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Samuel Schütz
«9/11» in Mednipure, Indien
Wie Kino ist es, wenn in Dörfern West Bengalens Sänger ihre audiovisuellen
Shows vortragen. Singend oder rezitierend rollen sie
gleichzeitig zum Text ihre Bildrollen ab.
Der Ursprung dieser Art von Unterhaltung reicht mehr als 1000
Jahre zurück und zu den traditionellen mythologischen oder religiösen
Themen sind in neuerer Zeit viele mit Gegenwartsbezug entstanden.
Neben Liebesgeschichten, Bildrollen über lokale Mordfälle
und Flutkatastrophen oder Erdbeben gibt es eine ganze Reihe
sogenannter «Social Pats 1 ».
«Im Kummer geboren, vom Schicksal gezeichnet bin ich; mein Leben
war nichts als Leid, oh Gott – oh! Mein verrückter Geist! (...)
Und so verlief mein Leben: Mein ältester Onkel lehrte mich zeichnen,
Grossvater lehrte mich singen; sie nahmen mich mit in die Dörfer.
Nachdem ich vier, fünf Lieder kannte, ging ich allein in die Dörfer;
viel Reis und viele Münzen brachte ich nach Hause, und unsere
Armut nahm ab. 2 »
Die Tradition des Malens und Singens wird innerhalb der Patua 3 -
Familien weitergegeben. Kinder kopieren zunächst spielerisch
einzelne Figuren aus den Pats ihrer Eltern oder Geschwister, mit
zunehmender Übung Einzelbilder oder ganze Sequenzen. So entsteht
ein für Aussenstehende erkennbare «Familienstil» mit charakteristischen
Figurenmerkmalen oder einer bestimmten Farbigkeit.
Der Altmeister Dukhushyam Chitrakar, von dem die obigen
Liedzeilen stammen, hat mehr als 120 eigene Lieder komponiert.
Er lehrte in den neunziger Jahren auch einigen Frauen aus dem
Dorf Naya 4 Bildrollen zu malen und zu singen. Swarna Chitra-
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