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Das Jugendkriminalrecht vor neuen Herausforderungen?

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KONTINUITÄT UND ABBRUCH PERSISTENTER DELINQUENZVERLÄUFE 113<br />

Recoveries in ihrer dissozialen Auffälligkeit nicht unterschieden, brachen Letztere das<br />

dissoziale Verhalten mit dem Jugendalter weitgehend ab und wichen insbesondere<br />

hinsichtlich der Delinquenz kaum vom Durchschnitt ab (Moffitt et al. 2002, S. 183 ff.;<br />

auch schon 1996, S. 408 ff.).<br />

Noch deutlicher zeigt sich diese erfreuliche Besserung bei einem großen Teil der<br />

im Kindesalter Hochbelasteten in der ersten mit den 526 männlichen Probanden des<br />

Dunedin-Panels durchgeführten latenten Klassenanalyse. Diese Analyse bezog sich<br />

auf die individuelle Inzidenz einer Skala von Verhaltensproblemen 19 zwischen dem 7.<br />

und 26. Lebensjahr und ergab vier Klassen (LCP, Childhood Limited, Adolescent<br />

Onset, Low). Im Kindesalter bei Weitem am stärksten (und nahezu gleich) belastet<br />

war nicht nur die LCP-Klasse (10,5% der Probanden), sondern auch die mit 24,3%<br />

mehr als doppelt so große Childhood Limited-Klasse. Im weiteren Verlauf reduzierten<br />

sich die Inzidenzen beider Klassen kontinuierlich bis zum 26. Lebensjahr, allerdings –<br />

wie schon zu<strong>vor</strong> bei den Recoveries – sehr disparat, nämlich um ca. ein Viertel bei<br />

den LCPs, aber um mehr als zwei Drittel bei den Childhood Limited, wobei Letztere<br />

bereits zwischen 15 und 18 Jahren das Niveau der Low-Class (45,6 %) erreichte (Odgers<br />

et al. 2007, S. 479). Käme mithin die Vorhersage von erwachsenen LCP-Tätern<br />

auf Grund kindlicher Auffälligkeiten nach der deterministischen Klassifikation nahezu<br />

dem Werfen einer Münze gleich, so könnte nach den Befunden der latenten Klassenanalyse<br />

gerade mal noch ein Drittel <strong>vor</strong>hergesagt werden. Damit dürfte die Persistenzthese,<br />

einschließlich der darauf beruhenden Annahme einer Prognostizierbarkeit<br />

späterer Delinquenz auf Grund kindlicher Auffälligkeiten, mit diesem Datensatz<br />

nicht zu halten sein.<br />

Schließlich erwies sich in den bis zum 26. Lebensjahr analysierten Daten der AL-<br />

Pfad nicht als „adolescence limited“ („were still in trouble“, Moffitt et al. 2002, S.<br />

199): Auf Grund der deterministischen Klassifikation wiesen die betreffenden Probanden<br />

bis zum 26. Lebensjahr bei nahezu allen Delikten die nach den LCP-<br />

Probanden zweitgrößten und gegenüber den drei anderen Gruppen deutlich erhöhte<br />

Raten der selbstberichteten Delinquenz sowie der Verurteilungen auf; im Vergleich<br />

mit dem LCP-Pfad ergaben sich bei der selbstberichteten Delinquenz – mit Ausnahme<br />

der Gewaltdelikte – kaum, bei den Verurteilungen allerdings etwas häufiger signifikante<br />

Unterschiede (a.a.O., S. 184 ff., 199). Es ist angesichts dessen nicht verwunderlich,<br />

dass in den latenten Klassenanalysen ein Adolescence Limited-Pfad nicht mehr<br />

ausgemacht werden konnte. Stattdessen wurde nun mit 19,6% ein Adolescence Onset-<br />

Pfad festgestellt, dessen im Kindesalter noch geringe Conduct Problem-Rate bis zum<br />

26. Lebensjahr stetig auf das Niveau des LCP-Pfades stieg (Odgers et al. 2007, S.<br />

479). Demnach lässt sich auch die Taxonomie der Life Course-Persistent versus Adolescence-Limited<br />

nicht mehr halten. 20<br />

19<br />

Die Skala „Conduct Problems“ bestand aus sechs Symptomen: physiscal fighting, bullying others,<br />

destroying property, telling lies, truancy and stealing (Odgers et al. 2007, S. 477). Hiermit sollte insbesondere<br />

die Klassifizierung des Life-Course Persistent und Adolescent Limited Antisocial Behavior<br />

erfolgen.<br />

20<br />

Moffitt und Kollegen haben die Bedeutung der Recovery- bzw. Childhood Limited-Gruppe für die<br />

Persistenzthese bislang nicht so recht diskutiert. Hinsichtlich der Recoveries wurde lediglich das Fortbestehen<br />

einiger psychischer Probleme (Depressionen, Angstzustände, soziale Isolierung), aber eben

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