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Jahresgutachten 2000/01 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 123 – Drucksache 14/4792<br />

Die starken Zuwächse der Jahre 1991 bis 1993 sind allerdings<br />

durch den vorherigen massiven Produktionseinbruch und den<br />

damit verbundenen Beschäftigungsabbau nach oben verzerrt.<br />

So sank der Index der industriellen Warenproduktion, der<br />

noch auf Basis der alten DDR-Statistik erstellt wurde, im<br />

Jahre 1990 um über 50 vH; allein zwischen Juni und Juli 1990<br />

kam es zu einem Rückgang von 35 vH. Der Rückgang der Industrieproduktion<br />

in diesem Zeitraum übertraf damit den Einbruch<br />

im Gefolge der Weltwirtschaftskrise im Zeitraum der<br />

Jahre 1928 bis 1933 in Deutschland. Betroffen von diesem<br />

Produktionsschock waren innerhalb des Produzierenden Gewerbes<br />

Ostdeutschlands vor allem die Erzeuger überregional<br />

handelbarer Güter, die durch den Kostenschock der<br />

Währungsunion gegenüber westdeutschen Anbietern nicht<br />

mehr konkurrenzfähig waren (JG 91 Ziffer 67). Die Anzahl<br />

der Beschäftigten im Verarbeitenden Gewerbe (einschließlich<br />

Ostberlin) reduzierte sich im Verlauf des Jahres 1991 um<br />

700 000 Personen oder 36 vH und verringerte sich im Jahr<br />

darauf nochmals um knapp 474 000 Personen.<br />

Die Verlangsamung des Zuwachses im Jahre 1999 ist das Ergebnis<br />

der gesamtdeutschen Konjunkturabschwächung infolge<br />

der Wirtschafts- und Finanzmarktkrise der Jahre 1997<br />

und 1998 in den aufstrebenden Volkswirtschaften und sollte<br />

nicht überbewertet werden. Je besser dem ostdeutschen Verarbeitenden<br />

Gewerbe die Integration in den internationalen<br />

Wettbewerb gelingt, desto rascher schlagen Veränderungen<br />

im internationalen Umfeld auch auf die ostdeutsche Wirtschaft<br />

durch.<br />

187. Die Entwicklung im Dienstleistungsbereich<br />

spiegelt ein anderes Bild wider. Hier wuchs insbesondere<br />

in den ersten Jahren nach der Vereinigung die nominale<br />

Arbeitsproduktivität deutlich schneller als die<br />

reale. Die Bruttowertschöpfung je Erwerbstätigen im<br />

Bereich Finanzierung, Vermietung und Unternehmensdienstleister<br />

stieg beispielsweise im Zeitraum von<br />

1991 bis 1995 in jeweiligen Preisen um rund 127 vH,<br />

in realer Rechnung dagegen lediglich um 19 vH. Seitdem<br />

hat sich auch in diesem Bereich der Gleichlauf<br />

zwischen beiden Maßen erhöht. Auch bei den Öffentlichen<br />

und Privaten Dienstleistern kam es in der ersten<br />

Hälfte der Neunzigerjahre zu starken Preissteigerungen<br />

und damit einer deutlichen Abweichung zwischen<br />

nominaler und realer Produktivitätsentwicklung. Dies<br />

dürfte in diesen beiden Bereichen wesentlich auf den<br />

transfergestützten Nachfrageüberhang <strong>zur</strong>ückzuführen<br />

sein, im Sektor Vermietung auf eine nachholende Preisentwicklung<br />

aufgrund anfangs nicht marktgerechter<br />

Mietpreise in Ostdeutschland.<br />

188. Im Baugewerbe war in den ersten Jahren eine<br />

dem Dienstleistungsbereich ähnliche Entwicklung zu<br />

beobachten: hohe nominale Produktivitätsgewinne,<br />

deutlich niedrigere reale Zuwächse. Mit dem Abbau<br />

der Überkapazitäten beginnend im Jahre 1996 hat sich<br />

die Entwicklung umgekehrt: Der Anstieg der nominalen<br />

Wertschöpfung war niedriger als die realen Produktivitätsgewinne.<br />

Effekte des intersektoralen Strukturwandels<br />

189. Der strukturelle Bereinigungsprozess in der ostdeutschen<br />

Bauwirtschaft hat einen wesentlichen Anteil<br />

an der Verlangsamung des Wirtschaftswachstums in<br />

Ostdeutschland. So nahm die reale Bruttowertschöpfung<br />

im Jahre 1999 in beiden Gebietsständen annähernd<br />

mit der gleichen Rate zu (Ostdeutschland:<br />

1,8 vH; Westdeutschland: 1,9 vH). Ohne den belastenden<br />

Effekt, der vom Baugewerbe ausging, würde die<br />

Steigerungsrate für die neuen Länder 2,7 vH betragen.<br />

Im Gegensatz dazu war zu Beginn des Transformationsprozesses<br />

die Bauwirtschaft, bedingt durch den<br />

Nachholbedarf im Bereich Wohnungsbau und Infrastruktur,<br />

einer der Motoren der Konvergenzerfolge<br />

(Schaubild 32). Insofern ist die Verlangsamung des<br />

Aufholprozesses auch Ausdruck einer unvermeidlichen<br />

Strukturanpassung.<br />

190. Dass so hohe Überkapazitäten im Bau entstehen<br />

konnten, ist nicht zuletzt das Resultat einer überzogenen<br />

staatlichen Förderpolitik, insbesondere durch das<br />

Instrument der Sonderabschreibungen. Ein Indiz für<br />

die bedenklichen allokativen Wirkungen der Bauförderung<br />

sind die aktuellen Leerstandszahlen auf dem ostdeutschen<br />

Immobilienmarkt. Der Angebotsüberhang<br />

wird hier auf bis zu einer Million Wohnungen geschätzt.<br />

Angesichts dieses Befunds und der sich immer<br />

Log. Maßstab<br />

1991 = 100<br />

160<br />

150<br />

140<br />

130<br />

120<br />

110<br />

100<br />

95<br />

SR <strong>2000</strong> - 12 - 0580<br />

Schaubild 32<br />

Einfluss des Baugewerbes<br />

auf die Entwicklung der Bruttowertschöpfung 1)<br />

Bruttowertschöpfung<br />

der neuen Bundesländer<br />

insgesamt<br />

Bruttowertschöpfung<br />

der neuen Bundesländer<br />

insgesamt<br />

ohne Baugewerbe<br />

Bruttowertschöpfung<br />

im früheren Bundesgebiet<br />

insgesamt<br />

ohne Baugewerbe<br />

Bruttowertschöpfung<br />

im früheren Bundesgebiet<br />

insgesamt<br />

Log. Maßstab<br />

1991 = 100<br />

160<br />

1991 92 93 94 95 96 97 98 1999<br />

1) In Preisen von 1995. Ohne Berlin. Rechenstand: Frühjahr <strong>2000</strong>.<br />

Quelle für Grundzahlen: Arbeitskreis VGR der Länder<br />

150<br />

140<br />

130<br />

120<br />

110<br />

100<br />

95

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