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Das Jugendkriminalrecht vor neuen Herausforderungen?

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MICHAEL WINKLER<br />

Erziehung sinnlos? – Zum sozialpädagogischen Umgang mit<br />

jungen Mehrfachauffälligen<br />

Erziehung sinnlos? Eine solche Frage scheint rhetorisch, weil sie nämlich zwei Antwortmöglichkeiten<br />

zumindest gleich mitliefert (vgl. zum Folgenden: Witte / Sander<br />

2006a): Zum einen weckt sie nämlich den Widerspruch. Sie provoziert eine Gegenrede,<br />

welche auf die Hoffnung und die Erwartung verweist, Erziehung, pädagogische<br />

Ansätze könnten junge Menschen in extremer Lebenssituation so unterstützen, dass<br />

sie künftig erfolgreich die an sie gestellten Anforderungen bewältigen. Erziehung<br />

bringe demnach selbst solche Kinder und Jugendliche auf einen guten Weg, welche<br />

über einen langen Zeitraum durch gewaltsames, in seiner Intensität eskalierendes Verhalten<br />

aufgefallen sind. Nach dieser Auffassung gibt es also einen guten und positiven<br />

Sinn von Erziehung insoweit, als diese bei hochbelasteten, abweichenden bzw. als<br />

kriminell bezeichneten jungen Menschen etwas bewirke – was auch immer „bewirken“<br />

heißen mag. Denn in der Praxis zeigt sich längst ein weites Spektrum von möglichen<br />

„Wirkungen“, das von einem Gewinn moralischer Kompetenz auf einem höheren<br />

Niveau über die Legalbewährung bis hin zu dem reicht, was in der angelsächsisch<br />

geprägten Entwicklungspsychologie mittlerweile als „good functioning“ bezeichnet<br />

wird.<br />

Eine andere Antwort spiegelt hingegen die Ernüchterung derjenigen wider, die mit<br />

schwierigsten jungen Menschen arbeiten und jeglicher Vorstellung von Erziehung<br />

mittlerweile sehr skeptisch gegenüber stehen. Abgesehen davon, dass manche die<br />

möglicherweise fatale Einsicht aussprechen, mit einer – notabene – jedoch sehr kleinen<br />

Zahl von Jugendlichen zu rechnen, welche durch keine bekannten Hilfeangebote<br />

zu erreichen sind, breiten sich zunehmend Vorbehalte gegenüber pädagogischen Konzepten<br />

aus. Nicht wenige Praktiker verstehen sich zwar als Sozialpädagogen, wenden<br />

sich aber explizit gegen jede Idee (und Praxis) von Erziehung als solcher. Zunehmend<br />

gelten schnelle, klare und scharfe Reaktionen des justiziellen Systems als sinnvoll. Für<br />

die Gruppe der – an die Definitionsprobleme muss allerdings erinnert werden – Intensiv-<br />

bzw. Mehrfachtäter insbesondere mit hoher krimineller Energie und Gewaltproblematik<br />

rücken harte und konfrontative, am Körper ausgerichtete Methoden in den<br />

Vordergrund. Die Angebote reichen von Trainingsverfahren bis hin zu Camps, obwohl<br />

deren Evaluation nur bedingt Erfolge belegt. Freilich gibt es offensichtlich eine massive<br />

Diskrepanz zwischen dem, was sozialwissenschaftliche Daten sagen, und den Erfahrungen,<br />

welche die Beteiligten machen. Legalbewährung beispielsweise lässt sich<br />

präzise erheben, die soziale Wirklichkeit aber sieht anders aus: Wenn beispielsweise<br />

ein mittlerweile junger Erwachsener aus der Auto-Crasher-Szene mit unzulässigem<br />

Tuning seines PKW straffällig wird, ansonsten unauffällig bleibt, wird er zwar als

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