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Das Jugendkriminalrecht vor neuen Herausforderungen?

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HACI-HALIL USCULAN<br />

Riskante Bedingungen des Aufwachsens: Erhöhte<br />

Gewaltanfälligkeit junger Migranten?<br />

A. Einleitung<br />

Die öffentliche Diskussion der Lebenslage von Jugendlichen mit Migrationshintergrund<br />

fokussiert weitestgehend auf Aspekte devianter Sozialisation wie etwa Gewalt<br />

und Kriminalität; in erster Linie wird thematisiert, welche Probleme Jugendliche<br />

Migranten erzeugen, viel weniger aber, welche Probleme diese Jugendlichen in ihrem<br />

eigenen Leben haben. Deshalb sollen hier zunächst auf lebensweltliche Risiken, Integrationschancen<br />

sowie auf die prekären Bildungs- und Ausbildungs<strong>vor</strong>aussetzungen<br />

eingegangen werden, be<strong>vor</strong> dann Fragen der Gewaltanfälligkeit in den Blickpunkt<br />

genommen werden.<br />

In der Migrationsforschung diente und dient zum Teil immer noch der Begriff des<br />

„Kulturkonflikts“, der eine Kollision miteinander inkompatibler Werte nahelegt, häufig<br />

als eine allgemeine Umschreibung der Lebenslage von bestimmten, in erster Linie<br />

türkischstämmigen bzw. muslimischen Migranten. Dieser Topos bezog sich nicht nur<br />

auf Einzelindividuen, sondern wurde auch auf die soziale Ebene, auf eine (Werte)-<br />

Konfrontation der Aufnahme- und Entsendegesellschaften ausgeweitet.<br />

Die besondere Problematik der Kinder mit Migrationshintergrund wurde versucht,<br />

mit dem Ansatz der „bikulturellen Sozialisation“ (Schrader, Nikles & Griese, 1979),<br />

zu verstehen. Die Prämisse dieses Ansatzes war, dass Migranten, besonders aber Kinder<br />

und Jugendliche, gezwungen sind, ihr kulturelles Bezugssystem zu wechseln und<br />

dass sie in diesem Kulturwechsel einen Prozess der Entwicklung und Veränderung<br />

ihrer Identität durchmachen, der mit einem kulturellen Konflikt einhergeht, d.h. die<br />

Diskrepanz der beiden „Kulturen“ auf die Entwicklung von Kindern negativ auswirkt<br />

und insbesondere im Jugendalter Identitätsprobleme her<strong>vor</strong>bringt.<br />

Migrantenkinder haben in der Adoleszens neben der allgemeinen Entwicklungsaufgabe,<br />

eine angemessene Identität und ein kohärentes Selbst zu entwickeln, sich<br />

auch noch mit der Frage der Zugehörigkeit zu einer Minderheit auseinander zu setzen<br />

und eine "ethnische Identität" auszubilden. Ethnische Identität, als ein Teil der sozialen<br />

Identität, kann als eine Perspektive der Selbstdarstellung, der Identifikation und<br />

der Wahrnehmung fungieren. Ethnische Identitäten entstehen im Kontext der Kopräsenz<br />

und Kontakt von Menschen unterschiedlicher Herkunft und dem Gefühl der<br />

Bedrohtheit eigener Identität (Phinney, 1998). Eine ethnische Kategorisierung kann<br />

als ein relevantes Merkmal in der Sozialisation von Kindern und Jugendlichen betrachtet<br />

werden, weil so der Versuch unternommen wird, über Zeiten und Generationen<br />

hinweg die Stabilität der Eigengruppe zu garantieren. Jedoch können aber bspw.

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