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Heft 02 Heft_02_2009.indb 1 16.2.2009 12:14:08 Uhr - qubus

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denkbar<br />

Position bezeichnet mit räumlichen Mitteln die Distanz, die die<br />

heutigen Kuratoren gegenüber dem vor etwa fünfzig Jahren entworfenen<br />

Saal wahren. Damit beginnt eine semantische Anreicherung<br />

des deiktischen, schwer zu greifenden »Ich« durch räumliche<br />

Entfernung. Durch Abstandnahme wird Differenz geschrieben. 20<br />

Der Sinn der Abstandnahme beruht allerdings auf der Syntax des<br />

Museums. Die Tafel als solche deutet auf ein kritisches Vorhaben<br />

hin: auf eine Erklärung der Probleme der vielrassigen Gesellschaft<br />

von heute durch Hinweis auf ihre Wurzeln im Kolonialismus. Diese<br />

Kritik könnte funktionieren, wenn sie im Gesamtbereich der<br />

Exponate durchgehalten würde. Wird diese Selbstkritik im inneren<br />

des Saals allerdings nicht fortgesetzt, bleibt sie ein Vorwort, dessen<br />

räumliche Position ausserhalb des Saals seine ideologische Position<br />

als Einrahmung des Geschehens im Saal mittels einer Entschuldigung<br />

widerspiegelt. Das Problem lässt sich mit dem des Zitats – des<br />

indirekten Diskurses innerhalb einer Erzählung – vergleichen. Der<br />

Erzähler, hier die gegenwärtige Inkarnation des expositorischen<br />

Akteurs, »zitiert« den deskriptiven Diskurs im Inneren des Saals:<br />

die Schaukästen. Zitate werden in narrativen Texten durch den<br />

sogenannten »zuschreibenden Diskurs« (Prince) eingeführt oder<br />

abgeschwächt. Der zuschreibende Diskurs erfüllt eine doppelte<br />

Funktion: Er schreibt das Zitat einem Sprecher zu und schränkt<br />

den Inhalt des Zitats ein. Wäre diese Tafel die einzige Einführung,<br />

würde sein Abstand im Verhältnis zum Saal dazu beitragen, diese<br />

Zuschreibung zu neutralisieren.<br />

Diese Tafel ist aber nur ein erster Schritt innerhalb einer verwickelten<br />

Gruppierung von Rahmen. Die Einrahmung ist hier so<br />

nachdrücklich und so vertrackt, dass das Dilemma des Subjekts<br />

durchscheint. Eingerahmt wird der Eingang darüber hinaus durch<br />

zwei helle Vitrinen, deren Rhetorik sich die zweite der vom Museum<br />

benutzten Formen der Wahrheitsrede – den wissenschaftlichen<br />

Diskurs – zu eigen macht. Weit hinten im dunklen Saal erblickt<br />

man schon eines der realistisch gestalteten Schaustücke, und<br />

der Gegensatz ist frappierend (als Beispiel siehe Abbildung 5). 21<br />

Die einführenden Exponate am Eingang – »Familie« rechts und<br />

»Gesellschaft« links – präsentieren dreidimensionale graphische<br />

<strong>Heft</strong>_<strong>02</strong>_<strong>2009.indb</strong> 341<br />

<strong>16.2.2009</strong> <strong>12</strong>:15:07 <strong>Uhr</strong>

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