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Das Jugendkriminalrecht vor neuen Herausforderungen?

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160<br />

BRITTA BANNENBERG<br />

junger männlicher Migranten, die als Mehrfach- und Intensivtäter registriert sind 32 ,<br />

stellen in manchen Stadtteilen und Schulen die Verantwortlichen <strong>vor</strong> schwierige Probleme.<br />

Über den Begriff Mehrfach- und Intensivtäter besteht keine Einigkeit, auch wird<br />

der Begriff als stigmatisierend („Kampfbegriff“, Viehmann auf diesem Symposium)<br />

verurteilt. 33 Es verbietet sich ohnehin, zu pauschalisieren und von Kriminalitäts- oder<br />

Gewaltproblemen der Migranten (der Türken, der Spätaussiedler u.a.) oder der Intensivtäter<br />

zu sprechen. Im Übrigen zeigt sich hierin keine deutsche Besonderheit. In<br />

ganz Europa werden ähnliche Gewaltphänomene, Drogendelikte und Probleme mit<br />

jungen Migranten festgestellt. 34<br />

Reusch, der ehemalige Leiter des 2003 in Berlin eingerichteten Sonderdezernates<br />

bei der Staatsanwaltschaft, berichtet für das Jahr 2007 über 495 eingetragene Intensivtäter<br />

in der Intensivtäterdatei, bis auf 12 männlich. 35 Von diesen waren 344 Jugendliche<br />

oder Heranwachsende. Bei Betrachtung der Staatsangehörigkeit überwiegen deutsche,<br />

bei der Betrachtung des Migrantenhintergrundes jedoch „orientalische“ Migranten,<br />

<strong>vor</strong>nehmlich türkischer und arabischer Herkunft mit fast 80 %. 36 Für Berlin fallen<br />

besonders Palästinenser und Mitglieder von Großfamilien mit türkisch-kurdischlibanesischen<br />

Wurzeln auf, die nicht nur im Familienverband kriminell, sondern auch<br />

im organisierten Verbrechen tätig seien. 37 Eine Auswertung der Intensivtäterdatei in<br />

Berlin ergab unter den in Berlin im Jahr 2005 erfassten 331 Intensivtätern eine Dominanz<br />

junger Täter unter 21 Jahren (80 %) und einen Anteil von 79 % Migranten einschließlich<br />

Spätaussiedler und Eingebürgerte. Zum Migrationshintergrund wurde festgehalten,<br />

dass nur ein kleiner Teil aus Nachkommen „klassischer“ Arbeitsmigranten<br />

besteht. „Die Familien bzw. einzelne Familienmitglieder stammen häufig aus dem<br />

<strong>vor</strong>deren Orient und anderen Bürgerkriegsregionen, sind in der Regel nach 1975 und<br />

oft erst nach 1990 nach Deutschland gekommen, Verfolgung und Unsicherheit in den<br />

Herkunftsländern waren wesentliche Migrationsgründe.“ 38 Festgestellt wurden gehäufte<br />

soziale Risikomerkmale mit überwiegend fehlender Aufsicht und Kontrolle in<br />

den Familien, Bildungsferne, unklaren Einkommensverhältnissen, fast regelmäßiges<br />

Schulversagen neben negativen Verhaltensauffälligkeiten in der Schule, delinquente<br />

Freunde und entsprechendes Freizeitverhalten, Rauschmittelkonsum und im Durchschnitt<br />

erheblicher strafrechtlicher Auffälligkeit (24 Taten pro Intensivtäter um Durch-<br />

32<br />

Wahl/Hees 2009, 17.<br />

33<br />

Hierzu ausführlich Steffen in diesem Band. Zum Begriff Ohder/Huck Teil I 2006, 6 f.<br />

34<br />

Eisner/Ribeaud/Bittel 2006; Überblick bei Short, in Heitmeyer/Hagan (Hrsg.) 2002, 104 ff.; Tonry<br />

1997; Peintinger/Shah/Platzer, Kriminalistik 2009, 107 ff.; Killias 2002, 159 ff.; Killias u.a. in FS<br />

Kreuzer 2009, 373 ff.<br />

35<br />

Nach der Gemeinsamen Richtlinie der Senatsverwaltungen für Inneres und Justiz Berlin: „Intensivtäter<br />

sind Straftäter, die verdächtig sind, a) den Rechtsfrieden besonders störende Straftaten, wie z.B. Raub-<br />

, Rohheits- und / oder Eigentumsdelikte in besonderen Fällen begangen zu haben oder b) innerhalb eines<br />

Jahres in mindestens 10 Fällen Straftaten von einigem Gewicht begangen zu haben und bei denen<br />

die Gefahr einer sich verfestigenden kriminellen Karriere besteht; Reusch 2007, 2.<br />

36<br />

Reusch 2007, 4 ff.<br />

37<br />

Reusch 2007, 6 ff.<br />

38<br />

Ohder/Huck Teil I 2006, 13.

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