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Heft 02 Heft_02_2009.indb 1 16.2.2009 12:14:08 Uhr - qubus

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346<br />

Weihnachtsszene verwechseln. Da diese Figur ein wenig hinter der<br />

Jungfrau steht und so platziert ist, dass sie auf eine ergebene Opfergabe<br />

hindeutet, verweist die visuelle Syntax keineswegs auf die<br />

religiöse Begabung der Afrikaner.<br />

Das ist ein Effekt der visuellen Syntax. Die Botschaft dieser<br />

Verknüpfung bezieht sich eher auf die Unterwerfung unter das<br />

Christentum als auf die Begabung zur Anpassung. Die Madonna<br />

steht im Mittelpunkt, und das Ensemble ist das größte visuelle<br />

Element in dieser Vitrine. Außerdem ist es als einziges unmittelbar<br />

figurativ und folglich das einzige erkennbare visuelle Element,<br />

dessen unverkennbare Botschaft daher »Primat des Christentums«<br />

lautet. Das afrikanische Element wird zwar gezeigt, mit<br />

syntaktischen Mitteln aber unsichtbar gemacht.<br />

Bei der negativsten Lesart dieser Sequenz – die keineswegs die<br />

einzig mögliche darstellt – wird der Besucher auf Solidarität mit<br />

der moralischen Richtigkeit und Rechtschaffenheit eingestimmt,<br />

die in der einrahmenden Aussentafel zum Ausdruck gebracht werden,<br />

nur um dann in eine narzisstische Reflexion über das von<br />

»uns« gestaltete Afrika verstrickt zu werden, bei der es mehr um<br />

die westliche Expansion geht als um das, was durch sie geopfert<br />

wurde. Da es unterlassen wird, diese Spiegelung eindringlich zum<br />

Bewusstsein zu bringen – indem z. B. darauf verzichtet wird, Spiegel<br />

anzubringen, um den Betrachter visuell einzubeziehen und es<br />

»dir« damit zu ermöglichen, zeitweilig zum »Ich« zu werden –,<br />

könnte der Inhalt des konstativen Sprechakts dazu führen, dass<br />

die kritische Botschaft völlig negiert wird.<br />

Diese dreifache Einleitung rahmt den Hauptteil des Saals ein,<br />

in dem die verschiedenen Völker in der traditionellen Manier der<br />

frühen anthropologischen Forschung dargestellt werden. Die Verbindung<br />

der als realistische Details präsentierten echten Artefakte<br />

mit lebensgrossen Puppen, die in erstarrter Haltung Andersheit<br />

repräsentieren, gehört offenbar mit zu dem, was das Museum in<br />

seiner metamusealen Funktion bewahren muss. Hier fügen die<br />

Tafeln mit ihrem sachlichen Text keine andere Dimension hinzu,<br />

keine Kritik und kein Selbstbewusstsein. Die semiotische<br />

Einstellung des Besuchers bleibt daher in der Schwebe. Freilich,<br />

<strong>Heft</strong>_<strong>02</strong>_<strong>2009.indb</strong> 346<br />

<strong>16.2.2009</strong> <strong>12</strong>:15:<strong>08</strong> <strong>Uhr</strong>

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