Jahresgutachten 2000/01 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 29 – Drucksache 14/4792<br />
Der Anteil der direkt gehaltenen Aktien am Geldvermögen<br />
insgesamt betrug in den Vereinigten Staaten im<br />
Jahre 1998 etwa 23 vH (unter Einschluss von Alterssicherungsfonds<br />
sogar 71 vH), in Deutschland 9 vH und<br />
in Japan 6 vH.<br />
Solange Kapitalgewinne jedoch nicht realisiert sind,<br />
muss für eine Erhöhung des Konsums über den Anstieg<br />
des laufenden Einkommens hinaus die Ersparnis reduziert<br />
oder eine Verschuldung eingegangen werden.<br />
Dies mag dazu beigetragen haben, dass die Sparquote<br />
der privaten Haushalte in den Vereinigten Staaten<br />
gemessen am verfügbaren Einkommen im Zeitraum<br />
der Jahre 1991 bis 1999 von 8 vH auf etwa 2 vH gesunken<br />
ist, während sie sich in Deutschland im gleichen<br />
Zeitraum von etwa 12 vH auf Werte nahe 9 vH<br />
verringerte (Schaubild 4, Seite 30). Japan verzeichnete<br />
während dieser Zeit eine gleichbleibend hohe Sparquote<br />
von etwa 13 vH. Die Verschuldung der privaten<br />
Haushalte gemessen am verfügbaren Einkommen stieg<br />
während dieses Zeitraums in den Vereinigten Staaten<br />
von 76 vH auf derzeit knapp 90 vH, in Japan von<br />
36 vH auf 41 vH und in Deutschland von 44 vH auf<br />
69 vH.<br />
Aktienpreise und Investitionen<br />
59. Eine hohe Bewertung von Aktien bedeutet für<br />
sich betrachtet eine Verbesserung der Finanzierungsbedingungen<br />
der Unternehmen und kann sich in der Folge<br />
in einer zunehmenden Investitionstätigkeit niederschlagen.<br />
Hierbei ist zwischen Großunternehmen sowie<br />
kleinen und mittelständischen Betrieben zu unterscheiden.<br />
Für erstere, die zumeist in der Rechtsform<br />
der Aktiengesellschaft geführt werden, verbilligt sich<br />
die Finanzierung über die Emission von Aktien umso<br />
deutlicher, je höher der Kurswert über dem Nominalwert<br />
der Emission liegt. Für kleine und mittlere Betriebe,<br />
die sich, insbesondere in Deutschland, vielfach<br />
noch über Banken finanzieren, kann beispielsweise die<br />
Höherbewertung von als Sicherheiten dienendem Bestandsvermögen<br />
den Kreditspielraum vergrößern. In<br />
den letzten Jahren hat sich im Zuge der Einrichtung der<br />
Neuen Märkte aber auch für kleinere Unternehmen der<br />
Anreiz verstärkt, direkten Zugang zu günstigen Eigenkapitalquellen<br />
zu suchen. Für Deutschland und die Vereinigten<br />
Staaten findet sich für die Jahre ab 1987 ein<br />
schwacher positiver Zusammenhang zwischen Aktienpreisen<br />
und Investitionen, für Japan scheint im gleichen<br />
Zeitraum eine negative Beziehung zu bestehen<br />
(Schaubild 4, Seite 30).<br />
Aktienpreise und Liquiditätsversorgung<br />
60. Eine übertriebene Entwicklung bei den Aktienpreisen<br />
wird oft als Indiz einer zu reichlichen Liquiditätsversorgung<br />
der Volkswirtschaft gesehen. Hintergrund<br />
dieser Überlegung ist unter anderem, dass eine<br />
kreditinduzierte Ausweitung der Geldmenge teilweise<br />
einer spekulativen Verwendung zugeführt werden<br />
könnte. Unternehmen können beispielsweise in diesem<br />
Zusammenhang eine Ausweitung von Bankkrediten<br />
oder den Erlös neu begebener Schuldverschreibungen<br />
zu spekulativen Aktienkäufen oder zu einem Rückkauf<br />
eigener Aktien einsetzen. In ähnlicher Weise können<br />
private Haushalte Konsumentenkredite zum Erwerb<br />
von Aktien verwenden, in der Erwartung, mit der<br />
Summe aus zukünftigen Kursgewinnen und Dividenden<br />
den Schuldendienst überkompensieren zu können<br />
(Margin-Trading).<br />
Seit Mitte der Neunzigerjahre war in den Vereinigten<br />
Staaten, Japan und Deutschland ein im Vergleich zum<br />
Anstieg des nominalen Bruttoinlandsprodukts zeitweise<br />
hoher Zuwachs der Geldmenge und der Kreditvergabe<br />
zu beobachten. Während das nominale Bruttoinlandsprodukt<br />
in den Vereinigten Staaten seit dem<br />
Jahre 1995 mit einer durchschnittlichen Rate von etwa<br />
5,7 vH gestiegen war, hat sich die Expansion der Geldmenge<br />
M3 von weniger als 5 vH im Jahre 1995 auf<br />
kurzzeitig bis zu 10,5 vH im Jahre 1998 beschleunigt<br />
und sich erst in jüngster Zeit wieder verlangsamt. Die<br />
Kreditvergabe an Unternehmen und Privatpersonen<br />
stieg im gleichen Zeitraum durchschnittlich um mehr<br />
als 7 vH. In Japan wies die durchschnittliche Zuwachsrate<br />
der vergleichbaren Geldmenge im selben<br />
Zeitraum einen Wert von rund 3,5 vH auf, während die<br />
durchschnittliche Veränderungsrate des nominalen<br />
Bruttoinlandsprodukts bis 1997 um 2 vH schwankte<br />
und in den Jahren 1998 und 1999 negativ war. Die Veränderungsraten<br />
bei der Kreditvergabe waren mit Ausnahme<br />
der Jahre 1995 und 1996 bereits seit 1994 negativ.<br />
Deutschland verzeichnete seit dem Jahre 1995<br />
ein durchschnittliches Wachstum der Geldmenge M3<br />
von 5,7 vH, die Kreditvergabe an Unternehmen und<br />
Privatpersonen expandierte im gleichen Zeitraum<br />
durchschnittlich mit 6,3 vH. Der durchschnittliche Anstieg<br />
des nominalen Bruttoinlandsprodukts betrug<br />
knapp 3 vH.<br />
Dass zwischen einer Ausweitung der Kreditvergabe<br />
und der Entwicklung von Aktienwerten ein positiver<br />
Zusammenhang bestehen kann, deuten empirische Untersuchungen<br />
für Japan und die Vereinigten Staaten an.<br />
Für Deutschland geben Daten für den Zeitraum der<br />
Jahre 1990 bis 1999 einen Hinweis auf einen, wenn<br />
auch schwachen, positiven Zusammenhang. Obwohl<br />
dieser Zusammenhang durch eine bidirektionale Kausalität<br />
gekennzeichnet ist, könnte die Preisentwicklung<br />
an den Aktienmärkten somit zumindest teilweise von<br />
einer expansiven Geldpolitik begünstigt worden sein.<br />
Auch ein Teil des seit 1995 konstanten Abwärtstrends<br />
in der Umlaufsgeschwindigkeit der Geldmenge könnte<br />
hierdurch erklärt werden.<br />
Risiken abrupter Korrekturen<br />
61. Spekulative Übertreibungen an den Aktienmärkten<br />
und ihre oft abrupten Korrekturen können bedeutsame<br />
Folgen für die Realwirtschaft und die Stabilität<br />
des Finanzsystems mit sich bringen und eine Reaktion<br />
sich selbst verstärkender Effekte hervorrufen. Bei den