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Das Jugendkriminalrecht vor neuen Herausforderungen?

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22<br />

HEINZ SCHÖCH<br />

bedürfnisse sowohl normativ als auch empirisch prinzipiell grenzenlos“ sind. Sicherheit<br />

ist nie hergestellt, sie ruft immer nach Komplettierung, denn sie ist die Frucht<br />

einer prognostischen Einschätzung, und sie ist emotiv hoch aufgeladen.“ 41 „Die<br />

Verbrechensfurcht ist in einer Informationsgesellschaft ein starker Motor der Kriminalpolitik,<br />

und sie ist leicht manipulierbar.“ 42 „<strong>Das</strong> Präventionsstrafrecht muss deshalb<br />

mithilfe des allgemeinen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ausgebremst werden,<br />

wenn es … normativ zu weit geht.“ 43<br />

Schon beim 3. Kölner Symposium des BMJ im Herbst 1994 habe ich darauf hingewiesen,<br />

dass die Freiheit von Verbrechensfurcht kein strafrechtlich geschütztes<br />

Rechtsgut und deshalb kein geeigneter Topos für unmittelbare kriminalpolitische<br />

Konsequenzen ist. 44 <strong>Das</strong> Jugendstrafrecht darf sich nicht zum Erfüllungsgehilfen für<br />

gesellschaftliche Erwartungen machen lassen. Nicht Angleichung des Jugendstrafrechts<br />

an diffuse angstbedingte Strafschärfungserwartungen ist die sachgerechte Reaktion,<br />

sondern Anpassung von gesellschaftlichen Erwartungen an kriminologische Befunde<br />

und an ein historisch gewachsenes und von großen demokratischen Mehrheiten<br />

getragenes Jugendstrafrecht. 45<br />

J. Medienkriminaliät und Medienkriminologie<br />

Die vermutlich wichtigste Variable für zunehmende Punitivität sind verzerrte Darstellungen<br />

über Kriminalität in den Medien sowie deren Aktionismus nach spektakulären<br />

Einzelfällen. Sie beeinflussen nicht nur die Einschätzungen der Bürger zu Kriminalität,<br />

Strafjustiz, Sicherheit und damit ihr Normvertrauen,<br />

lieren.<br />

46 sondern sie haben auch<br />

unmittelbare kriminalpolitische Auswirkungen. Dem massenmedialen Druck in Richtung<br />

auf praktische Konsequenzen können manche Politiker nicht widerstehen und<br />

versuchen dann, sich mit populistischen Strafschärfungsforderungen als Kämpfer gegen<br />

das Verbrechen zu profi<br />

Christian Pfeiffer hat im Zusammenhang mit der bereits zitierten KFN-Studie zur<br />

eingeschätzten Kriminalitätsentwicklung zwischen 1993 und 2003 von der „Dämonisierung<br />

des Bösen… durch die Berichterstattung im Fernsehen und in den Revolverblättern“<br />

gesprochen. 47 Günther Kaiser hat den politisch-publizistischen Verstärkerkreislauf<br />

durch die Medien mit Fokussierung von Einzelfällen als medialen Schlüssel-<br />

41<br />

Hassemer Objektivität und Einschätzung in Kriminologie und Kriminalpolitik, in: Schüler-<br />

Springorum/Nedopil (Hrsg.) Blick über den Tellerrand, FS für Hisao Katoh, 2008, 28, 47.<br />

42<br />

Hassemer (o. Fn. 41), S. 48.<br />

43<br />

Hassemer (o. Fn. 41), S. 47.<br />

44<br />

Schöch Die Entdeckung der Verbrechensfurcht und die Erkundung der Vorstellungen und Erwartungen<br />

der Geschädigten als Forschungsgegenstand. In: Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), <strong>Das</strong> Jugendstrafrecht<br />

als Erfüllungsgehilfe gesellschaftlicher Erwartungen? 3. Kölner Symposium, 1994, 78<br />

f.<br />

45<br />

Schöch (o. Fn. 44), S. 78.<br />

46<br />

Hassemer (o. Fn. 41), S. 46.<br />

47<br />

Pfeiffer Die Dämonisierung des Bösen, FAZ vom 5.3.2004.

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