Jahresgutachten 2000/01 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 127 – Drucksache 14/4792<br />
Empirische Untersuchungen, insbesondere des Instituts<br />
für Wirtschaftsforschung Halle, lassen erkennen, dass der<br />
Einsatz von Arbeitsbeschaffungs- und Weiterbildungsmaßnahmen<br />
die Chancen einer Wiedereingliederung in<br />
den ersten Arbeitsmarkt für die Teilnehmer nicht verbessert,<br />
sondern eher verschlechtert hat. Mit Blick auf die<br />
Herausforderungen, vor die die aktive Arbeitsmarktpolitik<br />
in Ostdeutschland insbesondere in den ersten<br />
Transformationsjahren gestellt wurde, ist dennoch eine<br />
modifizierte und differenzierende Beurteilung der Beschäftigungsergebnisse<br />
dieser Politik angezeigt. Der Einsatz<br />
von Arbeitsbeschaffungs- und Weiterbildungsmaßnahmen<br />
war nämlich in den Anfangsjahren vielfach die<br />
einzige Möglichkeit, den Kontakt zum ersten Arbeitsmarkt<br />
nicht vollends zu verlieren. Bedenklich muss aber<br />
stimmen, dass die Ergebnisse im Wesentlichen auch für<br />
den Zeitraum ab dem Jahre 1994 gelten, als die aktive Arbeitsmarktpolitik<br />
auf eine stärkere Zielgruppenorientierung<br />
einschwenkte.<br />
V. Hoffnungsträger Neue Ökonomie?<br />
198. Mit der Neuen Ökonomie verbinden sich die<br />
Hoffnungen und Erwartungen, dass der Wachstumspfad<br />
des Produktionspotentials als Folge permanent<br />
gestiegener Zuwachsraten der Produktivität dauerhaft<br />
höher liegen kann. Hierfür sorgen zum einen der technische<br />
Fortschritt im Bereich der Informations- und<br />
Kommunikationstechnologien (IuK-Technologien), zum<br />
anderen die Anwendung dieser neuen Technologien als<br />
Querschnittstechnologien in nahezu allen Bereichen<br />
der Wirtschafts- und Arbeitswelt. Zusätzliche Wachstumspotentiale<br />
entstehen, indem über eine Verringerung<br />
der Transaktionskosten und der Markteintrittsbarrieren<br />
der globale Wettbewerb gefördert sowie der<br />
Aufbau von Netzwerken ermöglicht werden. Wenn<br />
diese Potentiale ausgeschöpft werden, dann kann es zu<br />
einem nachhaltigen Anstieg der Beschäftigung kommen.<br />
Die gesamtwirtschaftlichen Wirkungen lassen<br />
sich gegenwärtig am Beispiel der Vereinigten Staaten<br />
veranschaulichen.<br />
Neue Technologien und Produktivitätsfortschritt<br />
in den Vereinigten Staaten<br />
199. Die Vereinigten Staaten befinden sich seit nunmehr<br />
fast zehn Jahren im konjunkturellen Aufwind. Es<br />
ist dies die längste Aufschwungsphase in der jüngeren<br />
Geschichte des Landes. Ungewöhnlich ist, dass die<br />
Fortschrittsrate der Arbeitsproduktivität nicht nur<br />
beachtlich ist, sondern sich mit zunehmender Länge<br />
der konjunkturellen Aufwärtsbewegung noch beschleunigt<br />
hat (Schaubild 34, Seite 128). Bemerkenswert<br />
ist zudem, dass im Unterschied zu früheren Expansionsphasen<br />
keine nennenswerten inflationären<br />
Verspannungen aufgetreten sind und dies, obwohl die<br />
Arbeitslosenquote einen historischen Tiefstand erreicht<br />
hat (Exkurs II: Phillipskurve und Neue Ökonomie,<br />
Ziffern 235 ff.).<br />
200. Das Besondere an der Produktivitätsentwicklung<br />
in den Vereinigten Staaten wird deutlich, wenn der<br />
Betrachtungszeitraum auf die letzten 25 Jahre ausgedehnt<br />
wird. Über den größten Teil des Zeitraums 1974<br />
bis 1999 verzeichnete die Produktivität, gemessen am<br />
Bruttoinlandsprodukt pro Arbeitsstunde im privaten<br />
Unternehmensbereich ohne Landwirtschaft, relativ<br />
niedrige Zuwachsraten (Schaubild 35, Seite 129). Seit<br />
dem Jahre 1996 ist eine Beschleunigung der Produktivitätsentwicklung<br />
zu beobachten, mit einer Trendzunahme<br />
von 1,4 vH im Zeitraum 1974 bis 1995 auf 2,5<br />
vH in den Jahren danach. Das Jahr 1996 wird im Allgemeinen<br />
als Zäsur in der Entwicklung angesehen und<br />
mit den ersten sichtbaren Auswirkungen der Neuen<br />
Ökonomie in Verbindung gebracht. Die höheren Zuwachsraten<br />
der Produktivität schlagen sich auch in einem<br />
schnelleren Wachstum des Produktionspotentials<br />
nieder. Dessen Wachstumsrate, die im Durchschnitt der<br />
Jahre 1974 bis 1995 nach Schätzungen der OECD<br />
knapp 3,0 vH betrug, erhöhte sich in der zweiten Hälfte<br />
der Neunzigerjahre um einen halben Prozentpunkt.<br />
2<strong>01</strong>. Der Zusammenhang zwischen dem Produktivitätsanstieg<br />
einerseits und dem technischen Fortschritt<br />
im IuK-Bereich sowie einem verstärkten und breiteren<br />
Einsatz dieser Technologien auch in anderen Sektoren<br />
der Volkswirtschaft andererseits ist modelltheoretisch<br />
wohlbegründet.<br />
Üblicherweise wird ein neoklassisches Wachstumsmodell herangezogen<br />
und eine Cobb-Douglas-Produktionsfunktion unterstellt<br />
mit den typischen vereinfachenden Annahmen konstanter<br />
Skalenerträge und positiver und abnehmender<br />
Grenzproduktivitäten der Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital,<br />
wobei Kapital hier in IuK-Kapital und übriges Kapital<br />
unterteilt wird. Hinzu kommt die Annahme vollkommenen<br />
Wettbewerbs auf den Faktor- und Gütermärkten, so dass IuK-<br />
Kapital, übriges Kapital und Arbeit zu ihren Grenzproduktivitäten<br />
entlohnt werden und die Anteile der Faktoreinkommen<br />
am Einkommen insgesamt den Produktionselastizitäten der<br />
jeweiligen Produktionsfaktoren (=, > beziehungsweise 1-=->)<br />
entsprechen. Zu einem Anstieg der gesamtwirtschaftlichen<br />
(Arbeitsproduktivität (C) kann es aufgrund einer Erhöhung<br />
der Kapitalintensität (k IuK beziehungsweise k x ) sowie aufgrund<br />
technischen Fortschritts kommen. Letzterer kann als<br />
neutraler technischer Fortschritt (g A ) auftreten, der bei einer<br />
Cobb-Douglas-Funktion die Effizienz aller Produktionsfaktoren<br />
in gleichem Maße erhöht. Er wird nach der Methode des<br />
Growth Accounting als Restgröße zwischen dem Produktivitätsfortschritt<br />
(gC) und der mit den Anteilen der jeweiligen<br />
Kapitaleinkommen am Bruttoinlandsprodukt gewichteten Zuwachsrate<br />
der Kapitalintensität (=g kIuK +>g kx ) gemessen.<br />
Der neutrale technische Fortschritt beinhaltet unter anderem<br />
eine Erhöhung der Produktivität bei der Produktion von Computern<br />
(und von Mikrochips). Diese werden als Anstieg des<br />
neutralen technischen Fortschritts im Computerbereich<br />
(Gg A ) separat modelliert, wobei G der Anteil des Computerbereichs<br />
am Bruttoinlandsprodukt ist. Daraus ergibt<br />
c<br />
sich:<br />
g = g > g Gg<br />
( 1G<br />
) g<br />
y<br />
kIuK<br />
k x<br />
Ac<br />
ist demnach der Teil des gesamtwirtschaftlichen Produktivitätsfortschritts,<br />
welcher sich weder durch die Produkti-<br />
Ax