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Jahresgutachten 2000/01 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

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Drucksache 14/4792 – 204 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode<br />

Lieferungen sind steuerfrei, innergemeinschaftliche<br />

Erwerbe unterliegen der Umsatzsteuer. Das Steueraufkommen<br />

fällt in dem Lande an, in dem der Abnehmer<br />

seinen Standort hat. Bei Direktimporten der<br />

Konsumenten gilt dagegen – allerdings mit Ausnahmen<br />

– das Ursprungslandprinzip. Hierbei fällt das<br />

Steueraufkommen dem Land des Produzenten zu.<br />

– Im Handel mit Drittländern gilt gemäß der Regelungen<br />

der WTO/GATT das Bestimmungslandprinzip.<br />

Exporte werden beim Grenzübergang von der<br />

Umsatzsteuer entlastet, Importe unterliegen der<br />

Einfuhrumsatzsteuer. Das Steueraufkommen steht<br />

den jeweiligen Verbrauchsländern zu.<br />

378. Wollte man die geltenden Besteuerungsregeln<br />

auf die Online-Geschäfte anwenden, dann müssten<br />

beim innergemeinschaftlichen Handel im Einzelnen<br />

der Ort des Produzenten, der Ort des Käufers und die<br />

Art der Transaktion (Lieferung an einen Produzenten<br />

oder an einen Konsumenten) eindeutig geklärt werden.<br />

Bei materiellen Gütern wird dies heute über das Verfahren<br />

der Umsatzsteuer-Identifikationsnummern geregelt,<br />

das außerordentlich aufwendig und nach weithin<br />

akzeptierter Auffassung auch lückenhaft ist; zudem<br />

lädt es <strong>zur</strong> Steuerhinterziehung ein.<br />

Dieses als Übergangsregelung eingeführte Besteuerungssystem<br />

sollte bereits im Jahre 1997 durch ein endgültiges<br />

System der Umsatzbesteuerung ersetzt werden.<br />

Dabei geht es darum, <strong>zur</strong> Besteuerung nach dem Ursprungslandprinzip<br />

überzugehen, gleichzeitig aber im<br />

Unternehmenssektor den Vorsteuerabzug über die Binnengrenzen<br />

der EU hinweg zuzulassen. Die Einführung<br />

dieses so genannten Gemeinsamer-Markt-Prinzips ist<br />

bisher daran gescheitert, dass es zu einer Veränderung<br />

in der Verteilung des Umsatzsteueraufkommens führt.<br />

Über ein deshalb wohl erforderliches Clearing-System<br />

hat man sich bisher nicht einigen können.<br />

Die Besteuerung von Online-Geschäften erfordert im<br />

Binnenmarkt, dass zuvor das Gemeinsamer-Markt-<br />

Prinzip eingeführt wird. Die heutigen Wettbewerbsprobleme<br />

und die Steuerausfälle könnten möglicherweise<br />

Druck schaffen, die längst überfällige Reform nun endlich<br />

anzugehen.<br />

Bei Käufen von privaten Haushalten (Direktimporte)<br />

gilt heute schon das Ursprungslandprinzip. Bei unterschiedlichen<br />

Steuersätzen kann es zu Wettbewerbsverzerrungen<br />

und Standortverlagerungen kommen. Diese<br />

können bisher vernachlässigt werden, da sie wegen des<br />

Mindeststeuersatzes begrenzt sind und eigentlich nur<br />

im grenznahen Gebiet eine Rolle spielen. Sie werden<br />

allerdings bei Online-Geschäften größere Bedeutung<br />

erlangen, weil dabei Transportkosten praktisch nicht zu<br />

Buche schlagen. Die Einbeziehung digitaler Güter in<br />

die Besteuerung kann hier Argumente für eine stärkere<br />

Angleichung der Steuersätze in der Europäischen<br />

Union bringen.<br />

379. Völlig ungelöst ist der Fall, dass der Anbieter<br />

seinen Standort außerhalb der Europäischen Union und<br />

der Nachfrager seinen Sitz innerhalb der Europäischen<br />

Union (oder umgekehrt) hat. Derzeit gilt für diesen Bereich<br />

das Bestimmungslandprinzip mit Grenzausgleich:<br />

Exporte werden von der Umsatzsteuer entlastet,<br />

Importe dagegen mit der Einfuhr-Umsatzsteuer belastet.<br />

Damit sind Grenzkontrollen erforderlich, die bei<br />

materiellen Gütern schon aufwendig, aber immerhin<br />

möglich sind, bei Online-Geschäften dagegen unmöglich<br />

sein dürften. Auf Grenzkontrollen könnte man nur<br />

bei einem weltweiten Übergang zum Ursprungslandprinzip<br />

verzichten. Das Steueraufkommen würde dann<br />

allerdings ausschließlich dem jeweiligen Lieferland<br />

zufließen. Da die Besteuerungsregeln bei den indirekten<br />

Steuern international vereinbart sind – ursprünglich<br />

in Artikel XVI GATT –, wäre eine Änderung nur im<br />

Zuge internationaler Vereinbarungen im Rahmen der<br />

Welthandelsordnung möglich.<br />

Die EU-Kommission schlägt in einem Richtlinien-Entwurf<br />

einen anderen Weg vor, der auf die Beibehaltung<br />

des Bestimmungslandprinzips hinausläuft. Geplant ist<br />

eine Registrierungspflicht für Lieferanten: Anbieter im<br />

elektronischen Geschäftsverkehr, die in die Europäische<br />

Union liefern, sollen sich in einem EU-Staat registrieren<br />

lassen und dann dort steuerpflichtig sein. Ungeklärt<br />

ist allerdings, wie man Anbieter aus Drittländern<br />

dazu veranlassen kann, sich registrieren zu lassen. Zudem<br />

müssten auch europäische Anbieter in Drittländern<br />

registriert werden. Bei diesem Vorschlag hat offenbar<br />

die derzeitige Regelung für die umsatzsteuerrechtliche<br />

Behandlung des innergemeinschaftlichen Versandhandels<br />

Pate gestanden: Versandhäuser müssen in den EU-<br />

Ländern, in die sie liefern, Agenten bestellen, die für die<br />

ordnungsgemäße Versteuerung der Lieferungen gemäß<br />

Bestimmungslandprinzip sorgen. Ebenso wie für diese<br />

Lösung eine (einstimmig beschlossene) EU-Richtlinie<br />

erforderlich war, müsste man für die Registrierung der<br />

Anbieter eine internationale Vereinbarung treffen. Zudem<br />

ergibt sich ein weiteres EU-internes Problem: Anbieter<br />

aus Drittländern würden sich in einem Land mit<br />

niedrigen Umsatzsteuersätzen registrieren lassen, was<br />

wiederum Kontroversen um die Verteilung des Umsatzsteueraufkommens<br />

nach sich ziehen würde. In diesem<br />

Zusammenhang wird von französischer Seite verlangt,<br />

dass sich Anbieter aus Drittländern in allen EU-Ländern,<br />

in die sie liefern, registrieren lassen müssen. Daran<br />

droht der Richtlinien-Entwurf der Kommission bereits<br />

zu scheitern.<br />

380. Probleme der Besteuerung im Rahmen des elektronischen<br />

Geschäftsverkehrs treten auch bei der Ertragsbesteuerung<br />

auf. Sie knüpft an der inländischen<br />

Betriebsstätte an. Vor diesem Hintergrund wird derzeit<br />

diskutiert, ob bereits die Errichtung eines Verkaufsservers<br />

oder einer Internetseite eines ausländischen Unternehmens<br />

als inländische Betriebsstätte angesehen<br />

werden kann und damit eine inländische Steuerpflicht<br />

ausgelöst wird. Umgekehrt wird bei einem inländischen<br />

Unternehmen durch die Verlagerung der Geschäftsvorgänge<br />

auf einen Server im Ausland die Steuerpflicht<br />

des Unternehmens im Ausland begründet;

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