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Heft 02 Heft_02_2009.indb 1 16.2.2009 12:14:08 Uhr - qubus

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300<br />

Evokation gerichtet ist; auf eine Sprache, die ihre eigenen Gesetze,<br />

ihre eigenen Codes, wahrnehmbar in sich tragend verwirklicht<br />

und selbst befragt; auf eine Sprache, die sich selbstreferentiell<br />

und autoreflexiv gebärdet; auf eine Sprache, die sich weder schematisieren,<br />

noch endgültig übersetzen, noch fassen läßt, sondern<br />

für die jedes an sie gerichtete Wort ein zusätzlicher Kommentar,<br />

etwas Neues, Anderes, immer auch Verfehlendes und Verfehltes<br />

ist. Dabei wird man zwangsläufig immer wieder an eine Grenze<br />

stoßen, an eine Grenze des Kommunizierbaren, eine Grenze der<br />

Sprache. «Ceci n›est pas une pipe.»<br />

LEKTÜRE ALS ARTIKULATION<br />

Der Leser<br />

Betrachtet man die künstlerischen Arbeiten – wie dies bisher geschah<br />

– als Artikulationen, so wird der Betrachtende zum Leser.<br />

Michel de Certeau 53 (1991, 295f) definiert den Ort des Lesers<br />

als einen «Nicht-Ort». Der Terminus erinnert keineswegs zufällig<br />

an Foucaults Beschreibung von Sprache als «Un-Ort». Der<br />

Leser, so Certeau, «hat keinen festen Boden unter den Füßen und<br />

schwankt zwischen dem, was er erfindet, und dem, was ihn verändert»<br />

(Certeau 1991, 297). Die Lektüre wird, so gesehen, zum<br />

Prozeß, in dem beide Seiten sich verändern. Der Leser ergeht sich<br />

im Werk seiner Aufmerksamkeit, ordnet es seinem Schritt, seinen<br />

Bewegungen und seiner Perspektive gemäß, stößt auf Widerstände,<br />

Hindernisse, muß Umwege nehmen, verirrt sich, kommt auf<br />

Holzwege, findet Wegweiser usw. Der Leser wird zum Wanderer.<br />

Er ordnet und wird geordnet, er prägt und wird geprägt – im<br />

Durchgang. «Der Leser / Betrachter wird ... aus der reservierten<br />

Distanz ... mitten ins Text-Bild hineingelockt.» (Weiss 1990, 66)<br />

Ähnlich formuliert auch Peter Bichsel 54 (1989, 29): «Lesen ist für<br />

mich ... Eintritt in eine Gegenwelt – ... Mich selbst oder meine<br />

Lage darin zu erkennen, das ist ... eine nachträgliche Sache. Im<br />

Augenblick des Lesens ist es immer das Andere, das mein Verhalten<br />

bestimmt. Ich verspüre beim intensiven Lesen ein leichtes<br />

Abheben vom Boden, das sich steigern kann bis zum Gefühl der<br />

<strong>Heft</strong>_<strong>02</strong>_<strong>2009.indb</strong> 300<br />

<strong>16.2.2009</strong> <strong>12</strong>:15:<strong>02</strong> <strong>Uhr</strong>

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