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Das Jugendkriminalrecht vor neuen Herausforderungen?

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NEUE PUNITIVITÄT IN DER JUGENDKRIMINALPOLITIK? 23<br />

ereignissen kritisiert 48 und Michael Walter hat die differenzierten Wirkungszusammenhänge<br />

treffend mit folgender Überschrift gekennzeichnet: „Von der Kriminalität<br />

in den Medien zu einer bedrohlichen Medienkriminalität und Medienkriminologie?“ 49<br />

Ich will das nicht weiter vertiefen, weil morgen Michael Walter selbst zu diesem Thema<br />

sprechen wird.<br />

K. Opferbezogene Strafrechtspflege?<br />

Nicht selten findet man in der Literatur die Behauptung, die Renaissance des Verbrechensopfers<br />

und die Verbesserung seiner Rechtsstellung im Strafverfahren seit Mitte<br />

der 80er Jahre habe punitive Tendenzen des Strafrechts verstärkt. 50 Dies ist wohl auch<br />

der Grund, weshalb die herrschende Meinung in der jugendstrafrechtlichen Literatur<br />

und die DVJJ nach wie <strong>vor</strong> die Nebenklage im Verfahren gegen Jugendliche ablehnen,<br />

51 während sie beim Berliner Juristentag mehrheitlich gefordert wurde und inzwischen<br />

durch das 2. Justizmodernisierungsgesetz vom 22.12.2006 in § 80 Abs. 3 teilweise<br />

bei Verbrechen gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit oder die sexuelle<br />

Selbstbestimmung, bei schwerer Freiheitsberaubung, Geiselnahme und erpresserischem<br />

Menschenraub sowie für die Angehörigen eines getöteten Opfers zugelassen<br />

worden ist.<br />

Vermutlich sehen viele schon darin einen Beweis für neue Punitivität im Jugendstrafrecht.<br />

Die 2. Jugendstrafrechts Reform-Kommission hatte die Ablehnung der Nebenklage<br />

– repräsentativ für viele Wissenschaftler und Praktiker – folgendermaßen<br />

begründet: „Zu befürchten ist nämlich, dass der auf seine Rechte und Vergeltung pochende<br />

Verletzte für eine konfrontative Verhärtung der Positionen sorgt und so eine<br />

jugendadäquate Verhandlungsführung und angemessene erzieherische Einwirkung<br />

unmöglich macht.“ 52<br />

Nun ist sicher einzuräumen, dass es unsensible Nebenklagevertreter gibt, die das<br />

erzieherische Klima der Hauptverhandlung beeinträchtigen können, ebenso wie das<br />

leider für manche – im Jugendstrafrecht unerfahrene – Strafverteidiger gilt. Dem modernen<br />

Bild der Nebenklage – wie es etwa auch der WEISSE RING e.V. in seinen<br />

Fortbildungstagungen für Opferanwälte propagiert – entspricht dies aber nicht mehr.<br />

Die Nebenklage hat bereits durch das Opferschutzgesetz 1986 einen Funktionswandel<br />

erfahren und ist als Abwehr- und Schutzinstrumente für Opfer schwerer Gewalttaten<br />

sowie für missbrauchte Kinder unverzichtbar, ebenso die daraus abgeleiteten Verletztenbeistandsbefugnisse<br />

im Ermittlungsverfahren. 53 <strong>Das</strong> Opfer muss sich dagegen wehren<br />

können, dass sich der Täter auf seine Kosten verteidigt, unabhängig davon, ob der<br />

48<br />

Kaiser ZRP 2002, 30 ff.<br />

49<br />

Walter DVJJ-Journal 1999, 348 ff.<br />

50<br />

z.B. Jung GA 2006, 731; <strong>vor</strong>sichtig als mögliche These auch bei Streng (o. Fn. 28), S. 225.<br />

51<br />

2. Jugendstrafrechtskommission der DVJJ, Abschlussbericht vom 15.8.2002, DVJJ-Journal 2002, 227,<br />

245 m.w.N.<br />

52<br />

2. Jugendstrafrechtskommission der DVJJ (o. Fn. 51), S. 245.<br />

53 Schöch FS Böhm 1999, 671 f.

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