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Heft 02 Heft_02_2009.indb 1 16.2.2009 12:14:08 Uhr - qubus

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230<br />

Bei der Besprechung mit dem Lehrer stellten wir die Hypothese<br />

auf, dass Urs seine Depression nach aussen hin überspiele, «ausagiere»,<br />

und auf unglückliche Weise Zuwendung und Halt bei ihm<br />

und den Kameraden suche. Diese Vermutung bestätigte sich in<br />

der Folge. Dem Lehrer gelang es, wieder eine andere Einstellung<br />

gegenüber Urs zu finden. Die Baumzeichnung habe ihm die Augen<br />

geöffnet für die innerpsychische Not des Knaben.<br />

In den ersten Lebensjahren konnten die Eltern Urs die Geborgenheit<br />

geben, die er brauchte. In Zusammenhang mit dem beruflichen<br />

Aufstieg des Vaters lebten sich die Eltern zunehmend<br />

auseinander. Die Mutter trank heimlich und in immer grösseren<br />

Mengen Alkohol. Sie ist heute kaum mehr fähig, den Haushalt<br />

selber zu besorgen. Urs, ein intelligenter und feinfühliger Knabe,<br />

schämte sich wegen seiner Mutter. Er wagte aber nicht, seine Sorgen<br />

und Nöte anderen Menschen anzuvertrauen. Er suchte Halt<br />

bei seinem Vater, der aber wegen seiner vielen beruflichen und<br />

anderen Verpflichtungen kaum Zeit für ihn hatte. Symbolisiert<br />

das Haus, das Urs im Hintergrund darstellt, den Verlust der familiären<br />

Geborgenheit<br />

In der Vorpubertät und Pubertät bemühen sich die Jugendlichen<br />

mit Licht und Schatten, oft auch mit ellipsenförmigen Strukturen<br />

(siehe Darstellung von Willi), Stamm und Äste plastisch zu gestalten.<br />

Die Plastizität greift allmählich auf den ganzen Baum über.<br />

Die Jugendlichen lassen jetzt die Seitenäste nicht nur nach links<br />

und rechts, sondern auch gegen den Betrachter abzweigen. In Heidis<br />

Darstellung erkennen wir, dass zusätzlich Äste in die Raumtiefe<br />

wachsen. Sie versucht also, die Kugelform der Baumkrone in allen<br />

Dimensionen darzustellen. Neben Licht und Schatten kommt<br />

als neues graphisches Mittel die Oberflächenstruktur hinzu.<br />

In den Baumzeichnungen widerspiegelt sich oft sehr eindrucksvoll<br />

der Prozess der Identitätsfindung. Es gibt Jugendliche, die<br />

schon einen eigenen Stil, eine ganz «persönliche Handschrift»<br />

haben, und andere, die noch stark auf der Such nach ihrem eigenen<br />

Ich sind und die sich auch beim Zeichnen «auf keine Äste»<br />

hinauswagen.<br />

<strong>Heft</strong>_<strong>02</strong>_<strong>2009.indb</strong> 230<br />

<strong>16.2.2009</strong> <strong>12</strong>:<strong>14</strong>:55 <strong>Uhr</strong>

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