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Das Jugendkriminalrecht vor neuen Herausforderungen?

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RISKANTE BEDINGUNGEN DES AUFWACHSENS 191<br />

miteinander gekoppelt sind; <strong>vor</strong> dem Hintergrund der stärkeren intergenerativen Bindungen<br />

in türkischen Familien – türkische Jugendliche stehen den elterlichen Werten<br />

und Normen wesentlich näher als deutsche Jugendliche den Normen ihrer Eltern –<br />

spitzen sich eventuell solche Konflikte (Zwang zu Individualisierung vs. Festhalten an<br />

kollektivistischen Überzeugungen) eher zu bzw. haben schärfere Auswirkungen auf<br />

die Beteiligten.<br />

Inkonsistenzen zwischen den familialen Wert<strong>vor</strong>stellungen der jeweiligen ethnischen<br />

Minderheiten und den durch die Schule vermittelten Werten der Aufnahmegesellschaft<br />

sind bei Migrantenkindern höher; diese Inkonsistenzen haben Auswirkungen<br />

auf das Selbstbild und auf die Leistungsbereitschaft. Durch ihre sprachlichen Defizite<br />

erfahren sich vielfach Migrantenkinder als weniger Wert; erfahren weniger Anerkennung.<br />

Jedoch scheint hier der Hinweis relevant, dass individuelles psychisches Wohlbefinden<br />

und die politisch wünschenswerte Option „Integration“ nicht immer einher<br />

gehen: So bringt beispielsweise eine Rückzugstendenz in landsmannschaftliche Gruppen,<br />

die insbesondere in türkischen Familien häufig <strong>vor</strong>zufinden ist, kurzfristig eine<br />

Entlastung und Bewältigung des Stresses mit sich, wird von den Betroffenen als angenehm<br />

erlebt, doch auf Dauer werden dadurch Isolation und Segregation von der Aufnahmegesellschaft<br />

verstärkt.<br />

C. Migrantenkinder und Jugendliche im Bildungskontext<br />

Über lange Zeiten war die Situation der sogenannten "zweiten Generation" sowohl<br />

unter bildungs- und berufspolitischen als auch unter Integrationsaspekten höchst problematisch;<br />

bis in die achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts hatte jeder Dritte von<br />

ihnen die Schule verlassen, ohne einen Hauptschulabschluss zu erreichen. Zwar ging<br />

dieser Anteil bis 1995 auf ca. 15% zurück; dennoch ist die Quote dort doppelt so hoch<br />

wie in der einheimischen Bevölkerung (Diefenbach, 2007).<br />

In den Sonderschulen mit dem Schwerpunkt Lernen sind Kinder und Jugendliche<br />

mit Migrationshintergrund deutlich überrepräsentiert (Kornmann, 2003). Auch schließen<br />

sie im Vergleich zu deutschen Jugendlichen häufiger ihre Schullaufbahn ohne<br />

einen Hauptschulabschluss ab; und wenn sie einen Abschluss machen, so sind sie im<br />

Vergleich zu Absolventen mit einem Abschluss in Realschulen oder Abitur mit nur<br />

lediglich Hauptschulabschlüssen deutlich überrepräsentiert (Granato, 2003). Immer<br />

mehr, so die Tendenz, wird der Zweig der Hauptschule praktisch entwertet und gilt als<br />

Auffangbecken für Migrantenjugendliche.<br />

Zwar zeigt die Entwicklung auch positive Züge, so etwa, dass ihr Bildungserfolg<br />

kontinuierlich ansteigt: bspw. haben 1989/90 gerade mal 6.4% der Migrantenjugendlichen<br />

das Abitur geschafft; 2001/2002 waren es schon etwa 10%. Nach Geschlechtern<br />

aufgeteilt, zeigt sich, dass Mädchen erfolgreicher sind als Jungen. Allgemein kann<br />

aber eine steigende Bildungsbeteiligung bei fortdauernder Bildungsbenachteiligung<br />

festgehalten werden: Die Zahl der ausländischen Schüler ohne Abschluss ist von 30 %<br />

zu Beginn der 80-er Jahre auf knapp 20% bei den männlichen und ca. 16% bei den<br />

weiblichen Jugendlichen mit Migrationshintergrund (gegenüber 8.2% bei deutschen<br />

Jugendlichen) im Jahre 2001/2002 eindeutig gesunken. Nach wie <strong>vor</strong> scheint jedoch

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