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Das Jugendkriminalrecht vor neuen Herausforderungen?

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ZUNEHMENDE PUNITIVITÄT IN DER PRAXIS DES JUGENDKRIMINALRECHTS? 51<br />

dings in der StA-Statistik Bundesergebnisse für § 45 Abs. 1 und 2 JGG getrennt nachgewiesen.<br />

50 Sie zeigen eine weitgehende Konstanz in der Handhabung. Um die 45%<br />

der staatsanwaltschaftlichen Diversionsentscheidungen entfallen auf § 45 I JGG, weitere<br />

48% auf die vom Staatsanwalt „angeregten“ erzieherischen Maßnahmen und<br />

schließlich 7% auf die Einschaltung eines Richters gem. § 45 III JGG. Auf Bundesebene<br />

geben die Daten der StA-Statistik demnach keinen Anhaltspunkt für zunehmende<br />

Punitivität der Staatsanwaltschaft.<br />

Lediglich dann, wenn auf die Inhalte der vom Staatsanwalt „angeregten“ erzieherischen<br />

Maßnahmen abgestellt wird, können Anhaltspunkt für zunehmende Punitivität<br />

gefunden werden. Der Gesetzgeber des 1. JGGÄndG ging davon aus, dass im Rahmen<br />

von Diversion ein Teil der <strong>neuen</strong> ambulanten Maßnahmen, namentlich der Täter-<br />

Opfer-Ausgleich (TOA), zur Anwendung kommen würde. Die Art der erzieherischen<br />

Maßnahmen wird allerdings in keiner Statistik festgehalten, weshalb unbekannt ist, in<br />

welchem Maße diese Erwartungen eingelöst worden sind. Lediglich aus dem LG-<br />

Bezirk Flensburg liegen Ergebnisse <strong>vor</strong> mit einem Vergleich für 1998 und 2003. Innerhalb<br />

der §§ 45, 47 JGG entfiel auf die Einstellung gem. § 45 I JGG mehr als die<br />

Hälfte aller Einstellungen. Innerhalb der sog. intervenierenden Diversion gem. §§ 45<br />

II, III, 47 JGG wurde in der Mehrzahl der Entscheidungen gemeinnützige Arbeit oder<br />

die Zahlung eines Geldbetrags angeregt bzw. angeordnet, und zwar mit zunehmender<br />

Tendenz. Von den <strong>neuen</strong> ambulanten Maßnahmen wurde demgegenüber nicht nur<br />

relativ seltener, sondern <strong>vor</strong> allem in deutlich abnehmendem Maße Gebrauch gemacht.<br />

51 Wäre dieser Befund verallgemeinerbar, dann wären in den letzten Jahren die<br />

<strong>neuen</strong> ambulanten Maßnahmen zugunsten ahndender Sanktionen im Bereich von<br />

§§ 45, 47 JGG zurückgedrängt worden.<br />

3. Reaktionen des Jugendgerichts<br />

3.1 Sanktionierungspraxis im Überblick – Konstanz oder mehr Punitivität?<br />

Entgegen von Forderungen von Teilen der Politik nach "mehr Härte" hat die <strong>Jugendkriminalrecht</strong>spraxis<br />

weitgehend unbeirrt ihre bisherigen Standards beibehalten (vgl.<br />

Schaubild 9, Tabelle 2). Sie hat nämlich, gemessen an den Forderungen aus Teilen der<br />

Politik,<br />

• nicht die Notwendigkeit gesehen, die Diversionsrate zu senken,<br />

• nicht die Notwendigkeit gesehen, vermehrt Heranwachsende nach allgemeinem<br />

Strafrecht zu verurteilen,<br />

• nicht die Notwendigkeit gesehen, den Anteil der zur Bewährung ausgesetzten<br />

Jugendstrafen deutlich zu senken.<br />

Erkennbar ist aber auch, dass seit 1990 die Rate der zu Jugendarrest Verurteilten und<br />

zwischen 1990 und 2000 auch die Raten der zu unbedingter Jugendstrafe Verurteilten<br />

50<br />

Länderergebnisse wurden zwar seit 1998 veröffentlicht. Wegen der Nichtaufbereitung der StA-<br />

Statistik in Hamburg und Schleswig-Holstein konnten Bundesergebnisse aber erst ab dem Jahr 2000<br />

nachgewiesen werden.<br />

51<br />

Vgl. Heinz (Anm. 9), Tabelle 10.

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