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Das Jugendkriminalrecht vor neuen Herausforderungen?

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330<br />

REINHARD WIESNER<br />

hen worden ist, ist Beweis dafür, dass die Finanzierung von Weisungen keine Pflicht<br />

ist, die gewissermaßen aus der Natur der Sache das Jugendamt trifft.<br />

Vielmehr fehlt für eine Verpflichtung der Jugendämter, Weisungen zu finanzieren,<br />

die rechtliche Grundlage. Dies gilt ohne Einschränkung auch für solche Weisungen,<br />

die inhaltlich einer Leistung der Jugendhilfe entsprechen. Eine Rechtsverpflichtung<br />

für das Jugendamt kann nur dadurch eintreten, dass eine vom Richter beabsichtigte<br />

„Maßnahme“ gleichzeitig einen Hilfebedarf deckt, der zum Spektrum der Leistungen<br />

der Kinder- und Jugendhilfe nach dem SGB VIII gehört. Ob dies jedoch der Fall ist,<br />

darüber hat das Jugendamt bzw. – im Fall niederschwelliger Hilfen – der dazu von<br />

ihm ermächtigte freie Träger zu entscheiden. Liegen nach seiner Auffassung die Leistungs<strong>vor</strong>aussetzungen<br />

<strong>vor</strong>, so entscheidet es auf der Grundlage des SGB VIII über die<br />

im Einzelfall geeignete und notwendige Hilfe. Die von der Jugendministerkonferenz<br />

1994 getroffene und 2002 bekräftigte Feststellung, „ambulante Maßnahmen nach dem<br />

JGG, soweit sie im SGB VIII <strong>vor</strong>gesehen sind, seien als Angebote der Jugendhilfe<br />

<strong>vor</strong>zuhalten und weiterhin zu fördern“ 17 , vermag zur Problemlösung nichts beizutragen.<br />

<strong>Das</strong>s Leistungen der Jugendhilfe, die im SGB VIII <strong>vor</strong>gesehen sind, von der Jugendhilfe<br />

<strong>vor</strong>zuhalten und zu finanzieren, sind, ist eine Selbstverständlichkeit. Unterschlagen<br />

wird dabei aber, dass über die Gewährung dieser Leistungen nicht das Gericht,<br />

sondern das Jugendamt zu entscheiden hat – oder anders ausgedrückt – mit dieser<br />

Feststellung keine Aussage über die Finanzierung von Weisungen getroffen wird.<br />

Dazu gibt es in den Ländern ganz unterschiedliche Finanzierungsmodelle, die im Bericht<br />

des Strafrechtsausschusses dargestellt werden. 18<br />

Da es im Hinblick auf die unterschiedlichen Strukturprinzipien von Jugendhilfe<br />

und Jugendstrafrecht, aber auch im Hinblick auf die Offenheit der Kataloge im Bereich<br />

der Weisungen und im Bereich der Hilfen zur Erziehung keine vollständige<br />

Kongruenz des Maßnahmenspektrums geben kann und es darüber hinaus – im Einzelfall<br />

– zu unterschiedlichen Einschätzungen zwischen Jugendgericht und Jugendamt im<br />

Hinblick auf die fachliche Eignung einer bestimmten Weisung bzw. Hilfe kommen<br />

kann, sind divergierende Entscheidungen zwischen Jugendgericht und Jugendamt nur<br />

die natürliche Konsequenz der Eigenständigkeit der beiden Systeme.<br />

Eine von der Sichtweise des Gerichts abweichende Bewertung des Hilfebedarfs<br />

seitens des Jugendamts kann daher nicht von <strong>vor</strong>neherein als fiskalisch motiviert und<br />

damit als rechtswidrig bezeichnet werden. Damit sollen die Probleme des Jugendgerichts<br />

im Hinblick auf die Umsetzung einer Weisung nicht negiert werden. Will das<br />

Jugendgericht sicher gehen, dass eine von ihm für notwendig gehaltene Weisung auch<br />

tatsächlich durchgeführt und finanziert wird, so ist diese Frage im Einzelfall im Verfahren<br />

zu klären. Angesichts der damit verbundenen Unwägbarkeiten und zur Vermeidung<br />

von „Blockaden“ erscheint eine abstrakt-generelle Lösung notwendig. Dazu<br />

muss eine systemkonforme Verknüpfung von Entscheidung und Vollzug innerhalb des<br />

Systems des JGG gefunden werden. Dies bedeutet, dass eine eindeutige Kostenregelung<br />

für alle Reaktionsformen des JGG zu schaffen ist. Dem außen stehenden Betrach-<br />

17<br />

Siehe dazu Bericht des Strafrechtsauschusses a.a.O Fn. 4 S. 6.<br />

18<br />

Bericht des Strafrechtsausschusses a.a.O. Fn.4 S. 6 ff.

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