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Das Jugendkriminalrecht vor neuen Herausforderungen?

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WOLFGANG HEINZ<br />

Zunehmende Punitivität in der Praxis des<br />

<strong>Jugendkriminalrecht</strong>s?<br />

Analysen aufgrund von Daten der Strafrechtspflegestatistiken<br />

A. Kriminalpolitische Neujustierung in Deutschland<br />

„Martialische Rhetoriken wie die ‚Kriege gegen Kriminalität und Drogen’‚ ‚zero tolerance’<br />

oder ‚three strikes and you’re out’, die Wiederaufnahme der Vollstreckung von<br />

Todesstrafen, außerordentlich steigende Gefangenenzahlen sowie Berichte über öffentliche<br />

Denunziation und Stigmatisierung vermeintlicher Verbrecher prägen das<br />

Bild einer steigenden Punitivität und Moralisierung der Kriminalpolitik, zumindest für<br />

die USA“. 1 „Zuerst in den USA sichtbar geworden, dann nach Großbritannien importiert,<br />

erreicht die Tendenz nunmehr das europäische Festland.“ 2 Auch für Deutschland<br />

wird von einigen Kriminologen eine „machtvolle Tendenz in Richtung auf Punitivität“<br />

3 in Gesetzgebung, politischer Rhetorik, Gesellschaft und Justiz angenommen.<br />

Spätestens mit dem Gesetz zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen<br />

Straftaten von 1998 erfolgte in der deutschen Kriminalpolitik eine kriminalpolitische<br />

Neujustierung, für die das „Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit“ Leitmotiv<br />

war und ist. Stichworte hierfür sind im Bereich der Rechtsfolgen: Schaffung neuer<br />

Qualifikationstatbestände, Anhebung der Mindest- und Höchststrafenandrohungen,<br />

massiver Ausbau der Sicherungsverwahrung, Erweiterung der Führungsaufsicht. Im<br />

Strafvollstreckungsrecht wurden die prognostischen Anforderungen an die Strafrestaussetzung<br />

und an die Aussetzung der weiteren Vollstreckung der Unterbringung erhöht;<br />

im Registerrecht wurden die Tilgungsfristen sektoral verlängert. 4 Im Strafverfahren<br />

wurden Ermittlungsmaßnahmen und Zwangsmittel ausgebaut (Rasterfahndung,<br />

Datenabgleich, Einsatz technischer Mittel, akustische Überwachung von Wohnungen),<br />

die StPO ist nunmehr auch ein „Operativgesetz“ der Strafverfolgungsbehörden. 5 In<br />

1<br />

Groenemeyer, Axel: Punitivität im Kontext – Globale Konvergenzen der Kriminalpolitik oder Pfadabhängigkeit<br />

der Konstruktion abweichenden Verhaltens, in: Groenemeyer, A.: Soziale Probleme und<br />

politische Diskurse, Bielefeld 2003, S. 51.<br />

2<br />

Sack, Fritz: Wie die Kriminalpolitik dem Staat aufhilft. Governing through Crime als neue politische<br />

Strategie, in: Lautmann, R.; Klimke, D.; Sack, F. (Hrsg.): Punitivität. Kriminologisches Journal, 8.<br />

Beiheft, 2004, S. 30.<br />

3<br />

Vorwort in Lautmann (Anm. 2), S. 4.<br />

4<br />

Vgl. die Nachweise bei Fischer, Thomas: Strafgesetzbuch, München, 55. Aufl., 2008, Rdnr. 8 ff.; 56.<br />

Aufl., 2009, Rdnr. 10; Kühl, Kristian: Strafgesetzbuch, München, 26. Aufl., 2007, Rdnr. 13 ff.<br />

5<br />

Hilger, Hans: Neues Strafverfahrensrecht durch das OrgKG, NStZ 1992, S. 523, 526.

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