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Das Jugendkriminalrecht vor neuen Herausforderungen?

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KRIMINALITÄT BEI JUNGEN MIGRANTEN UND PRÄVENTIONSANSÄTZE 161<br />

schnitt, bei Einzelfallbetrachtung 2 bis 90 Eintragungen) mit einer Überrepräsentation<br />

von schweren Gewaltdelikten und Vermögensdelikten. 39 , 40 . Aus kriminologischer<br />

Sicht präsentiert sich hier geradezu das „klassische“ Bild des Karrieretäters mit multiplen<br />

Risikofaktoren. Heisig weist aus der Sicht einer Jugendrichterin in Berlin auf<br />

den bedeutenden Anteil an Schulverweigerung und fehlender Kontrolle der Eltern<br />

über das Verhalten ihrer Kinder hin 41 , was bei türkischen Eltern, <strong>vor</strong> allem Müttern,<br />

zu Zuspruch auf Elternabenden und Informationsveranstaltungen, bei arabischen Verbänden<br />

jedoch zu Protest und Feindseligkeit führe 42<br />

.<br />

Weitere Auswertungen bestätigen das Berliner Bild. Am 31.3.2006 hatten 79 % der<br />

Berliner Intensivtäter einen Migrantenhintergrund. Hier dominierten mit über 30 %<br />

Täter mit arabischem Hintergrund, gefolgt von etwa 28 % türkeistämmigen Tätern und<br />

9 % Tätern aus dem ehemaligen Jugoslawien. In über 50 % der Fälle der Intensivtäter<br />

werden Flucht und Asyl als Migrationsgründe angenommen. Die arabischstämmigen<br />

Täter gelten als besonders problematisch. 43 Die Entwicklungen in Berlin, die zur Einrichtung<br />

der Intensivtäterdatei und später zu einem Bewusstsein für problematische<br />

Entwicklungen in einzelnen Stadtteilen und Schulen führten, haben neben umfassenden<br />

Analysen auch zu umfangreichen Empfehlungen geführt. 44<br />

Eine aktuelle Auswertung der in Hessen am 31. Juli 2006 als Mehrfach- und Intensivtäter<br />

45 (MIT) eingestuften Personen weist für 47 % der 1.328 Täter einen Migrationshintergrund<br />

aus; die Schwerpunkte liegen hier bei türkeistämmigen Tätern und<br />

(Spät-)aussiedlern. In Hessen sind die meisten Intensivtäter Erwachsene, regional unterscheiden<br />

sich die Täterstrukturen erheblich. So sind in Osthessen etwa 15,5 % der<br />

MIT in Kasachstan geboren, in Frankfurt 1,8 %. 46 In Frankfurt und und Südhessen<br />

überwiegen jüngere MIT. Werden im Durchschnitt 70 Straftaten pro MIT registriert,<br />

und überwiegen insgesamt Diebstahlsdelikte, so zeigt sich insgesamt eine große<br />

Bandbreite der kriminellen Karrieren und wandelt sich das Bild bei Betrachtung einer<br />

MIT-Typenbildung: Neben auf Eigentums- und Vermögensdelikten spezialisierten<br />

überwiegend erwachsenen Einzeltätern sind „Gewalttätige“ fast ausschließlich männlich<br />

und jung, haben den höchsten Anteil an den Gewaltdelikten und begehen diese<br />

39<br />

Ohder/Huck Teil I 2006, 14 ff.<br />

40<br />

Ohder, Teil II 2007, teilt Ergebnisse einer Befragung der Intensivtäter und einer Auswertung der<br />

Schulakten mit. Dabei zeigt die tiefgehende Problembeschreibung auch die Schwierigkeiten des<br />

Transfers empirischer Erkenntnisse in Handlungsempfehlungen bei derart extremen sozialen Verhältnissen.<br />

Schnelle Lösungen sind jedenfalls nicht zu erwarten.<br />

41<br />

Heisig der kriminalist 9/2008, 343 f.<br />

42<br />

„<strong>Das</strong> Drama der unsichtbaren Eltern“, Regina Mönch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 8.<br />

Januar 2009.<br />

43<br />

Voß/Burghardt-Plewig/Wichniarz 2007, 21.<br />

44<br />

Voß/Burghardt-Plewig/Wichniarz, Empfehlungen der AG, 2007, 157-224.<br />

45<br />

Die Einstufung als Mehrfach- und Intensivtäter liegt nach den Gemeinsamen Richtlinien im Ermessen<br />

der Polizeibeamten, die Kriterien sind vielfältig, es muss die Negativprognose einer kriminellen Karriere<br />

<strong>vor</strong>liegen, vgl. Koch-Arzberger u.a. 2008, 21 ff.<br />

46<br />

Koch-Arzberger u.a. 2009, 2; 2008, 78 ff.

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