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Das Jugendkriminalrecht vor neuen Herausforderungen?

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KONTINUITÄT UND ABBRUCH PERSISTENTER DELINQUENZVERLÄUFE 121<br />

untersucht werden könne (Paternoster und Iovanni 1989, S. 369 ff., 383 ff.; Sampson<br />

und Laub 1997, S. 139 f.).<br />

In der Tat beruhen bislang die meisten Studien, die feststellen, dass formelle (zumal<br />

stationäre) Sanktionierungen entgegen den spezial- oder generalpräventiven Erwartungen<br />

nicht kriminalitätsmindernd, sondern kriminalitätsverstärkend wirken, auf<br />

reinen Hellfelddatenanalysen justizieller Entscheidungen. Sie sind deshalb dem nicht<br />

(ganz) von der Hand zu weisenden methodischen Einwand ausgesetzt, dass in solchen<br />

Daten soziale oder personale Defizite oder nicht abgeurteilte delinquente Verhaltensweisen<br />

nicht <strong>vor</strong>handen sind. Diese könnten aber die richterliche Legalprognose<br />

durchaus beeinflusst haben. 31 Für moderne kriminologische Längsschnittdatensätze<br />

trifft dieser Einwand indessen grundsätzlich nicht zu. Denn darin sind sowohl die<br />

Entwicklung der Hellfeld- als auch der Dunkelfeldkriminalität sowie deren soziale<br />

oder personale Entstehungsbedingungen enthalten.<br />

In neuerer Zeit wurden zwei Untersuchungen veröffentlicht, in denen sich Annahmen<br />

über die Effekte formeller Etikettierung in methodisch zuverlässigerer Weise<br />

bewährt haben. So konnten Bernburg und Krohn (2003, S. 1299 ff.) in multivariaten<br />

Analysen mit den Paneldaten der Rochester-Studie zunächst strukturelle Labelingeffekte<br />

feststellen: Zum einen hatten während des Jugendalters (13,5 bis 16,5 Jahre,<br />

Welle 1 bis 7) erfolgte polizeiliche wie justizielle Kontrollinterventionen einen signifikanten,<br />

allerdings nur eher schwachen Einfluss auf den Schulerfolg und die Schulpräsenz<br />

im 17. Lebensjahr sowie auf den Berufserfolg (Arbeitslosigkeit) 32 im 19. bis<br />

22. Lebensjahr und hierüber auf die Täterinzidenzen der selbstberichteten Delinquenz;<br />

33 zum anderen ergaben die Interaktionseffekte, dass die Auswirkungen von<br />

Kontrollinterventionen auf die Erwachsenenkriminalität unter ärmeren Probanden und<br />

<strong>vor</strong> allem African-Americans 34 größer waren. Des Weiteren bestanden im Sinne des<br />

Definitionsaspektes direkte Effekte der polizeilichen und justiziellen Intervention für<br />

die Inzidenzen der selbstberichteten schweren Delinquenz und des Drogenhandels.<br />

Schließlich sind diese Befunde auch deshalb von Bedeutung, weil in allen Analysen<br />

der Einfluss der selbstberichteten Delinquenz im Jugendalter berücksichtigt wurde,<br />

das (netto) festgestellte erhöhte Kontrollrisiko also (zumindest insoweit) nicht auf<br />

einer höheren Delinquenzneigung beruhte.<br />

Auch Prein und Schumann (2003) stellten in ihrer im Rahmen des Sonderforschungsbereichs<br />

186 durchgeführten quantitativen und qualitativen Bremer Panelstu-<br />

31<br />

Auch die von Laub und Sampson verwendeten und weiter erhobenen Gluecks-Daten weisen insofern<br />

methodische Begrenzungen auf, als sie hinsichtlich der Delinquenzvariablen auf Hellfelddaten beruhen,<br />

allerdings über zahlreiche soziale und personale Variablen verfügen. Umso mehr ist an ihren Verlaufsanalysen<br />

bemerkenswert, dass selbst bei Hellfelddaten schon recht früh der Trend zum Abbruch<br />

das Bild prägt.<br />

32<br />

Die Regressionskoeffizienten für die Arbeitslosigkeit waren allesamt schwach, die formelle Kontrollintervention<br />

gehörte (b=.10 bis b=.15) zu den stärksten Prädiktoren (a.a.O., S. 1303).<br />

33<br />

Selbstberichtete schwere Delinquenz (19. bis 20. Lebensjahr) sowie Drogenhandel und Gesamtkriminalität<br />

im 21. und 22. Lebensjahr.<br />

34<br />

Bei African-Americans waren diese Interaktionseffekte am deutlichsten ausgeprägt, statistisch signifikant<br />

allerdings nur mit justiziellen Interventionen.

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