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Das Jugendkriminalrecht vor neuen Herausforderungen?

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ANDREAS BEELMANN<br />

C. Zukünftige Fragestellungen der Präventionsforschung<br />

Wie in vielen sozialwissenschaftlichen Bereichen müssen auch die skizzierten Ergebnisse<br />

der Präventionsforschung <strong>vor</strong> dem Hintergrund wichtiger methodischer und inhaltlicher<br />

Forschungsprobleme sowie anhand allgemeiner interventionsstrategischer<br />

Überlegungen bewertet werden. Dabei erscheinen vier Aspekte von besonderer Bedeutung.<br />

1.) Neben inhaltlichen Fragen der Gestaltung von Präventionsmaßnahmen stellen<br />

sich bei deren Entwicklung, Planung und Umsetzung auch grundsätzliche konzeptionelle<br />

und strategische Überlegungen (Beelmann, in Vorbereitung). Ein wichtiger Aspekt<br />

betrifft zum Beispiel die Frage, welche spezifische Präventionsstrategie verfolgt<br />

werden soll. Dabei wird heute in Anlehnung an Muñoz, Mrazek und Haggerty (1996)<br />

zwischen universeller und gezielter Prävention unterschieden. Während sich universelle<br />

Strategien an alle Personen einer definierten Population richten (z.B. alle Kinder<br />

und Jugendlichen), bezieht sich gezielte Prävention auf die Auswahl von Risikogruppen<br />

oder bereits auffällige Personen. Jeder Ansatz hat spezifische Vor- und Nachteile,<br />

so dass die begründete Auswahl einer Strategie sowohl von Ergebnissen vergleichender<br />

Evaluationen als auch einer Reihe von grundlegenderen Überlegungen abhängt.<br />

Nach Offord (2000) liegt beispielsweise ein Nachteil universeller Präventionsstrategien<br />

darin, die Öffentlichkeit und politische Entscheidungsträger vom Nutzen der<br />

Maßnahmen zu überzeugen, da die Verfahren alle Personen erreichen sollen und somit<br />

mit relativ hohen Kosten verbunden sind. Darüber hinaus wird – je nach Prävalenzrate<br />

– primär jene Klientel angesprochen, die dem geringsten Risiko für eine Fehlentwicklung<br />

unterliegt. Gezielt präventive Strategien sind dagegen besser auf die spezifischen<br />

Bedürfnisse bestimmter Personengruppen zugeschnitten. Für eine geeignete Auswahl<br />

von Zielpersonen ist dabei jedoch spezifisches Wissen über die Existenz der Risiken<br />

sowie deren Vorhersagekraft im Hinblick auf die weitere Entwicklung notwendig.<br />

Zudem können durch Auswahlprozesse Stigmatisierungseffekte auftreten, die wiederum<br />

bei universellen Strategien vermieden werden können (vgl. detailliert: Beelmann<br />

& Raabe, 2007).<br />

Selbstverständlich sind die Rechtfertigung und die Notwendigkeit präventiver<br />

Handlungen auch von der Inzidenz und Prävalenz eines Problems und den Möglichkeiten<br />

einer erfolgreichen Therapie abhängig. Da einerseits die Häufigkeit und die<br />

Stabilität delinquenter und krimineller Verhaltensprobleme bei Kindern und Jugendlichen<br />

relativ hoch ist und andererseits zum Teil gravierenden Folgen für die Opfer<br />

auftreten, sollten präventive Programme schon allein aus diesen Überlegungen eine<br />

hohe Priorität genießen, zumal auch die Effekte rehabilitativer Maßnahmen in diesem<br />

Bereich, wie zahlreiche Meta-Analysen zeigen, gering sind (Lipsey & Cullen, 2007;<br />

Lipsey & Wilson, 1998). Eine besondere Herausforderung sind nach wie <strong>vor</strong> Zielgruppen<br />

aus dem Multi-Problem-Milieu, bei denen Entwicklungsrisiken kumulieren<br />

und die Kinder und Jugendlichen bereits eine ausgeprägte Symptomatik aufweisen.<br />

Hier ist in der Regel eine intensive Förderung mit unterschiedlichen Ansatzpunkten<br />

(Kinder, Eltern, Schule, Vereine u.a.) sowie eine niedrigschwellige Bereitstellung und<br />

optimale Vernetzung der Hilfsangebote unerlässlich, um substanzielle Erfolge zu erreichen.

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