt ist auch die<br />
soziale Lage in Russland: Rund ein Drittel der Bevölkerung<br />
lebt unterhalb der Armutsgrenze, und die Einkommensverteilung<br />
ist sehr ungleich.<br />
Eine hohe Steuerbelastung und eine Vielzahl von Steuerarten<br />
wirken hemmend auf die unternehmerische Tätigkeit.<br />
In Jahr wurde allerdings eine Reform der Einkommensteuer<br />
beschlossen, die im Jahre 20<strong>01</strong> in Kraft<br />
tritt. Ziel ist es, durch eine allgemeine steuerliche Entlastung<br />
die wirtschaftlichen Aktivitäten zu unterstützen.<br />
Es ist unter anderem vorgesehen, sowohl die Einkommensteuer<br />
als auch die Umsatzsteuer deutlich zu<br />
senken.<br />
Die Regierung hat mit den im Pariser Club organisierten<br />
Gläubigerstaaten Gespräche aufgenommen, um über<br />
eine weitere Umschuldung zu verhandeln; erst im vergangenen<br />
Jahr wurde mit diesem Gremium eine Übereinkunft<br />
<strong>zur</strong> Umstrukturierung der russischen Schulden<br />
erzielt (JG 99 Ziffer 19).<br />
Internationaler Währungsfonds: Für eine klare Aufgabenabgrenzung<br />
50. Seit den Finanzkrisen in Lateinamerika, Mexiko,<br />
Asien und Russland Ende der Neunzigerjahre wird eine<br />
intensive und kontroverse Debatte über die Reform des<br />
Internationalen Währungsfonds (IWF) geführt. Im<br />
Zentrum der Diskussion stehen: Erstens, die mangelnde<br />
Transparenz der Institution und ihrer Kreditvergabe.<br />
Zweitens, die Vermutung, dass die derzeitige