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Jahresgutachten 2000/01 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

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Drucksache 14/4792 – 202 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode<br />

der Argumentation begründen: Eine Einschränkung<br />

der freien Verfügungsmacht kann auch für solche Aufwendungen<br />

angenommen werden, für die ohne gesetzlichen<br />

Zwang eine soziale Verpflichtung oder eine Defacto-Verpflichtung<br />

besteht. Beides kann man angesichts<br />

der demographischen Entwicklung für die Zusatzvorsorge<br />

wohl annehmen. Aber auch dann dürften<br />

Ersparnisse nur steuerfrei gestellt werden, wenn die Ersparnisbildung<br />

zu einem Vermögensbestand führt, der<br />

vor Erreichen der Altersgrenze weder beliehen, noch<br />

aufgelöst oder verschenkt werden kann. Zudem sind<br />

Pläne für die kontinuierliche Auszahlung nach Eintritt<br />

in das Rentenalter geboten.<br />

372. Entscheidet man sich auch bei der privaten freiwilligen<br />

Zusatzvorsorge für das nachgelagerte Verfahren,<br />

dann sind die getätigten Aufwendungen (geplant:<br />

4 vH des Bruttolohns bis <strong>zur</strong> Beitragsbemessungsgrenze)<br />

von der Besteuerung freizustellen und die späteren<br />

Rentenzahlungen voll zu besteuern.<br />

Will man den Beziehern niedriger Einkommen oder<br />

Familien mit Kindern die private Zusatzvorsorge ermöglichen<br />

oder sie fördern, dann werden wirtschaftsund<br />

sozialpolitische Ziele verfolgt. Dafür sind Abzüge<br />

bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer<br />

– wie gelegentlich vorgeschlagen –<br />

steuersystematisch das falsche Instrument und wegen<br />

des geringen Einkommens auch gar nicht oder nur wenig<br />

wirksam. Stattdessen sind Transferzahlungen das<br />

richtige Instrument. Diese müssten aber zweckgebunden<br />

werden, eine Eigenbeteiligung vorsehen, und es<br />

wären auch Einkommensgrenzen einzuführen.<br />

Nach dem Entwurf der Bundesregierung für eine Rentenreform<br />

sollen die Beiträge für die private Zusatzvorsorge<br />

als Sonderausgaben bei der Ermittlung des zu<br />

versteuernden Einkommens abgezogen werden. Darüber<br />

hinaus wird in Abhängigkeit von den geleisteten<br />

Eigenbeiträgen eine Zulage (Grundzulage und Kinderzulage)<br />

gezahlt. Sofern die Steuerersparnis aus dem<br />

Sonderausgabenabzug höher ist als die Zulage, muss<br />

letztere <strong>zur</strong>ückgezahlt werden. Im Ergebnis ist damit<br />

eine Regelung vorgesehen, die man als Kombination<br />

von nachgelagerter Besteuerung der Beiträge und einkommensabhängigem<br />

Transfer interpretieren kann.<br />

Das ist eine sachgerechte Lösung.<br />

Bei der freiwilligen Privatvorsorge sollen 4 vH des rentenversicherungspflichtigen<br />

Einkommens gefördert werden.<br />

Dieser Prozentsatz wird im Jahre 2008 erreicht werden.<br />

Die Förderung beginnt gemäß Reformentwurf der Bundesregierung<br />

im Jahre 20<strong>01</strong> mit 0,5 vH und erhöht sich jährlich<br />

um 0,5 Prozentpunkte. Unabhängig von der Höhe des<br />

Bruttoentgelts gilt für jeden Rentenversicherungspflichtigen<br />

ein Zulagenhöchstbetrag: für Ledige 300 DM, für<br />

Verheiratete 600 DM und für jedes Kind 360 DM pro Jahr.<br />

Die Höchstförderung wird erreicht, wenn der Eigenbeitrag<br />

(Eigenleistung plus Zulage) 4 vH des Bruttolohns bis <strong>zur</strong><br />

Beitragsbemessungsgrenze entspricht. Die Eigenleistung<br />

muss mindestens 1 vH des Gesamtbetrags der Einkünfte erreichen;<br />

damit soll vermieden werden, dass eine Förderung<br />

ohne jede Eigenleistung möglich wird. Dazu könnte es kommen,<br />

wenn bei der Festsetzung der Zulage viele Kinder zu<br />

berücksichtigen sind. Die stufenweise Einführung der Förderung<br />

wird die öffentlichen Haushalte im Jahre 20<strong>01</strong> mit rund<br />

2 Mrd DM belasten; dieser Betrag steigt bis zum Jahre<br />

2008 auf 19,8 Mrd DM.<br />

Derzeit wird eine Änderung der zunächst geplanten Förderung<br />

diskutiert: Die Förderung soll erst im Jahre 2002 mit einem<br />

Satz von 1 vH des rentenversicherungspflichtigen Einkommens<br />

beginnen und dann in Zweijahresschritten um<br />

jeweils einen Prozentpunkt erhöht werden. Daneben soll die<br />

Mindesteigenleistung auf einen nach der Kinderzahl gestaffelten<br />

Fixbetrag festgelegt werden. Eine Erhöhung des Fördervolumens<br />

ist damit nicht verbunden.<br />

Für die Gesetzliche Rentenversicherung soll dagegen<br />

die nachgelagerte Besteuerung – jedenfalls vorerst –<br />

nicht eingeführt werden. Damit kommt man zu dem paradoxen<br />

Ergebnis, dass die nachgelagerte Besteuerung<br />

dort, wo sie steuersystematisch geboten ist, nicht eingeführt<br />

wird, wohl aber dort, wo sie steuersystematisch<br />

umstritten ist. Die daraus de facto resultierende steuerliche<br />

Diskriminierung der Gesetzlichen Rentenversicherung<br />

im Vergleich <strong>zur</strong> freiwilligen Privatvorsorge<br />

ist nicht gerechtfertigt. Das ist ein Grund mehr, auch<br />

die Beitragszahlungen in der Gesetzlichen Rentenversicherung<br />

nachgelagert zu besteuern.<br />

Europaweite Zinsbesteuerung?<br />

373. Nach den einkommensteuerrechtlichen Vorschriften<br />

sind Kapitaleinkünfte (und damit auch Zinseinkünfte)<br />

– ob sie im Inland oder im Ausland erzielt<br />

werden – steuerpflichtig. Dies entspricht auch der Konzeption<br />

einer synthetischen Einkommensteuer. Mit der<br />

Einführung des Zinsabschlags auf inländische Zinseinkünfte<br />

kann die Besteuerung in diesem Bereich auch<br />

durchgesetzt werden. Dagegen besteht nach wie vor<br />

ein Anreiz, Kapital in solchen Ländern anzulegen, die<br />

keine oder eine im Vergleich zu Deutschland niedrigere<br />

Quellensteuer auf Zinserträge erheben. Dadurch kann<br />

– wenn auch illegal – die inländische Steuer umgangen<br />

werden. Das stellt nicht nur einen Verstoß gegen die<br />

steuerliche Gerechtigkeit dar, sondern führt auch zu<br />

Steuerausfällen und kann eine ineffiziente Kapitalallokation<br />

<strong>zur</strong> Folge haben. Diese Probleme sind im nationalen<br />

Alleingang nur schwer in den Griff zu bekommen.<br />

Deshalb wird seit Jahren – auch von deutscher<br />

Seite – eine (zumindest) europaweite Lösung der Zinsbesteuerung<br />

angestrebt.<br />

374. Dabei stehen zwei Lösungsmodelle im Vordergrund,<br />

die ihren Niederschlag im Koexistenzmodell<br />

der EU-Kommission von 1997 gefunden haben. Danach<br />

sollte den EU-Mitgliedsländern die Option eröffnet<br />

werden,

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