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Das Jugendkriminalrecht vor neuen Herausforderungen?

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WOLFGANG HEINZ<br />

<strong>Das</strong>s dieser Trend nicht auf das Erwachsenenstrafrecht beschränkt ist, sondern auch<br />

im Jugendstrafrecht „das Klima rauer, die Gangart schärfer“ 13 wird, davon sind auch<br />

viele Praktiker der <strong>Jugendkriminalrecht</strong>spflege und nicht wenige Wissenschaftler überzeugt.<br />

So hat die Deutsche Vereinigung für Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfen<br />

e.V. als Grund für die Einrichtung eines speziell dem Problem der Punitivität gewidmeten<br />

Arbeitskreises auf dem 26. Deutschen Jugendgerichtstag 2004 angegeben:<br />

„… So gibt es u.a. Indizien, dass die Gerichte häufiger von freiheitsentziehenden<br />

Sanktionen Gebrauch machen und die Dauer des im Urteil ausgesprochenen wie des<br />

vollzogenen Freiheitsentzuges in der letzten Dekade zugenommen haben. Die notorische<br />

Überbelegung der Gefängnisse gibt hiervon ein beredtes Zeugnis.“ 14 Als Ergebnis<br />

der Beratungen wurde eine „Tendenz zu rigiderem Strafen auch gegenüber jungen<br />

Straftätern“ und eine Zunahme der „gesellschaftliche(n) Punitivität“ 15 festgehalten.<br />

Als weitere Indikatoren für diesen „punitive turn“ nennt beispielsweise Stehr: „Was<br />

mit dem Ruf nach Wiedereinführung geschlossener Heime für Jugendliche begann,<br />

hat sich mittlerweile in weiteren Strafverschärfungen, Neukriminalisierungen und<br />

einem Anwachsen der Gefangenenzahl niedergeschlagen. Im Jugendstrafvollzug sinkt<br />

das Durchschnittsalter der Neuzugänge. Bei der durchschnittlichen Verweildauer<br />

steigt die Zahl kürzerer Haftstrafen. Resozialisierungsmaßnahmen im Gefängnis werden<br />

– zugunsten von Sicherheitsaspekten – heruntergeschraubt.“ 16<br />

B. Punitivität – ein komplexes Konstrukt<br />

1. Dimensionen von Punitivität<br />

Punitivität hat als Begriff Konjunktur. Gelegentlich scheint es schon so, als ob der<br />

Befund keines Nachweises mehr bedürfe, der Hinweis auf gestiegene Gefangenenzahlen<br />

genüge und lediglich die Erklärung noch diskussionswürdig sei. Wer sich nicht mit<br />

dem Indikator „Gefangenenrate“ begnügt, dem wird eine „methodologisch skrupulöse<br />

Haltung“ 17 <strong>vor</strong>gehalten. Und wenn die Belege immer noch nicht überzeugen sollten,<br />

dann wird darauf hingewiesen, es sei ein Irrglaube anzunehmen, eine „Kontinentalsperre<br />

halte den Strafvirus ab, über Atlantik und Kanal zu uns herüber zu springen …<br />

Die Unterschiedlichkeit der Entwicklungen darf als empirische Tatsache nicht geleugnet<br />

werden; aber die Sozialstrukturen und die auf sie einwirkenden Kräfte ähneln sich<br />

viel zu sehr, um an eine Immunität glauben zu können.“ 18<br />

13<br />

http://www.dvjj.de/artikel.php?artikel=315.<br />

14<br />

http://www.dvjj.de/artikel.php?artikel=315.<br />

15<br />

DVJJ (Hrsg.): Verantwortung für Jugend, Mönchengladbach 2006, S. 552, 568.<br />

16<br />

Stehr, Johannes: Soziale Ausschließung durch Kriminalisierung, in: Anhorn, R.; Bettinger, F.; Stehr, J.<br />

(Hrsg.): Sozialer Ausschluss und Soziale Arbeit: Positionsbestimmungen einer kritischen Theorie und<br />

Praxis Sozialer Arbeit, Wiesbaden, 2. Aufl. 2008, S. 319, 326. Die genannten empirischen Indikatoren<br />

werden von Stehr allerdings nicht belegt.<br />

17<br />

Sack (Anm. 11, FS Kury), S. 35, 47.<br />

18<br />

Lautmann, Rüdiger; Klimke, Daniela: Punitivität als Schlüsselbegriff für eine Kritische Kriminologie,<br />

in: Lautmann et al. (Anm. 2), S. 9, 21.

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