Jahresgutachten 2000/01 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 55 – Drucksache 14/4792<br />
Für Griechenland, das den Beitritt <strong>zur</strong> Währungsunion<br />
zum 1. Januar 20<strong>01</strong> beantragt hat, wurde die Vereinbarkeit<br />
der Rechtsvorschriften einschließlich der Satzung<br />
der Bank von Griechenland mit den Anforderungen<br />
der ESZB-Satzung bejaht. Hinsichtlich stabiler<br />
Preise hat Griechenland nachhaltige Fortschritte erzielt.<br />
Im Jahre 1999 wurde eine durchschnittliche<br />
Preisniveausteigerung von 2,6 vH gegenüber dem Vorjahr<br />
erreicht, im Frühjahr lag die Preisveränderungsrate<br />
etwa bei 2,4 vH. Damit wurde der maßgebliche<br />
Referenzwert von 2,4 vH zwar nicht überschritten, allerdings<br />
deutete der Wegfall vorübergehend günstiger<br />
Faktoren, wie die bis 1999 niedrigen Rohölpreise oder<br />
die temporäre Wirkung von Steuersenkungen, für die<br />
nächsten Jahre eher wieder einen Aufwärtstrend bei<br />
den Preisen an. Das öffentliche Defizit lag im Haushaltsjahr<br />
1999 mit 1,6 vH in Relation zum nominalen<br />
Bruttoinlandsprodukt unterhalb des Referenzwertes<br />
von 3,0 vH. Die langfristigen Zinssätze blieben im<br />
Jahre 1999 mit einem Wert von etwa 6,4 % ebenfalls<br />
um knapp einen Prozentpunkt unter dem zulässigen<br />
Wert. Auch eine erfolgreiche Teilnahme am Wechselkursmechanismus<br />
(WKM II) wurde festgestellt. Die<br />
Schuldenstandsquote hingegen verblieb mit 104,4 vH<br />
im Jahre 1999 weit oberhalb des Referenzwertes von<br />
60 vH. Neben den Gefahren für die Preisniveauentwicklung<br />
meldete die Europäische Zentralbank deutliche<br />
Zweifel an einer weiteren schnellen Konsolidierung<br />
der Staatsfinanzen Griechenlands an. Dennoch<br />
sprach die Europäische Kommission, wie einst im<br />
Falle Belgiens und Italiens, trotz der Verfehlung des<br />
Schuldenstandskriteriums eine positive Empfehlung<br />
für einen Beitritt Griechenlands <strong>zur</strong> Währungsunion<br />
zum 1. Januar 20<strong>01</strong> aus.<br />
Schweden erfüllte in der Berichtsperiode weiterhin alle<br />
Konvergenzkriterien mit Ausnahme der vorgeschriebenen<br />
Teilnahme am WKM II und hat bislang keinen offiziellen<br />
Antrag auf einen Beitritt <strong>zur</strong> Währungsunion<br />
gestellt. In Dänemark, das alle Beitrittskriterien erfüllt,<br />
gab es am 28. September <strong>2000</strong> ein Referendum über<br />
den Beitritt <strong>zur</strong> Europäischen Währungsunion. Bei hoher<br />
Wahlbeteiligung sprach sich die Bevölkerung mehrheitlich<br />
dagegen aus. Das Vereinigte Königreich erfüllt<br />
ebenfalls alle Konvergenzkriterien bis auf die Teilnahme<br />
am WKM II. Nach dem Ausgang der Volksabstimmung<br />
in Dänemark bleibt offen, ob und wann ein<br />
Referendum über die Teilnahme an der gemeinsamen<br />
Währung stattfinden wird; ein Beitrittstermin vor den<br />
Neuwahlen zum britischen Unterhaus im Jahre 2002<br />
wird von offizieller Seite ausgeschlossen.<br />
Reorganisation der Deutschen Bundesbank<br />
92. Über die Reorganisation der Deutschen Bundesbank<br />
hat die Bundesregierung in diesem Jahr noch keine<br />
endgültige Entscheidung getroffen. Wurden bislang das<br />
Modell „Vorstand“, welches die Übertragung der Aufgaben<br />
an einen einheitlichen Vorstand und eine Zentralisierung<br />
der Entscheidungsfindung vorsieht, und das<br />
Modell „Zentralbankrat neu“, das die Beibehaltung der<br />
Landeszentralbanken befürwortet, verstärkt diskutiert<br />
(JG 99 Kasten 1), so hat sich, neben dem Bundesrechnungshof,<br />
eine vom Bundesfinanzminister beauftragte<br />
Expertenkommission „Strukturreform der Bundesbank“<br />
mehrheitlich für eine Straffung der Organisationsstruktur<br />
und eine deutliche Reduzierung der Präsenz<br />
in den Regionen ausgesprochen und damit im<br />
Wesentlichen das Modell „Vorstand“ unterstützt. Auf<br />
der Ebene der Landeszentralbanken wird demgegenüber<br />
nach wie vor die Bedeutung der Verankerung<br />
geldpolitischer Entscheidungen durch das Regionalprinzip<br />
hervorgehoben, da die Region vor dem Hintergrund<br />
der fortschreitenden wirtschaftlichen und politischen<br />
Integration in Europa in Zukunft an Bedeutung<br />
gewinne. Sowohl die operativen Aufgaben vor Ort als<br />
auch die Notwendigkeit der Förderung einer breiten<br />
Akzeptanz geldpolitischer Entscheidungen in der Bevölkerung<br />
würden in Zukunft in gleicher Form bestehen<br />
bleiben und seien mittels einer dezentralen Struktur<br />
besser zu gewährleisten.<br />
Die Entscheidung über die zukünftige Organisationsform<br />
der Deutschen Bundesbank sollte sich nach Auffassung<br />
des Sachverständigenrates, wie dies bereits im vergangenen<br />
<strong>Jahresgutachten</strong> betont wurde, ausschließlich an Effizienzgesichtspunkten<br />
und der Notwendigkeit einer effektiven<br />
Mitwirkung des Präsidenten der Deutschen<br />
Bundesbank im EZB-Rat orientieren. Dies wäre bei einer<br />
straffen Leitungsstruktur am besten gewährleistet. Die<br />
Deutsche Bundesbank und damit deren Zentralbankrat<br />
hat keine geldpolitischen Kompetenzen mehr. Der mit<br />
der Europäischen Währungsunion neu definierte institutionelle<br />
Rahmen für eine einheitliche Geldpolitik erfordert<br />
für die Umsetzung der im EZB-Rat getroffenen geldpolitischen<br />
Entscheidungen, welche die wesentliche<br />
beim Europäischen System der Zentralbanken und damit<br />
in Deutschland für die Bundesbank verbliebene Aufgabe<br />
ist, keine eigenständigen Landeszentralbanken.<br />
Neuordnung der Bankenaufsicht<br />
93. Der gesetzliche Auftrag der Bankenaufsicht<br />
besteht darin, die Stabilität des Finanzsystems der<br />
Volkswirtschaft nachhaltig zu sichern, <strong>zur</strong> Vermeidung<br />
systemischer Krisen beizutragen und einen höchstmöglichen<br />
Schutz der Anleger zu gewährleisten.<br />
Gleichzeitig soll die Fortentwicklung an den Finanzmärkten<br />
nicht behindert werden. Für den Euro-Raum<br />
sind grundsätzlich zwei Organisationsmodelle vorstellbar:<br />
Im ersten Modell steht die Schaffung einer einheitlichen<br />
länderübergreifenden Bankenaufsicht auf<br />
europäischer Ebene im Vordergrund, im zweiten Modell<br />
die Organisation auf nationaler Ebene auf der<br />
Grundlage gemeinsam definierter, verbindlicher und<br />
gegenseitig anerkannter Mindeststandards. Dennoch<br />
stellt sich auch hier die Frage, wo auf der nationalen<br />
Ebene die bankaufsichtlichen Kompetenzen angeordnet<br />
werden sollen.