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Heft 02 Heft_02_2009.indb 1 16.2.2009 12:14:08 Uhr - qubus

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Wenn ich das arabische Schriftbild als Illustrator beschreibe,<br />

rede ich von einer verspielten Landschaft oder von einem üppigen<br />

Garten, in dem verschiedene Insekten tanzen und die Ranken der<br />

Pflanzen ihre Wege suchen. Als Grafiker hingegen achte ich auf<br />

die Ausführung der klaren Linie. Ich bewundere dabei die handwerkliche<br />

Präzision und bestaune die abstrakte Figurenwelt in den<br />

Zeichen. Die arabische Kalligrafie ist für mich Grafikdesign und<br />

Zeichnung in einem Paket. Dieses Paket wurde zu meiner privaten<br />

Denkplattform, welche weder einem wechselnden Trend noch Originalitätsdruck<br />

noch einem Kunstanspruch unterliegt. Während<br />

der Künstler im Motiv und in der Themenwahl über eine uneingeschränkte<br />

Beliebigkeit verfügt, habe ich als Kalligraf den Vorteil,<br />

gleich einem Musiker, auf ein vorgegebnes Schriftensystem zurückgreifen<br />

zu können. Die Kalligrafie ist mein Werkzeug und die<br />

Schrift stellt das Motiv. Diese radikale Kanalisierung gefällt mir.<br />

So wurde der Weg zum Forscher und Entdecker frei. Ich wiederhole<br />

Schriften von Meistervorlagen, um zu lernen als wäre ich ein<br />

Musiker, der die Partitur eines Komponisten abspielt. Sobald ich<br />

mich sicher fühle, beginne ich mit den Tonleitern des Alphabets<br />

zu komponieren. Meine Beschäftigung mit der arabischen Kalligrafie<br />

öffnet mir übrigens im Orient Türen, hinter denen ich im<br />

Austausch mit den Einheimischen viele schöne Momente erlebe<br />

und neue Erkenntnisse gewinne.<br />

Das Hörbare sichtbar machen<br />

Die sinngemässe Übersetzung eines arabisches Sprichwortes lautet:<br />

«Wäre die Malerei eine Art sichtbare Poesie ohne zu tönen, und<br />

wäre die Poesie eine Art hörbare Malerei ohne bildliche Darstellung,<br />

dann müsste die Kalligrafie das Werkzeug des Dichters sein,<br />

welches das Hörbare zum Sichtbaren macht» (Quelle unbekannt,<br />

Abb. 1). Das Werkzeug der arabischen Kalligrafie ist präzis wie ein<br />

Instrument eines Chirurgen. Ich suche ein Schilf- oder ein Bambusrohr<br />

und schneide dessen Spitze zu einer breiten Fläche ab, damit<br />

diese einem Markerstift gleicht. Die ideale Neigung des Rohres<br />

in meiner Hand und die gelöste Haltung des Körpers spielen eine<br />

<strong>Heft</strong>_<strong>02</strong>_<strong>2009.indb</strong> 190<br />

<strong>16.2.2009</strong> <strong>12</strong>:<strong>14</strong>:47 <strong>Uhr</strong>

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