31.12.2014 Aufrufe

Heft 02 Heft_02_2009.indb 1 16.2.2009 12:14:08 Uhr - qubus

Heft 02 Heft_02_2009.indb 1 16.2.2009 12:14:08 Uhr - qubus

Heft 02 Heft_02_2009.indb 1 16.2.2009 12:14:08 Uhr - qubus

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

322<br />

Ebenso wie in den anderen Sälen spürt man auch hier ganz<br />

deutlich die Zweischneidigkeit im Expositionsdiskurs des<br />

AMNH: Die nach Vollendung strebende Nachahmung der Natur<br />

(»Sieh her! Genauso ist es!«) rückt sich durch ebendiese Zielsetzung<br />

(»Das zeige ich dir!«) in den Vordergrund. Andere und weniger<br />

auffällige Elemente, potentielle Sprechakte, stehen in einem<br />

Spannungsverhältnis zu dieser Hauptsache. Die geschickte, aber<br />

rigoros künstliche Malerei, das Schutzglas, die säuberliche Trennung<br />

der Arten und die im Vergleich mit den Tieren beschränkte<br />

Grösse der Umgebung machen einem ständig bewusst, dass es sich<br />

bei dieser »Natur« um eine Darstellung handelt.<br />

Aber der Effekt des Realen versöhnt die beiden Diskurse miteinander.<br />

Das ist eine Form der »Wahrheitsrede«, jenes Diskurses,<br />

der die Wahrheit, der sich der Betrachter unterwerfen soll, in Anspruch<br />

nimmt, indem er die bereitwillige Ausserkraftsetzung des<br />

Zweifels, welche die Macht der Fiktion regiert, gutheisst. Für den<br />

Besucher, der durch diesen Saal eintritt, legt der Diskurs des Realismus<br />

die Bedingungen fest, unter denen der Vertrag zwischen Betrachter<br />

oder Leser und Museum oder Geschichtenerzähler gilt.<br />

Am anderen Ende dieses Raums öffnet sich die Tür zum Saal<br />

der asiatischen Völker. Im Rahmen des im Saal der asiatischen<br />

Säugetiere erzielten mimetischen Erfolgs des Realismus wirkt der<br />

Übergang von dieser kulturell aufbereiteten »Natur« zur Kultur<br />

als Natur – von den Säugetieren zu den Völkern – natürlich zuinnerst<br />

problematisch. Das offenkundigste Problem ist das Nebeneinander<br />

von Tieren und fremden menschlichen Kulturen. Die<br />

Zugangstür zwischen den beiden Sälen ist als Schwelle semiotisch<br />

aufgeladen. An dieser Schwelle macht der Unterschied zwischen<br />

kolonialer Vergangenheit und postkolonialer Gegenwart verschiedene<br />

Sinnstiftungen möglich.<br />

Im Fall dieser beiden asiatischen Abteilungen gibt es ein Zeichen<br />

für ein Bewusstsein von der Notwendigkeit eines Übergangs.<br />

Die Ebene der Signale erreicht es aber nicht, sondern es bleibt auf<br />

der Ebene der Symptome. Registriert wird dieser Übergang von<br />

einem kleinen Schaustück, das sich im Saal der asiatischen Säugetiere<br />

am äussersten rechten Ende – zwischen dem indischen Rhi-<br />

<strong>Heft</strong>_<strong>02</strong>_<strong>2009.indb</strong> 322<br />

<strong>16.2.2009</strong> <strong>12</strong>:15:05 <strong>Uhr</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!