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Das Jugendkriminalrecht vor neuen Herausforderungen?

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KRIMINALITÄT BEI JUNGEN MIGRANTEN UND PRÄVENTIONSANSÄTZE 167<br />

gewaltpräventive Maßnahmen sind nicht notwendig. 73 Allerdings muss auf die fehlende<br />

oder mangelhafte Integration insbesondere durch die Sprachprobleme und die damit<br />

zusammenhängenden Bildungsdefizite gezielt eingegangen werden. Hier handelt<br />

es sich aber um Angebote der sozialen Prävention oder Integration, nicht um Kriminalprävention.<br />

Mittelbar sind dabei durchaus positive Effekte auf die Entwicklung und<br />

damit auch auf weniger Kriminalität zu erwarten. Auch sind bei den kriminalpräventiven<br />

Maßnahmen individuelle Besonderheiten und spezifische Aspekte zu beachten. In<br />

der Ursachenanalyse zeigten sich die besonderen Aspekte archaisch kulturell geprägter<br />

Familienstrukturen mit einer Dominanz des Mannes über die Selbstbestimmungsrechte<br />

der Frauen, das daraus resultierende Männlichkeitsbild und der Rückzug in die<br />

Ethnien als zusätzliche Risikofaktoren, die auch gezielt beeinflusst werden müssen. 74<br />

Insgesamt muss eine breite Gewaltprävention angestrebt werden, die individuell angelegt,<br />

auf den Abbau von Risikofaktoren ausgerichtet und möglichst an evidenzbasierter<br />

Kriminalprävention orientiert sein sollte. 75<br />

3. Strategien zur Gewaltprävention – Risikofaktoren gezielt entgegen<br />

wirken<br />

Intervention und Prävention erscheinen <strong>vor</strong> dem Hintergrund der multiplen Risikound<br />

Problemlagen der Jugendlichen mühsam und langwierig, jedoch zugleich zwingend<br />

notwendig. Um die Ursachen aggressiven Verhaltens angehen zu können und um<br />

bereits früh Fehlentwicklungen bei Kindern und Jugendlichen zu verringern oder falls<br />

möglich, ganz zu vermeiden, orientieren sich präventive Strategien zu Recht am Konstrukt<br />

der Risiko- und Schutzfaktoren, die aus Metaanalysen empirischer Forschung<br />

abzuleiten sind. Zur positiven Beeinflussung des Verhaltens sind grundsätzlich Gegenbzw.<br />

Stärkungsstrategien der Prävention abzuleiten.<br />

Gewaltbereite und intensiv kriminell handelnde männliche Migranten haben zwar<br />

spezifische Problemlagen, im Kern weisen sie jedoch die gleichen Risikokonstellationen<br />

wie andere Intensivtäter auf. Die Risiko-Faktoren (risk-factors) sind mit dem gesamten<br />

Umfeld der Kinder und Jugendlichen verknüpft und tragen dazu bei, dass bei<br />

ihnen Gewalt und Kriminalität mit erhöhter Wahrscheinlichkeit entstehen und auftreten<br />

können. Nicht „die“ Kinder, Jugendlichen oder bestimmte Gruppen von Menschen<br />

sind intensiv sozial auffällig, sondern <strong>vor</strong>nehmlich die relativ wenigen Intensivtäter<br />

(ca. 5 %) mit dem kriminologisch bekannten Syndrom der sozialen Bindungslosigkeit:<br />

funktional gestörte Familie; fehlende Kontrolle und Zuwendung in der Familie; wechselndes<br />

oder gewaltorientiertes Erziehungsverhalten der Eltern; wechselnde Aufenthaltsorte;<br />

erhebliche Auffälligkeiten wie Schwänzen und Aggressivität in der Schule;<br />

kein Schulabschluss und keine Lehre; negative Arbeitseinstellung; unstrukturiertes<br />

Freizeitverhalten; keine tragenden menschlichen Beziehungen; Unfähigkeit zur emoti-<br />

73<br />

So auch die interdisziplinäre Forschungsgruppe in Ostendorf (Hrsg.) 2007, 84 ff.<br />

74<br />

Bannenberg/Bals 2006 Empfehlungen; Bliesener/Eilers in Landespräventionsrat Nordrhein-Westfalen<br />

(Hrsg.) 2006; Vogelgesang sieht „tiefgreifende kulturelle Unterschiede“, die die Integrationsarbeit berücksichtigen<br />

müsse, 2008, 222 ff.,<br />

75<br />

Eisner/Ribeaud/Bittel 2006; Eisner/Riebaud/Jünger/Meidert 2007; Bannenberg/Rössner, in FS für<br />

Kreuzer 2009, 38 ff.

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