Jahresgutachten 2000/01 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 13 – Drucksache 14/4792<br />
28. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes<br />
vom 11. November 1999 zum Länderfinanzausgleich<br />
hat der Gesetzgeber bis zum 31. Dezember 2002 in einem<br />
Maßstäbegesetz die unbestimmten Begriffe im<br />
Steuerverteilungs- und Ausgleichssystem des Grundgesetzes<br />
zu konkretisieren und zu ergänzen. Auf der<br />
Grundlage des Maßstäbegesetzes muss dann bis zum<br />
31. Dezember 2004 das Finanzausgleichsgesetz reformiert<br />
werden. Betroffen sind davon die vertikale Umsatzsteuerverteilung,<br />
der Finanzausgleich unter den<br />
Ländern und die Zahlung von Bundesergänzungszuweisungen.<br />
– Bei den Regelungen über die vertikale Verteilung<br />
des Umsatzsteueraufkommens sollen die Begriffe<br />
„notwendige Ausgaben“ und „laufende Einnahmen“<br />
definiert werden. Wir halten dies unter ökonomischem<br />
Aspekt für nicht möglich, sodass man wohl<br />
beim heutigen Verfahren bleiben und ein Ergebnis in<br />
Verhandlungen zwischen Bund und Ländern finden<br />
muss.<br />
– Ziel einer Reform des Finanzausgleichs unter den<br />
Ländern muss ein einfaches, transparentes und weniger<br />
strategieanfälliges System des Länderfinanzausgleichs<br />
sein, das auch den Anforderungen des<br />
Bundesverfassungsgerichtes (keine Nivellierung,<br />
Beibehaltung der Reihenfolge) gerecht wird und das<br />
Anreize für die einzelnen Länder setzt, sich selbst<br />
um Steuereinnahmen zu bemühen. Wie ein reformiertes<br />
System des Länderfinanzausgleichs aussehen<br />
könnte, hat der Sachverständigenrat wiederholt<br />
dargestellt.<br />
– In einem reformierten Länderfinanzausgleich sollten<br />
die Bundesergänzungszuweisungen (BEZ) reduziert<br />
werden. Die Fehlbetrags-BEZ und die Sonderbedarfs-BEZ<br />
wegen überdurchschnittlich hoher<br />
Kosten der politischen Führung und der zentralen<br />
Verwaltung sollten aufgegeben werden. Mit dem<br />
31. Dezember 2004 laufen die Übergangs-BEZ und<br />
die Sanierungshilfen für Bremen und das Saarland<br />
aus; man sollte diese Regelungen nicht noch einmal<br />
verlängern. Die damit frei werdenden Finanzmittel<br />
in Höhe von derzeit etwa 11 Mrd DM könnten den<br />
Ländern durch Erhöhung des Umsatzsteueranteils<br />
<strong>zur</strong> Verfügung gestellt werden.<br />
Bis zum Jahre 2004 werden jährlich 14 Mrd DM als<br />
Sonderbedarfs-BEZ zum Abbau teilungsbedingter<br />
Sonderbelastungen sowie zum Ausgleich unterproportionaler<br />
kommunaler Finanzkraft an die neuen<br />
Bundesländer gezahlt. Bei einer Neuregelung (Solidarpakt<br />
II) müsste geprüft werden, in welchem Umfang<br />
und in welcher Ausgestaltung (Zweckbindung,<br />
Eigenbeteiligung, Degression) diese Zahlungen<br />
fortgesetzt werden sollen. Zehn Jahre nach der Vereinigung<br />
sollten angesichts der fortschreitenden Differenzierung<br />
im Osten wie im Westen einheitliche<br />
Regelungen des Finanzausgleichs für das gesamte<br />
Gebiet der Bundesrepublik gelten. Bei sachgerechter<br />
Ausgestaltung dieser Instrumente werden im Ergebnis<br />
ohnehin für einen noch langen Zeitraum umfangreiche<br />
Transfers in die neuen Bundesländer<br />
fließen.<br />
Europäische Geldpolitik: Der Preisniveaustabilität<br />
verpflichtet<br />
(Ziffern 334 ff.)<br />
29. Auch im zweiten Jahr der Europäischen Währungsunion<br />
waren die monetären Rahmenbedingungen<br />
gut, und die Europäische Zentralbank hat in einem<br />
nicht immer einfachen geldpolitischen Umfeld ihre der<br />
Preisniveaustabilität verpflichtete Orientierung beibehalten.<br />
Gleichwohl ist es ihr schwer gefallen, weiter<br />
stabilitätspolitische Glaubwürdigkeit aufzubauen. Die<br />
erhöhten Anforderungen an die Kommunikationspolitik,<br />
die auf der verfolgten Zwei-Säulen-Strategie basierenden<br />
geldpolitischen Entscheidungen konsistent und<br />
transparent zu begründen, stellten die Europäische<br />
Zentralbank vor eine große Herausforderung. Diskordante<br />
Äußerungen der geldpolitischen Entscheidungsträger<br />
und der anhaltende Kursverlust der europäischen<br />
Einheitswährung irritierten die Öffentlichkeit, schlugen<br />
sich aber nicht in gestiegenen Inflationserwartungen<br />
nieder.<br />
30. Grundsätzlich steht einer jungen Notenbank, wie<br />
der Europäischen Zentralbank, die sich noch nicht an<br />
ihren vergangenen stabilitätspolitischen Erfolgen messen<br />
lassen kann, nur der Weg der Regelbindung – im<br />
Rahmen der Geldmengensteuerung oder der direkten<br />
Inflationssteuerung – offen, um schnell stabilitätspolitische<br />
Reputation aufzubauen. Eine auf nachvollziehbaren<br />
Regeln beruhende geldpolitische Strategie legt<br />
der Notenbank einen selbstdisziplinierenden Begründungszwang<br />
auf, der zu einer berechenbaren und stetigen<br />
Geldpolitik führt, an der sich die Erwartungen der<br />
Marktakteure ausrichten können. Allerdings befindet<br />
sich die Europäische Zentralbank in einer Sondersituation:<br />
Mit dem Übergang <strong>zur</strong> Europäischen Währungsunion<br />
sind auch die Unsicherheiten über die Stabilität<br />
der monetären Grundrelationen und die geldpolitischen<br />
Transmissionsmechanismen im Euro-Raum gestiegen.<br />
Ökonometrische Untersuchungen werfen<br />
Zweifel auf, ob eine notwendige Grundvoraussetzung<br />
für die erfolgreiche Implementierung der Geldmengenstrategie,<br />
die Kontrollierbarkeit des europäischen<br />
Geldmengenaggregats M3, weiterhin gegeben ist. Verlässliche<br />
empirische Aussagen über die Spezifizierung<br />
und Stabilität der monetären Grundrelationen werden<br />
erst in der Zukunft möglich sein.<br />
Vor dem Hintergrund dieser Unwägbarkeiten hat sich<br />
die Europäische Zentralbank für die Fortführung der<br />
Zwei-Säulen-Strategie entschieden und sich damit einen<br />
erhöhten Ermessensspielraum gesichert. Dieser<br />
entsteht durch die Möglichkeit einer Abwägung der aus<br />
den beiden Säulen, der Abweichung des Geldmengenwachstums<br />
von seinem Referenzwert und der auf