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Das Jugendkriminalrecht vor neuen Herausforderungen?

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ZUNEHMENDE PUNITIVITÄT IN DER PRAXIS DES JUGENDKRIMINALRECHTS? 43<br />

nicht personenbezogen gezählt werden, sondern so oft, wie gegen einen Beschuldigten<br />

Ermittlungsverfahren abgeschlossen werden, kann die Diversionsrate überschätzt sein.<br />

Mangels Angaben zum Alter der Beschuldigten ist eine Aufteilung der Diversionsrate<br />

nur aufgrund der angewendeten Vorschriften möglich, was zu einer Überschätzung<br />

der Diversionsrate im allgemeinen Strafrecht und zu einer entsprechenden Unterschätzung<br />

im Jugendstrafrecht führt. 42 Auflagen und Weisungen werden nur der Art, nicht<br />

aber der Höhe nach erfasst; die Brauchbarkeit dieser Entscheidungen als Indikator ist<br />

deshalb eingeschränkt.<br />

3. Strafgerichtliche Verurteilungen<br />

Schon wegen der einfachen Zugänglichkeit zu den Daten werden seit den frühen Studien<br />

zu Strafzumessungsunterschieden 43 die in den amtlichen Statistiken ausgewiesenen<br />

Strafarten oder Strafhöhen über die Zeit oder die Region hinweg verglichen. Insbesondere<br />

der Anteil der unbedingt verhängten Freiheitsstrafen oder deren Dauer gilt<br />

als Indikator für Punitivität. Bei einem Anstieg der Punitivität müsste der Anteil der<br />

als „härter“ (z.B. Jugendarrest vs. ambulanten Sanktionen; Jugendstrafen von mittlerer<br />

oder längerer Dauer vs. Jugendstrafen von kurzer Dauer) bewerteten Sanktionen zunehmen.<br />

Auch danach wäre (alle weiteren Differenzierungen außer Acht lassend) die<br />

<strong>Jugendkriminalrecht</strong>spflege seit 1990 etwas punitiver geworden, denn der Anteil der<br />

zu unbedingter Jugendstrafe Verurteilten als auch der zu Jugendarrest Verurteilten ist<br />

derzeit größer als noch 1990 (vgl. unten Tabelle 2). Stillschweigend wird hierbei unterstellt,<br />

diese relative Veränderung beruhe auf einer Änderung der Strafzumessungspraxis<br />

und sei nicht Folge einer Änderung der Strafzumessungstatsachen. Voraussetzung<br />

für eine derartige Schlussfolgerung ist jedoch, dass die Sanktionierungspraxis<br />

gemessen werden könnte bei im Wesentlichen unveränderten Tat- und Tätergruppen.<br />

Dies ist indes aus einer Reihe von Gründen nicht möglich, teils weil die strafzumessungsrelevanten<br />

Faktoren in den amtlichen Strafrechtspflegestatistiken nur unzulänglich<br />

ausgewiesen werden, teils weil relevante Änderungen der Rechts- und Sachlage<br />

nicht adäquat statistisch abgebildet werden.<br />

• Unzulänglicher Nachweis der strafzumessungsrelevanten Faktoren in den<br />

amtlichen Strafrechtspflegestatistiken: Der Nachweis in den amtlichen Strafrechtspflegestatistiken<br />

ist sowohl hinsichtlich der rechtlichen wie der tatsächlichen<br />

Gründe für die Strafzumessung unzulänglich. Im Zusammenhang mit<br />

den Sanktionen werden in der Strafverfolgungsstatistik (StVerfStat) nur der<br />

Straftatbestand und das Geschlecht des Verurteilten nachgewiesen. Liegen der<br />

Verurteilung mehrere Straftaten zugrunde, so wird nur der abstrakt schwerste<br />

Straftatbestand ausgewiesen. Eine Zunahme von Mehrfachtätern, die regelmäßig<br />

zu einer Anhebung des Strafenniveaus führt, ist nicht erkennbar, erst recht<br />

nicht, ob sich zunehmende Punitivität auf die Gruppe der Wiederholungstäter<br />

beschränkt. Im Jugendstrafrecht wird das Bild der Sanktionierungspraxis noch<br />

aus einem weiteren Grund in Richtung auf schwerere Strafen hin verschoben.<br />

42<br />

Vgl. Heinz (Anm. 9), II.2.2.<br />

43<br />

Vgl. die Übersicht bei Heinz, Wolfgang: Strafzumessungspraxis im Spiegel der empirischen Strafzumessungsforschung,<br />

in: Jehle, J.-M. (Hrsg.): Individualprävention und Strafzumessung. Ein Gespräch<br />

zwischen Strafjustiz und Kriminologie. Wiesbaden 1992, S. 85 ff.

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