Heft 02 Heft_02_2009.indb 1 16.2.2009 12:14:08 Uhr - qubus
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22<br />
Die «Episteme» einer Zeit ist «das dem alltäglichen Wissen, der Wissenschaft und der Philosophie<br />
einer Epoche zugrundeliegende, kognitive Ordnungsschema» (Fink-Eitel 1989, 38) Foucault<br />
diagnostiziert zwei große Diskontimitaten in der Episteme der abendländischen Kultur:<br />
1. Renaissance: Ähnlichkeit<br />
2. (ab ca. 1650) Klassisches Zeitalter: Repräsentation<br />
3. (ab ca. 1800) Moderne: Mensch<br />
Die epistemischen Entwicklungen laufen nicht kontinuierlich, sondern diskontinuierlich und<br />
über harte Brüche.<br />
23<br />
vgl. Boehm 1995, 23f<br />
24<br />
«Auf der archäologischen Ebene sieht man, daß das System der Positivitäten sich an der<br />
Wende vom achtzehnten zum neunzehnten Jahrhundert auf massive Weise gewandelt hat. Das<br />
heißt nicht, daß die Vernunft Fortschritte gemacht hat, sondern daß die Seinsweise der Dinge<br />
und der Ordnung grundlegend verändert worden ist, die die Dinge dem Wissen anbietet,<br />
indem sie sie aufteilt.» (Foucault 1971, 25)<br />
25<br />
Die Legitimität für diesen Gedanken-Sprung hole ich mir von Foucault selbst. Ich verlasse<br />
seinen Denk-Zusammenhang in der «Ordnung der Dinge» für einen Moment, überspringe<br />
seine kompliziert entwickelte Kritik an den Humanwissenschaften, an denen er eine zweifelhafte<br />
Rationalität und letztlich auch Unwissenschaftlichkeit diagnostiziert, und begebe mich<br />
zu Foucaults eigener Hoffnung, den von ihm vorgeschlagenen «Gegenwissenschaften». Zu<br />
diesen zählt er neben der Ethnologie (Levi-Strauss), vor allem die Psychoanalyse (Lacan) und<br />
die Linguistik (v.a.Saussure). Mit ihnen denkend, will Foucault die humanwissenschaftliche<br />
Subjektphilosophie, die eine Subjcktzentrierung ist, überwinden.<br />
26<br />
Foucaults Strategie ist, Gefahren durch Analysen aufzudecken, um sie zu bekämpfen.<br />
27<br />
Mit der Konzeption von Sprache als Artikulation ist ein Grundproblem abendländischen<br />
Denkens berührt. Hermann Lang unterscheidet grundsätzlich zwei Traditionen: Da ist einmal<br />
jene Tradition «von Platon über Hegel bis zu Husserl und der neopositivistischen Philosophie,<br />
die Sprache, das Wort, als etwas Konzipiertes, das zu einer bereits bestehenden Idee, Vorstellung<br />
Bedeutung hinzutritt und diesem Vorgegebenen Ausdruck gibt. Auch Freud reiht sich in<br />
diese Tradition» (Lang 1986, II). Ihr gegenüber steht eine andere Tradition, «die vom ersten<br />
Satz des Johannes-Evangeliums und der aristotelischen Bestimmung des Menschen als desjenigen<br />
Lebewesens, das Sprache hat, über die Sprachwissenschaft Wilhelm von Humboldts<br />
bis zur philosophischen Hermeneutik Heideggers und Gadamers sowie zur Linguistik eines<br />
Whorf reicht» (Lang 1986, 11I). In dieser Tradition drückt Sprache nicht etwas Vorgegebenes<br />
aus, «ist vielmehr Artikulation für dieses Vorgegebene selbst, konstitutiv für menschliches<br />
Dasein überhaupt» (Lang 1986, 111, Hervorh. E.S.). In diese Tradition schreiben sich auch<br />
Foucault und die französischen Strukturalisten ein.<br />
28<br />
Magritte war, wie Gottfried Boehrn (1995, 29) konstatiert, sicherlich nicht daran interessiert,<br />
«erkenntniskritische Probleme mit den Mitteln der Malerei zu illustrieren. ... Es ging<br />
ihm darum, in der sichtbar gewordenen Lücke, dort wo die Differenz zwischen ikonischen<br />
Zeichen und bezeichneter Sache aufklafft, die Erfahrung einer entgrenzten, schlechterdings<br />
vorsprachlichen Wirklichkeit zu stimulieren. ... Er nennt diesen anderen Zustand der Realität<br />
das Mysterium. Seiner logischen Struktur nach ist er kein irrationaler Ausbruch, sondern jenes<br />
Ganze, das sich dann zeigt, wenn wir über die Grenzen von Bild und Sprache, vom Künstler<br />
kundig gelenkt, einen kurzen Blick hinaus tun. Die Störung der Referenz, die bis zur Kluft<br />
vertiefte Distanz von Wort und Bild bedeutet für Magritte (und darin ist er ein typischer<br />
Moderner) eine Erkenntnischance, eine Erweiterung der bekannten Welt.»<br />
29<br />
«... für das Reale, in welche Unordnung man es auch immer bringt, befindet es sich immer<br />
und in jedem Fall an seinem Platz, es trägt ihn (den Ort, den Platz, E.S.) an seiner Sohle mit<br />
sich fort, ohne daß es etwas gibt, das es aus ihm verbannen könnte» (Lacan 1973, 24).<br />
<strong>Heft</strong>_<strong>02</strong>_<strong>2009.indb</strong> 3<strong>08</strong><br />
<strong>16.2.2009</strong> <strong>12</strong>:15:03 <strong>Uhr</strong>