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Das Jugendkriminalrecht vor neuen Herausforderungen?

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DIE EUROPÄISCHE EMPFEHLUNG REC (2008) 11 305<br />

Auch Grundsatz Nr. 19 lehnt sich inhaltlich an die EPR an (hier Nr. 4), indem die<br />

Mittelknappheit in keinem Fall als Rechtfertigung für Grundrechtseinschränkungen<br />

akzeptiert wird. Positiv formuliert Satz 1 von Grundsatz Nr. 19 (inhaltlich an Grundsatz<br />

Nr. 18 anschließend), dass ausreichende personelle Ressourcen <strong>vor</strong>zuhalten sind,<br />

die gewährleisten, dass die Maßnahmen gegenüber Jugendlichen hohen Qualitätsstandards<br />

entsprechen.<br />

Grundsatz Nr. 20 entspricht Nr. 9 der EPR und hebt die Notwendigkeit eines umfassenden<br />

Systems staatlicher und unabhängiger Kontrolle und Aufsicht („independent<br />

inspection“ und „monitoring“) für den Bereich der Vollstreckung bzw. des Vollzugs<br />

ambulanter und freiheitsentziehender Maßnahmen gegenüber Jugendlichen her<strong>vor</strong>.<br />

Dazu gehört neben einem effektiven Individualrecht auf gerichtliche Kontrolle einzelner<br />

Entscheidungen des Vollstreckungs- bzw. Vollzugspersonals ein System von unabhängigen<br />

Inspektionen, ferner wird für stationäre Einrichtungen im Kommentar die<br />

Einführung von Ombudsleuten <strong>vor</strong>geschlagen. Einen Ombudsmann für den Jugendstrafvollzug<br />

hat nur Nordrhein-Westfalen (vgl. § 97 Abs. 2 JStVollzG NRW) 19 <strong>vor</strong>gesehen,<br />

d.h. hier besteht im Rahmen der deutschen Jugendstrafvollzugsgesetzgebung<br />

ein deutliches Defizit.<br />

Aus Raumgründen werden im Folgenden nur einige Regelungen zum Vollzug freiheitsentziehender<br />

Sanktionen dargestellt. 20<br />

D. Empfehlungen für den Jugendstrafvollzug und andere<br />

Formen des Freiheitsentzugs gegenüber Jugendlichen<br />

Teil 3 der Empfehlungen widmet sich in seinem „Allgemeinen Teil“ freiheitsentziehenden<br />

Sanktionen jeglicher Form. Die nachfolgenden fünf Grundsatzregeln stellen<br />

für die Zielsetzung und Ausgestaltung von Freiheitsentzug Folgendes klar:<br />

• Der Freiheitsentzug ist nur zu dem Zweck durchzuführen, zu dem er verhängt<br />

wurde, und in einer Weise, die die damit verbundenen Beeinträchtigungen<br />

nicht zusätzlich erhöht (Rule 49.1).<br />

• Beim Freiheitszug von Jugendlichen sollte 21 die Möglichkeit einer <strong>vor</strong>zeitigen<br />

Entlassung <strong>vor</strong>gesehen sein. 22 (Rule 49.2).<br />

19<br />

Der Ombudsmann in NRW ist zuständig für den Strafvollzug insgesamt. Ursprünglich hatte auch<br />

Hessen einen Ombudsmann <strong>vor</strong>gesehen, vgl. Dünkel/Pörksen 2007, dann aber im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens<br />

davon Abstand genommen.<br />

20<br />

Eine ausführlichere Darstellung auch der Regelungen zu ambulanten Maßnahmen findet sich bei<br />

Dünkel 2008a.<br />

21<br />

Die offizielle deutsche Übersetzung ist nicht ganz adäquat, da das Wort „shall“ als „Muß“-Vorschrift<br />

anzusehen ist. Richtigerweise müsste es heißen: „Beim Freiheitsentzug … ist die Möglichkeit einer<br />

<strong>vor</strong>zeitigen Entlassung <strong>vor</strong>zusehen.“ Für den deutschen Leser ist diese Unterscheidung essentiell, weil<br />

die Vollzugsbehörden damit verpflichtet werden, sich bei der Entlassungs<strong>vor</strong>bereitung am möglichen<br />

<strong>vor</strong>zeitigen Entlassungstermin zu orientieren, vgl. in diesem Sinne auch Rule 79.3 und unten.<br />

22<br />

Zu beachten sind hierbei die im europäischen Vergleich z. T. unterschiedlichen Systeme, die sowohl<br />

eine unbedingte oder gar automatische <strong>vor</strong>zeitige Entlassung beinhalten können als auch die dem deut-

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