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Das Jugendkriminalrecht vor neuen Herausforderungen?

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JUNGE INTENSIV- UND MEHRFACHTÄTER 95<br />

Württemberg) legen Ressorts übergreifende Konzepte <strong>vor</strong>, die repressive und präventive<br />

Maßnahmen kombinieren. „Ein Hauptaugenmerk richtet sich anscheinend jeweils<br />

darauf, die Anstrengungen aller beteiligten Behörden zu koordinieren und dadurch<br />

verstärkt auf die betroffenen Personen und ihre Familien zuzugreifen“ 20 .<br />

Gefordert sind hier insbesondere Schule und Jugendhilfe, für die diese „schwierigen<br />

Jugendlichen“ eine wenig geliebte Klientel sind (Walter 2008, 138) und die auch<br />

von den Kommunen in den letzten Jahren für diese Ausgabe nicht entsprechend personell<br />

und finanziell ausgestattet worden sind: „Kommunen, die in den letzten Jahren<br />

an der Jugendhilfe gespart haben, haben an der falschen Stelle gespart“ (Heinz 2008a,<br />

17).<br />

In der Forschung ist unbestrittenen, dass – orientiert an der Komplexität der Problemlagen<br />

– vielfältige und differenzierte Reaktionen und Interventionen erforderlich<br />

seien. Noch am ehesten Erfolg versprechend sind Interventionen, die am Einzelfall<br />

orientiert sind (Ohder 2007, 73), aus mehreren Modulen bestehen, mehrere Veränderungsstrategien<br />

umfassen und sich an mehrere Ebenen – Bezugssysteme – richten 21 :<br />

An den jungen Intensivtäter selbst, an seine Familie, an die Schule, an den Freundeskreis,<br />

an das Stadtviertel usw. „Rechtzeitig erfolgende und pädagogisch bewährte<br />

Maßnahmen durch das soziale Umfeld, die Jugendhilfe und die Justiz haben ... die<br />

größte Chance, eine delinquente Entwicklung zu bremsen“ (Boers/Reinecke 2008).<br />

Erforderlich, aber noch keineswegs erreicht, ist weiter ein vernetztes, zumindest<br />

aber ein Ressorts und Institutionen übergreifendes Handeln: Beispiele dafür sind die<br />

(polizeilichen und justitiellen) Intensivtäterprogramme (s.o.), aber auch die „Harter-<br />

Kern-Projekte“, die in mehreren Städten der Niederlande durchgeführt werden und<br />

auch evaluiert worden sind 22 .<br />

Die „Harter-Kern-Projekte“ gehen davon aus, dass für „systematisch operierende<br />

Täter“ das kriminelle Verhalten einen stärker strukturellen und auch kalkulierten Charakter<br />

hat. Kriminalität ist mehr oder weniger Bestandteil ihres Lebensstils. Solange<br />

dieses Verhalten Vorteile verschafft, besteht allenfalls eine minimale Motivation für<br />

eine Veränderung dieses Lebensstils. Deshalb müssen die Institutionen nicht nur integriert<br />

und kooperativ <strong>vor</strong>gehen, sondern auch mit einem gewissen Maß an Druckund<br />

Zwangsmitteln. Gemeinsame Elemente der örtlich durchaus unterschiedlich<br />

durchgeführten Projekte sind die individuelle Betreuung – im Sinne einer ambulanten<br />

Intensivbetreuung – der Jugendlichen über mindestens ein halbes Jahr mit dem Ziel<br />

der Entwicklung einer Zukunftsperspektive in Kombination mit strikten (vertraglichen)<br />

Abmachungen, deren Einhaltung kontrolliert und – im Falle eines Verstoßes –<br />

sanktioniert wird.<br />

Schließlich sind grundsätzlich <strong>vor</strong> allem frühzeitig ansetzende präventive Maßnahmen<br />

und Angebote geeignet, soziale Desintegrationslagen zu vermeiden oder ab-<br />

20<br />

Ob das gelingt ist allerdings genau so wenig bekannt wie die Wirksamkeit dieser Programme insgesamt,<br />

da bislang keine Evaluationen durchgeführt worden sind.<br />

21<br />

Siehe dazu auch Loeber 2002; 73; Lösel 2008 und den Bericht des Arbeitsstelle Kinder- und Jugendkriminalitätsprävention<br />

2007.<br />

22<br />

Kleiman/Terlouw 1997; Nachweise auch bei Elsner/Steffen/Stern 1998, 230 f.

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