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Das Jugendkriminalrecht vor neuen Herausforderungen?

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168<br />

BRITTA BANNENBERG<br />

onalen Kommunikation. 76 Gewaltprobleme zeigen sich meist in frühen Verhaltensauffälligkeiten<br />

und weisen eine gewisse Kontinuität auf. Studien zur Frühprävention 77<br />

beschreiben die Spiralwirkung der frühen negativen Auffälligkeiten im Sozialverhalten:<br />

Verhaltensprobleme, die sich stabil und dauerhaft zeigen, können zur Intensivtäterschaft<br />

führen, wenn es zur Ablehnung durch Gleichaltrige, zum Anschluss an deviante<br />

Gruppen, zu Leistungsdefiziten und fehlender Anerkennung in Schule und Freizeit<br />

kommt und letztlich die „normale“ Entwicklung erheblich beeinträchtigt wird. 78<br />

Auch wenn Kinder bis zur Pubertät häufiger aggressiv sind, sind aggressive Verhaltensweisen<br />

nur normal, wenn sie sich nicht verfestigen. Normal ist der Erwerb sozialer<br />

Kompetenzen, um aggressive Impulse zu kontrollieren. 79 Die Schutzfaktoren (Resilienzfaktoren;<br />

protective factors) wirken gegen das Auftreten von Delinquenz und<br />

Kriminalität und sind ebenfalls mit dem Umfeld des Individuums verbunden. Diese<br />

Faktoren tragen dazu bei, negative Entwicklungen im Aufwachsen zu verhindern oder<br />

abzumildern. Gewissermaßen als Kehrseite der Risikofaktoren sind folgende Faktoren<br />

wichtig, um soziales Kapital anzuhäufen: Eine sichere Bindung an eine Bezugsperson<br />

(Familienmitglieder, Verwandte, Lehrer, Übungsleiter oder andere Personen), emotionale<br />

Zuwendung und zugleich Kontrolle in der Erziehung und eine enge Beziehung zu<br />

nahestehenden Erwachsenen, Erwachsene, die positive Vorbilder unter widrigen Umständen<br />

sind, soziale Unterstützung durch nicht-delinquente Personen, ein aktives<br />

Bewältigungsverhalten von Konflikten, Bindung an schulische Normen und Werte,<br />

Zugehörigkeit zu nicht-delinquenten Gruppen, Erfahrung der Selbstwirksamkeit bei<br />

nicht-delinquenten Aktivitäten (z.B. Sport oder sonstige Hobbies), positives, nicht<br />

überhöhtes Selbstwerterleben, Struktur im eigenen Leben, Planungsverhalten und<br />

Intelligenz, einfaches Temperament.<br />

Günstige Rahmenbedingungen können einen wesentlichen Beitrag zur Integration<br />

der Kinder und Jugendlichen in die Gesellschaft leisten. Sie erwerben im Aufwachsen<br />

je nach Ausprägung der Schutzfaktoren in unterschiedlichem Maße Resistenz gegenüber<br />

kriminellem Verhalten. Immer wieder wird in diesem Kontext auf die Bedeutung<br />

der „Grenzziehung“ hingewiesen: Wichtig ist die Vermittlung eindeutiger Standards<br />

im Verhalten und bei Abweichung das Setzen deutlicher Grenzen.<br />

4. Erkenntnisse aus der evidenzbasierten Kriminalprävention<br />

Schutz- und Risikofaktoren sind eng miteinander verknüpft und wirken meist gemeinsam.<br />

Hilfen, die früh und umfassend ansetzen und sich auf möglichst viele Risiko-<br />

Faktoren beziehen, werden langfristig positiv wirken. Damit ist – so die Annahme –<br />

ein Beitrag zur Reduzierung von Kriminalität und Gewalt möglich. Auch wenn Einzelheiten<br />

der Wirkungen bislang noch nicht endgültig geklärt sind und die evidenzbasierte<br />

Kriminalprävention am Anfang steht, liegen hier die entscheidenden Ansatz-<br />

76<br />

Lösel/Bliesener 2003; Rössner/Bannenberg 2002 Leitlinien; Göppinger/Bock 2008, 217; Kaiser 1996,<br />

523 ff.<br />

77<br />

Lösel/Beelmann/Stemmler/Jaursch, Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie 2006,<br />

127 f.; Überblick bei Beelmann Zeitschrift für Psychologie und Psychotherapie, 35 (2), 2006, 151 ff.<br />

78<br />

Lösel 2008 mit zahlreichen weiteren Nachweisen; Eisner/Ribeaud/Locher 2008.<br />

79<br />

Eisner/Ribeaud/Locher 2008, 19 ff.; Haug-Schnabel, in Bannenberg/Rössner 2006, 135 ff.

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