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Das Jugendkriminalrecht vor neuen Herausforderungen?

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KONTINUITÄT UND ABBRUCH PERSISTENTER DELINQUENZVERLÄUFE 125<br />

eines Delikts berichtet hatten (ohne Internetdelikte, Drogenkonsum oder Schwarzfahren).<br />

Ebenso jugendtypisch ist die Episodenhaftigkeit der Jugenddelinquenz: Noch im<br />

Jugendalter begehen die allermeisten keine weiteren Delikte mehr. Diese Spontanbewährung<br />

erfolgt im Rahmen einer erfolgreich verlaufenden (Norm-) Sozialisation und<br />

in aller Regel ohne formelle Kontrollintervention. Dunkelfelduntersuchungen deuten<br />

darauf hin, dass der Zeitpunkt der größten Verbreitung sowie das Einsetzen der Spontanbewährung<br />

recht früh, nämlich schon zu Beginn des Jugendalters liegen – deutlich<br />

früher als dies in Hellfelddaten zu beobachten ist. Die Phase der Delinquenzbelastung<br />

der allermeisten Jugendlichen ist zudem recht kurz. Solche Befunde unterstützen die<br />

Notwendigkeit einer weitreichenden Diversion im Jugendstrafverfahren.<br />

Sind die Ubiquität und Spontanbewährung der Jugenddelinquenz seit langem allgemein<br />

konsentiert, so ergeben sich bei der Intensität klassifikatorische und definitorische<br />

Probleme. Umstritten sind insbesondere Annahmen über den Altersverlauf von<br />

Intensivtätern. Eine hinsichtlich aller Arten von Daten (Hell- oder Dunkelfeld) oder<br />

Delikten, Tätergruppen (zum Beispiel Jungen oder Mädchen) oder im Hinblick auf<br />

den Zeitraum der Deliktsbegehung einheitliche Klassifikation ist nicht möglich. Traditionell<br />

erfolgte die Klassifikation deterministisch anhand einer Mindestzahl von in<br />

einem bestimmten Zeitraum begangenen Delikten. Neuerdings setzen sich statistische<br />

Verfahren der latenten Klassenanalyse mit im Ergebnis unterschiedlichen Verlaufspfaden<br />

(Trajektorien) der Delinquenz durch (probabilistische Klassifikation). Vor dem<br />

Hintergrund solcher Klassifikationen kann die Definition eines Intensivtäters nur normativ<br />

erfolgen. In Anlehnung an langjährige empirische Beobachtungen könnte man<br />

demnach bei jener Tätergruppe von Intensivtätern sprechen, die zumindest die Hälfte<br />

aller Delikte und drei Viertel der Gewaltdelikte in einem begrenzten Zeitraum begangen<br />

hat (nach einer deterministischen Klassifikation war dies in der Duisburger Dunkelfeldstudie<br />

bei fünf und mehr in einem Jahr begangenen Gewaltdelikten der Fall).<br />

Es handelte sich bislang international immer nur um eine kleine, gleichwohl um die<br />

problematische Gruppe jugendlicher Delinquenten: in der Regel 5% bis 7% einer jugendlichen<br />

Altersgruppe. Problematisch ist diese Gruppe <strong>vor</strong> allem dann, wenn die<br />

Intensivtäterschaft von einiger Dauer ist. Ab wann man – unter Berücksichtigung von<br />

nicht unüblichen, das Definitionsproblem aber verschärfenden Unterbrechungszeiten –<br />

mit einiger Plausibilität von einer persistenten Intensivtäterschaft sprechen kann, ist<br />

letztlich ebenfalls nur normativ, auf der Grundlage (weiterer) empirischer Verlaufsbefunde,<br />

zu entscheiden.<br />

Die kriminologische Verlaufsforschung war <strong>vor</strong> allem in den vergangenen zwanzig<br />

Jahren von einem auch für die Prävention und die Kriminalpolitik bedeutsamen Disput<br />

über den Delinquenzverlauf von Intensivtätern geprägt. Auf der einen Seite bestimmte<br />

in den achtziger und neunziger Jahren die Auffassung die Diskussion, dass persistente<br />

Intensivtäter – anders als die allermeisten, nur episodenhaft auffälligen Jugendlichen –<br />

<strong>vor</strong>nehmlich auf Grund von (stabilen) dissozialen Persönlichkeitsdefiziten bis weit ins<br />

Erwachsenenalter oder womöglich ihr ganzes Leben delinquieren würden (Kontinuitätsannahme).<br />

Dabei wurde insbesondere der frühe Beginn delinquenten Verhaltens<br />

als einer der besten Indikatoren für eine solche Entwicklung angesehen. Kriminalpräventiv<br />

wären demnach sozialpädagogische oder therapeutische Interventionen <strong>vor</strong>-

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