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Das Jugendkriminalrecht vor neuen Herausforderungen?

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JUNGE INTENSIV- UND MEHRFACHTÄTER 85<br />

Die „normale“ Jugendkriminalität im Sinne einer seltenen, kurzfristigen Auffälligkeit<br />

im Bereich der Bagatell- und Kleinkriminalität ist zwar allgemein verbreitet –<br />

„ubiquitär“ –, aber <strong>vor</strong>übergehend – „episodenhaft“ –, wird nur zu einem ganz geringen<br />

Teil den Instanzen der formellen Sozialkontrolle überhaupt bekannt – „Nichtregistrierung“<br />

– und ihre „Täter“ hören zumeist von selbst wieder damit auf, Straftaten<br />

zu begehen, ohne dass eine förmliche Reaktion durch Polizei oder Justiz erfolgt wäre<br />

– „Spontanbewährung“.<br />

Jugendkriminalität als altersspezifisches und alterstypisches Phänomen ist eher selten<br />

ein Hinweis auf (erhebliche) Erziehungs- oder sonstige Defizite, sondern hat viel<br />

mit den Reifungsprozessen zu tun, die im Jugendalter bewältigt werden müssen – aber<br />

natürlich auch mit Kontroll- und Kriminalisierungsprozessen: Die offiziell erfasste<br />

Jugendkriminalität ist (auch) von der (wechselnden) Intensität der formellen und informellen<br />

sozialen Kontrolle abhängig (Kaiser 1996, 573).<br />

Zahlreiche Studien belegen, dass insbesondere im Jugendbereich das Dunkelfeld<br />

der nicht der Polizei zur Kenntnis gebrachten Straftaten und Straftäter enorm hoch ist.<br />

Die Wahrscheinlichkeit einer Anzeigeerstattung bzw. eines <strong>vor</strong> allem daraus resultierenden<br />

Polizeikontaktes liegt zwischen 10 und 30% 3 .<br />

Nicht zuletzt diese Tatsache macht es so schwer, Entwicklungen im Zeitablauf zu<br />

beurteilen: Hat sich die Kriminalität verändert oder auch – nur – die Kriminalisierung<br />

– über Faktoren wie Anzeigeverhalten, Kontrolldichte, Ermittlungs- und Erledigungsstrategien<br />

u.ä.<br />

Ein kleiner „harter Kern“ von Tatverdächtigen und Verurteilten – fast ausschließlich<br />

männlich, häufig mit einem Migrationshintergrund – fällt als „Mehrfach- und<br />

Intensivtäter“ häufig, (auch) mit schwereren Straftaten und über einen längeren Zeitraum<br />

auf. Diese Kriminalität ist nicht ubiquitär, nicht bagatell- und episodenhaft –<br />

allerdings wird auch sie keineswegs immer angezeigt und registriert, sondern kann<br />

ebenfalls zu großen Teilen im Dunkelfeld bleiben 4 . Und sie ist auch keineswegs immer<br />

ein lebenslanges Schicksal im Sinne von „einmal Intensivtäter, immer chronisch<br />

kriminell“ 5 .<br />

Allerdings ist die Frage, was die Gruppe jener, bei denen ein Abbruch der Intensivauffälligkeit<br />

erfolgt, von denen unterscheidet, bei denen eine solche Beendigung der<br />

Delinquenz nicht der Fall ist, noch nicht zureichend geklärt (Heinz 2008a, 12; PSB<br />

2006, 358) 6 .<br />

3<br />

PSB 2006, 356, 369; Steffen 2008, 241; s. dazu auch die Ergebnisse der KFN-Schülerbefragungen,<br />

Baier u.a. 2006.<br />

4<br />

Siehe dazu insbesondere die Befunde der Eidgenössischen Jugend- und Rekrutenbefragung bei Haas<br />

2001 und Wilmers u.a. 2002<br />

5<br />

Siehe dazu beispielsweise Stelly/Thomas 2001, 2003 und Boers/Reinecke 2008.<br />

6<br />

Siehe dazu auch das Referat von Boers auf dieser Tagung zu den Problemen der Kontinuität und des<br />

Abbruchs bei Delinquenzverläufen von Intensivtätern.

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